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ARTIKEL 1 Abkommen über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit EU und ihren Mitgliedstaaten – Kasachstan

Aktuelle FassungIn Kraft seit 01.3.2020

PROTOKOLL
ÜBER GEGENSEITIGE AMTSHILFE
IM ZOLLBEREICH

ARTIKEL 1

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieses Protokolls bezeichnet der Ausdruck

  1. a) „Zollrecht“ die im Gebiet der Vertragsparteien geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Waren und deren Überführung in ein Zollverfahren, einschließlich der Verbote, Beschränkungen und Kontrollen;
  2. b) „ersuchende Behörde“ eine von einer Vertragspartei zu diesem Zweck bezeichnete zuständige Verwaltungsbehörde, die ein Amtshilfeersuchen gemäß dieses Protokolls stellt;
  3. c) „ersuchte Behörde“ eine von einer Vertragspartei zu diesem Zweck bezeichnete zuständige Verwaltungsbehörde, an die ein Amtshilfeersuchen gemäß dieses Protokolls gerichtet wird;
  4. d) „personenbezogene Daten“ alle Informationen, die eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person betreffen;
  5. e) „Zuwiderhandlung gegen das Zollrecht“ die Verletzung oder die versuchte Verletzung des Zollrechts.

ARTIKEL 2

Geltungsbereich

(1) Die Vertragsparteien leisten einander in den unter ihre Zuständigkeit fallenden Bereichen Amtshilfe in der Form und unter den Voraussetzungen, die in diesem Protokoll festgelegt sind, um durch Verhütung, Untersuchung und Bekämpfung von Zuwiderhandlungen die ordnungsgemäße Anwendung des Zollrechts zu gewährleisten.

(2) Die Amtshilfe im Zollbereich im Sinne dieses Protokolls betrifft alle Verwaltungsbehörden der Vertragsparteien, die für die Anwendung dieses Protokolls zuständig sind. Die Vorschriften über die gegenseitige Amtshilfe in Strafsachen bleiben davon unberührt; sie umfasst auch nicht den Austausch von Erkenntnissen, die bei der Ausübung von Befugnissen auf Antrag einer Justizbehörde gewonnen werden, es sei denn, dass diese Behörde der Übermittlung dieser Erkenntnisse zustimmt.

(3) Die Amtshilfe zur Einziehung von Zöllen, Abgaben oder Bußgeldern fällt nicht unter dieses Protokoll.

ARTIKEL 3

Amtshilfe auf Ersuchen

(1) Auf Antrag der ersuchenden Behörde erteilt die ersuchte Behörde dieser alle sachdienlichen Auskünfte, die es ihr ermöglichen, die ordnungsgemäße Anwendung des Zollrechts zu gewährleisten, einschließlich Auskünften über festgestellte oder geplante Handlungen, die gegen das Zollrecht verstoßen beziehungsweise verstoßen könnten.

(2) Auf Antrag der ersuchenden Behörde unterrichtet die ersuchte Behörde diese Behörde über

  1. a) die Umstände (Gegebenheiten und Voraussetzungen) der Ausfuhr von Waren aus dem Gebiet der einen Vertragspartei in das Gebiet der anderen Vertragspartei, gegebenenfalls unter Angabe des für die Waren geltenden Zollverfahrens;
  2. b) die Umstände (Gegebenheiten und Voraussetzungen) der Einfuhr von Waren in das Gebiet der einen Vertragspartei und der Ausfuhr aus dem Gebiet der anderen Vertragspartei, gegebenenfalls unter Angabe des für die Waren geltenden Zollverfahrens;

(3) Auf Antrag der ersuchenden Behörde leitet die ersuchte Behörde nach Maßgabe der für sie geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften die erforderlichen Schritte ein für die besondere Überwachung von

  1. a) natürlichen oder juristischen Personen, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht begehen oder begangen haben;
  2. b) Örtlichkeiten, an denen Waren gelagert werden, bei denen der begründete Verdacht besteht, dass Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht begangen werden;
  3. c) Beförderungen oder beabsichtigten Beförderungen von Waren, bei denen der begründete Verdacht besteht, dass Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht begangen werden;
  4. d) Transportmitteln, mit denen Waren befördert werden, bei denen der begründete Verdacht besteht, dass Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht begangen werden.

