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Anlage Lehrplan für den katholischen Religionsunterricht an Kollegs berufsbildender höherer Schulen (ausgenommen Kollegs der Bildungsanstalten)

Aktuelle FassungIn Kraft seit 01.9.2020

Anlage

LEHRPLAN FÜR DEN KATHOLISCHEN RELIGIONSUNTERRICHT AN KOLLEGS BERUFSBILDENDER HÖHERER SCHULEN (ausgenommen Kollegs der Bildungsanstalten)

Präambel

Der adaptierte Lehrplan übernimmt die Kompetenzen des Lehrplanes für die berufsbildenden höheren Schulen und ordnet diese den Themenbereichen und Einzelthemen zu. Dabei wird gewährleistet, dass die Überarbeitung den Intentionen des bisher gültigen Lehrplanes für den katholischen Religionsunterricht an Kollegs berufsbildender höherer Schulen entspricht. Die Themenbereiche und die an Kompetenzen orientierten Einzelthemen sind auf vier Semester aufgeteilt.

Dem Charakter des Lehrplans als Rahmenlehrplan entspricht, dass die Formulierung von inhaltsbezogenen Teilkompetenzen bzw. die damit verbundene thematische Schwerpunktsetzung (vgl. die im Lehrplan genannten Einzelthemen) Aufgabe der Lehrerinnen und Lehrer ist.

Entsprechend der Zielsetzung des Kollegs an höheren technischen und gewerblichen Lehranstalten, Handelsakademien und an höheren Lehranstalten für wirtschaftliche Berufe soll der Religionsunterricht vor allem die berufsspezifische Situation beachten. Besonders sollen die Fähigkeit und die Bereitschaft, Verantwortung in der Berufswelt und Gesellschaft zu übernehmen, gestärkt werden.

Ergänzend zu den Bildungszielen der übrigen Unterrichtsgegenstände und aufbauend auf bestehenden Bildungszielen des Religionsunterrichts sollen die Schülerinnen und Schüler in ihrer Identitätsfindung orientierend begleitet werden.

1. Bildungsziele und Lehraufgabe

1.1 Katholischer Religionsunterricht im Rahmen der schulischen Bildung

Im Religionsunterricht verwirklicht die Schule in besonderer Weise ihren Auftrag zur Mitwirkung an der religiösen Bildung (§ 2 SchOG) in Form eines eigenen Unterrichtsgegenstandes. Dieser versteht sich als Dienst an den Schülerinnen und Schülern und an der Schule.

Der Religionsunterricht ist konfessionell geprägt und gewinnt aus seiner Orientierung an der biblischen Offenbarung und der kirchlichen Tradition seinen Standpunkt.

Er nimmt das unterschiedliche Ausmaß kirchlicher Sozialisation bzw. religiöser Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler durch Differenzierung und Individualisierung ernst und will alle Schülerinnen und Schüler ansprechen, wie unterschiedlich ihre religiösen Einstellungen auch sein mögen.

Im Sinne ganzheitlicher Bildung hat der Religionsunterricht kognitive, affektive und handlungsorientierte Ziele, die, entsprechend dem christlichen Menschenbild, davon ausgehen, dass der Mensch auf Transzendenz ausgerichtet ist. So erhalten die zu behandelnden Grundfragen nach Herkunft, Zukunft und Sinn eine religiöse Dimension.

1.2 Inhalt und Anliegen des Religionsunterrichts

In der Mitte des Religionsunterrichts stehen die Schülerinnen und Schüler, ihr Leben und ihr Glaube. Daher sind Inhalt des Religionsunterrichts sowohl das menschliche Leben als auch der christliche Glaube, wie er sich im Laufe der Geschichte entfaltet hat und in den christlichen Gemeinden gelebt wird. Lebens-, Glaubens- und Welterfahrungen der Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer werden dabei aus der Perspektive des christlichen Glaubens reflektiert und gedeutet. Dieser Glaube hat in Jesus Christus seine Mitte.

Zugleich werden junge Menschen ermutigt, ihre persönlichen Glaubensentscheidungen zu treffen und dementsprechend ihr Leben und ihren Glauben zu gestalten. Damit leistet der Religionsunterricht einen wesentlichen Beitrag zur Sinnfindung, zu religiöser Sachkompetenz und zur Werteerziehung. So trägt er auch zur Gestaltung des Schullebens bei.

1.3 Bedeutung des Religionsunterrichts für die Gesellschaft

Der Religionsunterricht zielt darauf ab, dass die Schülerinnen und Schüler besser mit sich selbst und mit der eigenen Religion und Konfession vertraut werden. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft und der Zugehörigkeit zur katholischen Kirche soll einen Beitrag zur Bildung von Identität leisten, die eine unvoreingenommene und angstfreie Öffnung gegenüber dem Anderen erleichtert.

Das erfordert eine ausführliche Beschäftigung mit anderen Kulturen, Religionen, Weltanschauungen und Trends, die heute vielfach konkurrierend unsere pluralistische Welt prägen. Es geht sowohl um eine Befähigung zu Toleranz gegenüber Menschen mit unterschiedlichen Überzeugungen als auch um die Kompetenz zu sachlich begründetem Einspruch.