ARTIKEL 4

Amtshilfe ohne Ersuchen

Die Vertragsparteien leisten einander nach Maßgabe der für sie geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften von sich aus Amtshilfe, sofern dies ihres Erachtens zur ordnungsgemäßen Anwendung des Zollrechts notwendig ist, insbesondere indem sie Erkenntnisse weitergeben über

  1. a) Handlungen, die Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht darstellen oder darzustellen scheinen und die für die andere Vertragspartei von Interesse sein könnten;
  2. b) neue Mittel oder Methoden, die bei Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht angewandt werden;
  3. c) Waren, von denen bekannt ist, dass sie Gegenstand von Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht sind;
  4. d) natürliche oder juristische Personen, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht begehen oder begangen haben;
  5. e) Beförderungsmittel, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie bei Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht benutzt worden sind, benutzt werden oder werden könnten.

ARTIKEL 5

Zustellung und Bekanntgabe

Auf Antrag der ersuchenden Behörde veranlasst die ersuchte Behörde nach Maßgabe der für sie geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften die Zustellung von Schriftstücken oder die Notifikation von Entscheidungen, die von der ersuchenden Behörde ausgehen und in den Geltungsbereich dieses Protokolls fallen, an einen Adressaten mit Wohnsitz beziehungsweise Sitz im Gebiet der ersuchten Behörde.

Das Ersuchen um Zustellung eines Schriftstücks oder um Bekanntgabe einer Entscheidung ist schriftlich in einer Amtssprache der ersuchten Behörde oder in einer von dieser zugelassenen Sprache zu stellen.

ARTIKEL 6

Form und Inhalt der Amtshilfeersuchen

(1) Ersuchen nach diesem Protokoll sind schriftlich zu stellen. Den Ersuchen sind alle Unterlagen beizufügen, die für seine Erledigung erforderlich sind. In dringenden Fällen können mündliche Ersuchen angenommen werden, die jedoch unverzüglich schriftlich bestätigt werden müssen.

(2) Ersuchen nach Absatz 1 müssen folgende Angaben enthalten:

  1. a) die ersuchende Behörde,
  2. b) den Gegenstand und Grund des Ersuchens,
  3. c) die Maßnahme, um die ersucht wird,
  4. d) die einschlägigen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften und sonstige rechtserhebliche Angaben,
  5. e) möglichst genaue und umfassende Angaben über die natürlichen oder juristischen Personen, gegen die sich die Ermittlungen richten,
  6. f) eine Zusammenfassung des Sachverhalts und der bereits durchgeführten Ermittlungen,
  7. g) alle sonstigen sachdienlichen Informationen, die für die Erledigung des Ersuchens erforderlich sind.

(3) Die Ersuchen sind in einer Amtssprache der ersuchten Behörde oder in einer von dieser zugelassenen Sprache vorzulegen. Dies gilt nicht für die dem Ersuchen nach Absatz 1 beigefügten Unterlagen.

(4) Entspricht ein Ersuchen nicht den in den Absätzen 1 bis 3 festgelegten Formvorschriften, so kann seine Berichtigung oder Ergänzung verlangt werden; in der Zwischenzeit können Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden.

ARTIKEL 7

Erledigung der Amtshilfeersuchen

(1) Bei der Erledigung von Amtshilfeersuchen verfährt die ersuchte Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und Mittel so, als ob sie in Erfüllung eigener Aufgaben oder auf Ersuchen anderer Behörden der eigenen Vertragspartei handelte; zu diesem Zweck hat sie die ihr bereits vorliegenden Erkenntnisse zu übermitteln und zweckdienliche Ermittlungen anzustellen beziehungsweise zu veranlassen. Dies gilt auch für jede andere Behörde, die von der ersuchten Behörde mit dem Ersuchen befasst wurde, sofern diese nicht selbst tätig werden kann.

(2) Die Erledigung von Amtshilfeersuchen erfolgt nach Maßgabe der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der ersuchten Partei. Kann das Ersuchen nicht erledigt werden, so wird die ersuchende Vertragspartei unverzüglich davon unterrichtet.

(3) Ordnungsgemäß bevollmächtigte Beamte der einen Vertragspartei können mit Zustimmung der anderen Vertragspartei und unter den von dieser festgelegten Voraussetzungen in den Diensträumen der ersuchten Behörde oder einer nach Absatz 1 zuständigen anderen Behörde anwesend sein, um Auskünfte über festgestellte oder vermutete Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht einholen, welche die ersuchende Behörde für die Zwecke dieses Protokolls benötigt.

(4) Ordnungsgemäß bevollmächtigte Beamte der einen Vertragspartei können mit Zustimmung der anderen Vertragspartei und unter den von diesen festgelegten Voraussetzungen bei in deren Gebiet durchgeführten Ermittlungen anwesend sein.

ARTIKEL 8

Form der Auskunftserteilung

(1) Die ersuchte Behörde teilt der ersuchenden Behörde das Ergebnis der Ermittlungen schriftlich mit und fügt zweckdienliche Schriftstücke, beglaubigte Kopien und dergleichen bei.

(2) Diese Auskünfte können auf elektronischem Wege erteilt werden.

(3) Originalunterlagen werden nur auf Antrag übermittelt, wenn beglaubigte Kopien nicht ausreichen würden. Die Originalunterlagen werden so bald wie möglich zurückgegeben.

ARTIKEL 9

Ausnahmen von der Verpflichtung zur Amtshilfe

(1) Die Amtshilfe kann abgelehnt oder von der Erfüllung bestimmter Bedingungen oder Auflagen abhängig gemacht werden, wenn nach Auffassung einer Vertragspartei durch die Amtshilfe nach diesem Protokoll

  1. a) die Souveränität der Republik Kasachstan oder eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, die beziehungsweise der nach diesem Protokoll Amtshilfe leisten müsste, beeinträchtigt werden könnte oder
  2. b) die öffentliche Ordnung, die Sicherheit oder andere wesentliche Interessen beeinträchtigt werden könnten, insbesondere in den in Artikel 10 Absatz 2 dieses Protokolls genannten Fällen oder
  3. c) ein Betriebs-, Geschäfts- oder Berufsgeheimnis verletzt würde.

(2) Die Amtshilfe kann von der ersuchten Behörde mit der Begründung zurückgestellt werden, dass sie laufende Ermittlungen, Strafverfahren oder sonstige Verfahren beeinträchtigen würde. In diesem Fall berät sich die ersuchte Behörde mit der ersuchenden Behörde, um zu entscheiden, ob die Amtshilfe unter bestimmten von der ersuchten Behörde festgelegten Voraussetzungen oder Bedingungen geleistet werden kann.

(3) Ersucht eine Behörde um Amtshilfe, die sie selbst im Falle eines Ersuchens nicht leisten könnte, so weist sie in ihrem Ersuchen auf diesen Umstand hin. Es steht dann im Ermessen der ersuchten Behörde, ob sie einem solchen Ersuchen nachkommen will.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 muss die Entscheidung der ersuchten Behörde der ersuchenden Behörde unter Angabe der Gründe unverzüglich mitgeteilt werden.

ARTIKEL 10

Informationsaustausch und Vertraulichkeit

(1) Die Auskünfte nach diesem Protokoll, gleichgültig in welcher Form sie erteilt werden, sind nach Maßgabe der Vorschriften der Vertragsparteien vertraulich oder nur für den Dienstgebrauch bestimmt. Sie unterliegen dem Dienstgeheimnis und genießen den Schutz sowohl der für solche Auskünfte geltenden Rechtsvorschriften der Vertragspartei, die sie erhalten hat, als auch der entsprechenden für die Organe der Europäischen Union geltenden Rechtsvorschriften.

(2) Personenbezogene Daten dürfen nur ausgetauscht werden, wenn die Vertragspartei, die sie erhalten soll, zusagt, diese Daten in einer Art und Weise zu schützen, welche die Vertragspartei, die sie übermitteln soll, als angemessen erachtet.

(3) Die Verwendung der nach diesem Protokoll erlangten Auskünfte in wegen Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht eingeleiteten Gerichts- oder Verwaltungsverfahren gilt als Verwendung für die Zwecke dieses Protokolls. Die Vertragsparteien können daher die nach diesem Protokoll erlangten Auskünfte und eingesehenen Schriftstücke als Beweismittel in ihren Protokollen, Berichten und für Zeugenvernehmungen sowie in Gerichts- und Ermittlungsverfahren verwenden. Die zuständige Behörde, welche die betreffende Auskunft erteilt oder Einsicht in die betreffenden Schriftstücke gewährt hat, wird über eine solche Verwendung unterrichtet.