Die Thematisierung der gesellschaftlichen Bedeutung von christlichem Glauben soll zum Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung ermutigen und befähigen. Damit verbunden ist die Einladung an die Schülerinnen und Schüler, sich in Kirche und Gesellschaft, sowie in ihrer Berufs- und Arbeitswelt zu engagieren.

1.4 Stellung des Religionsunterrichtes in der BHS

Der Religionsunterricht ist Teil des Bildungs- und Erziehungsauftrages der betreffenden Schulart. Religiöse Bildung ist unverzichtbarer Bestandteil der Allgemeinbildung sowie der beruflichen Bildung.

Im Kontext des integrativen Ansatzes beider Aspekte, wie er das berufsbildende höhere Schulwesen kennzeichnet, versteht sich der Religionsunterricht mit seinen Beiträgen zu Sach-, Selbst- und Sozialkompetenz als wesentlich vernetzender und vertiefender Teil im Bildungsgang der Schülerinnen und Schüler. Damit bietet sich der Religionsunterricht für eine Zusammenarbeit mit anderen Unterrichtsgegenständen an, z. B. bei Projekten und Projektarbeiten.

Im Bereich der Allgemeinbildung ist es wichtig, unsere Kultur mit ihren jüdisch-christlichen Wurzeln zu verstehen. Religiöse Erfahrungen in Vergangenheit und Gegenwart sollen für die Deutung heutiger Suchbewegungen fruchtbar werden. Dazu soll die Sprache der Religion, welche die Tiefendimension menschlicher Existenz erhellt, eingeübt werden.

Im Bereich der Berufsbildung erfahren die vielfältigen Schlüsselqualifikationen eine religiös-ethische Verankerung bzw. Vertiefung. Es werden individuelle berufsbezogene Werthaltungen gefördert und Aspekte des Gemeinwohls und des menschlichen Maßes systematisch eingebracht. So werden Selbstverständlichkeiten in Wirtschaft und Technik auf ihre Ambivalenzen hin reflektiert.

2. Didaktische Grundsätze

Der Lehrplan ist ein Rahmenlehrplan. Dieser ermöglicht den Religionslehrerinnen und Religionslehrern, Veränderungen und Neues in Kultur, Gesellschaft, Wirtschaft und Religion zu berücksichtigen sowie die einzelnen Lehrplaninhalte den schulspezifischen Zielsetzungen gemäß zu gewichten. Zur Erreichung des allgemeinen Bildungszieles ist es erforderlich, von der Vorbildung und konkreten Situation der Schülerinnen und Schüler auszugehen. Dabei sind didaktische Grundsätze der Erwachsenenbildung anzuwenden.

Aus pädagogischen Gründen kann das in der Stundentafel vorgesehene Stundenausmaß ganz oder teilweise in Form eines Blockunterrichtes erfüllt werden.

Die THEMENBEREICHE (in jedem Semester fett gedruckt) sind verbindliche Unterrichtsinhalte. Die Einzelthemen (unter den Themenbereichen) sind in Hinblick auf die zugeordneten KOMPETENZEN (siehe Punkt 3.) zu verstehen. Aus den EINZELTHEMEN kann ausgewählt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass der Themenbereich so repräsentativ und elementar wie möglich dargestellt wird.

Auf Grund von aktuellen Ereignissen, schulspezifischen Gegebenheiten, Projekten uä. kann von der Semesterzuordnung abgewichen werden.

2.1 Allgemeindidaktische Prinzipien

Diese umfassen u.a. die Berücksichtigung bzw. Förderung

  1. der Selbsttätigkeit
  2. der geschichtlichen Dimension der Themen
  3. des Gender-Aspekts
  4. der Sensibilität für künstlerische und ästhetische Ausdrucksformen
  5. des Erfahrungsbezugs
  6. der Wahrnehmungs- und Urteilsfähigkeit
  7. der Berufsbezogenheit

2.2 Religionsdidaktische Prinzipien

Diese umfassen insbesondere die Berücksichtigung bzw. Förderung

  1. der Korrelationsdidaktik
  2. des Verstehens der Bilder- und Symbolsprache
  3. der Ökumene
  4. des interreligiösen Dialogs
  5. der Spiritualität
  6. der religiösen Entwicklung
  7. des Lernens anhand von Lebens- und Glaubensgeschichten
  8. des biblischen Lernens
  9. des Lernens durch religiöse Übungen