(4) Die nach diesem Protokoll erlangten Auskünfte dürfen nur für die in diesem Protokoll genannten Zwecke verwendet werden. Will eine Vertragspartei diese Auskünfte zu anderen Zwecken verwenden, so muss sie die vorherige schriftliche Zustimmung der Behörde einholen, welche die Auskunft erteilt hat. Die Verwendung unterliegt dann den von dieser Behörde festgelegten Beschränkungen.

ARTIKEL 11

Sachverständige und Zeugen

Beamten der ersuchten Behörde kann gestattet werden, im Rahmen der erteilten Genehmigung in Gerichts- oder Verwaltungsverfahren, die unter dieses Protokoll fallende Angelegenheiten betreffen, als Sachverständige oder Zeugen aufzutreten und dabei Gegenstände, Schriftstücke oder beglaubigte Kopien von Schriftstücken vorzulegen, sofern dies für das Verfahren erforderlich ist. In der Ladung des Beamten, die durch die ersuchende Behörde erfolgt, ist genau anzugeben, vor welcher Justiz- oder Verwaltungsbehörde der Beamte in welcher Angelegenheit und in welcher Kapazität (Eigenschaft oder Berechtigung) erscheinen soll.

ARTIKEL 12

Kosten der Amtshilfe

Die Vertragsparteien verzichten auf gegenseitige Ansprüche auf Erstattung der bei der Anwendung dieses Protokolls anfallenden Kosten; hiervon ausgenommen sind gegebenenfalls Aufwendungen für Sachverständige und Zeugen sowie Aufwendungen für Dolmetscher und Übersetzer, die nicht dem öffentlichen Dienst angehören.

ARTIKEL 13

Durchführung

(1) Die Durchführung dieses Protokolls wird den Zollbehörden der Republik Kasachstan einerseits und den zuständigen Dienststellen der Europäischen Kommission und gegebenenfalls den Zollbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union andererseits übertragen. Diese beschließen alle zu seiner Anwendung erforderlichen praktischen Maßnahmen und Vereinbarungen und tragen dabei den geltenden Vorschriften, insbesondere den Datenschutzvorschriften, Rechnung.

(2) Die Vertragsparteien konsultieren einander und unterrichten sich über die Einzelheiten der Durchführungsbestimmungen, die sie nach diesem Protokoll erlassen.

ARTIKEL 14

Andere Übereinkünfte

(1) Unter Berücksichtigung der Zuständigkeiten der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten der Europäischen Union

  1. a) lässt dieses Protokoll die Verpflichtungen der Vertragsparteien aus anderen internationalen Übereinkünften unberührt;
  2. b) gilt dieses Protokoll als Ergänzung der Abkommen über gegenseitige Amtshilfe, die zwischen einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Republik Kasachstan geschlossen worden sind oder geschlossen werden und
  3. c) lässt dieses Protokoll die Vorschriften der Europäischen Union über den Austausch zwischen den zuständigen Dienststellen der Europäischen Kommission und den Zollbehörden der Mitgliedstaaten von nach diesem Protokoll erhaltenen Auskünften, die für die Europäische Union oder die Mitgliedstaaten der Europäischen Union von Interesse sein könnten, unberührt.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 gehen die Bestimmungen dieses Protokolls den Bestimmungen bilateraler Abkommen über gegenseitige Amtshilfe, die zwischen einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Republik Kasachstan geschlossen worden sind oder geschlossen werden, vor, soweit letztere mit den Bestimmungen dieses Protokolls unvereinbar sind.

(3) Bei Fragen zur Anwendbarkeit dieses Protokolls nehmen die Vertragsparteien Konsultationen auf, um die Angelegenheit im Rahmen eines regelmäßigen Dialogs über Zollangelegenheiten zu klären.

Schlagworte

Rechtsvorschrift, Betriebsgeheimnis, Geschäftsgeheimnis, Gerichtsverfahren, Justizbehörde

Zuletzt aktualisiert am

17.03.2025

Gesetzesnummer

20011102

Dokumentnummer

NOR40222243

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