3. Kompetenzen

Die Schülerinnen und Schüler

  1. können in Alltags-, Grund- und Grenzerfahrungen Dimensionen der Sinnfrage wahrnehmen und beschreiben sowie aus der Perspektive der erlösenden Verheißung im Christentum verstehen und deuten (Kompetenz 1)
  2. können sich selbst differenziert wahrnehmen, ihre Fragen nach Gott zur Sprache bringen und dabei Sakramente als Zeichen der Nähe Gottes verstehen und deuten (Kompetenz 2)
  3. können ihr Leben in sozialen Bezügen unter dem Anspruch der Selbst-, Nächsten- und Gottesliebe reflektieren und bewerten (Kompetenz 3)
  4. sind zu ethisch begründetem Urteilen, Argumentieren und Handeln aus christlichem Verständnis fähig (Kompetenz 4)
  5. können das Humanum als Maß für Wirtschaft, Arbeitswelt und den Einsatz von Technik erkennen und diese Bereiche aus der Kraft eines prophetischen Christentums mitgestalten (Kompetenz 5)
  6. können den Kosmos als von Gott anvertraut sehen, sich selbst als Geschöpf Gottes verstehen und zu einem nachhaltigen Umgang mit der Schöpfung beitragen (Kompetenz 6)
  7. können sich mit Gott, der in Jesus Christus Mensch geworden ist, auf Basis der biblischen Offenbarung auseinandersetzen (Kompetenz 7)
  8. können die Wirkungsgeschichte des Christusereignisses in Kirche und Welt sowie seine vielfältige kulturprägende Kraft beschreiben und deuten und unterschiedliche Formen von Spiritualität verstehen und gestalten (Kompetenz 8)
  9. können die wichtigsten Welt- und Lebensdeutungen der Religionen und Weltanschauungen beschreiben und mit zentralen Deutungen des Christentums respektvoll und kritisch in Beziehung setzen (Kompetenz 9)

4. Themenbereiche und an Kompetenzen orientierte Einzelthemen

1. und 2. Semester

Lehrstoff

Identität und Persönlichkeit

  1. Religiöse Biografie (Kompetenz 2, Kompetenz 3, Kompetenz 9)
  2. Individualität und Freiheit (Kompetenz 3, Kompetenz 4)
  3. Leitmotive der Berufswahl und ihr Zusammenhang mit der Persönlichkeitsentwicklung (Kompetenz 1, Kompetenz 5)

Berufs- und Arbeitswelt

  1. Schöpfungsauftrag und Theologie der Arbeit (Kompetenz 5, Kompetenz 6)
  2. Arbeit und Beruf im Lichte der katholischen Soziallehre (Kompetenz 5, Kompetenz 8)
  3. Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit für Mann und Frau (Kompetenz 3, Kompetenz 4)

Kirche in der Welt

  1. Christliches Menschenbild und Lebensformen (Familie, Orden,…) (Kompetenz 3, Kompetenz 7)
  2. Sakramente als Zeichen der Nähe Gottes (Kompetenz 2)
  3. Aufgaben und Ämter in der Kirche für Mann und Frau (Kompetenz 2, Kompetenz 8)
  4. Das Kirchenbild im Wandel der Zeit (Kompetenz 8)
  5. Martyria, Diakonia, Leiturgia – Bekennen, Dienen, Feiern (Kompetenz 3, Kompetenz 5, Kompetenz 8)

Religionen und Weltanschauungen

  1. Verständnis für andere Kulturen und Religionen (Kompetenz 9)
  2. Orientierung im weltanschaulichen Pluralismus (Kompetenz 7, Kompetenz 9)

3. und 4. Semester

Lehrstoff

Glaube als Antwort auf die Sinnfrage

  1. Das Verhältnis von Glaube und Wissenschaft (Kompetenz 6, Kompetenz 9)
  2. Der Mensch angesichts seiner Erfahrung mit Grenzen (Leid, Tod, Schuld, Sünde) (Kompetenz 1, Kompetenz 2, Kompetenz 7, Kompetenz 9)

Verantwortung als Christin und Christ in Gesellschaft und Kirche

  1. Christentum und Politik (Kompetenz 5, Kompetenz 9)
  2. Grundanliegen der katholischen Soziallehre (Kompetenz 3, Kompetenz 5)
  3. Option für die Armen (Kompetenz 5, Kompetenz 8)
  4. Menschenwürde – Menschenrechte – Menschenpflichten (Kompetenz 4, Kompetenz 9)

Aktuelle Fragen angewandter Ethik

  1. Verantwortlicher Umgang mit der Schöpfung (Kompetenz 6)
  2. Wirtschaftsethische Fragestellungen (Kompetenz 4, Kompetenz 5)
  3. Medizinethische Fragestellungen (Kompetenz 4, Kompetenz 5)

Arbeit und Beruf

  1. Beruf – Freizeit – Familie (Kompetenz 1, Kompetenz 5)
  2. Berufsethische Fragestellungen (Kompetenz 5)

Schlagworte

Lebenserfahrung, Glaubenserfahrung, Berufswelt, Bildungsauftrag, Sachkompetenz, Selbstkompetenz, Wahrnehmungsfähigkeit, Bildersprache, Lebensgeschichte, Alltagserfahrung, Grunderfahrung, Selbstliebe, Nächstenliebe, Weltdeutung

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2020

Gesetzesnummer

20011124

Dokumentnummer

NOR40222734

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