§ 1.
(1) Im Sinne dieser Verordnung ist:
- 1. Kühlung: Temperaturerniedrigung eines Stoffes (Kühlmedium) durch Wärmeübertragung auf einen anderen Stoff mit geringerer Temperatur (Kühlmittel).
- 2. Kühlsystem: Technisches System zur indirekten Kühlung von Prozessen oder Anlagen (zB Energieerzeugung, gewerblich-industrielle Prozesse, Kälteanlagen). Bei der indirekten Kühlung besteht kein unmittelbarer stofflicher Kontakt zwischen dem Kühlmedium und dem Kühlmittel.
- 3. Durchlaufkühlsystem (DKS): Kühlsystem ohne Kreislaufführung des Kühlmittels (once through cooling system). Für ein DKS ist auch die Bezeichnung Frischwasserkühlsystem (mit oder ohne Ablaufkühlung) gebräuchlich.
- 4. Umlaufkühlsystem (UKS): Kühlsystem mit Kreislaufführung des Kühlmittels (recirculating cooling system). Man unterscheidet zwischen einem
- a) UKS mit unmittelbarem stofflichen Kontakt zwischen Kühlmittel und Atmosphäre (offenes UKS, die Übertragung der Wärme erfolgt durch Konduktion/Konvektion und Evaporation) und
- b) UKS ohne unmittelbaren stofflichen Kontakt zwischen Kühlmittel und Atmosphäre (geschlossenes UKS, die Übertragung der Wärme erfolgt nur durch Konduktion/Konvektion).
- Für ein UKS ist auch die Bezeichnung Kreislaufkühlsystem gebräuchlich.
- 5. Dampferzeuger (Kesselanlage): Ortsfeste Anordnung von Gefäßen oder Rohren oder deren Kombination, die mit Brennstoffen, Abhitze, elektrischer Energie oder Solarenergie beheizt sind und den Zweck haben,
- a) Wasserdampf von höherem als dem atmosphärischen Druck oder
- b) Wasser mit einer 80 °C übersteigenden Temperatur (Heißwasser)
- für die Verwendung außerhalb dieser Anordnung zu erzeugen. Zur Kesselanlage zählen auch die im Verbrennungsgasstrom liegenden Überhitzer, die Rückkühler sowie deren Ausrüstung und die Verbrennungsgaskanäle.
(2) Bei der wasserrechtlichen Bewilligung einer Einleitung von Abwasser aus Durchlaufkühlsystemen (Abs. 1 Z 3) in ein Fließgewässer sind die inAnhang A festgelegten Emissionsbegrenzungen vorzuschreiben. Abwasser aus einem Durchlaufkühlsystem darf grundsätzlich nicht in eine öffentliche Kanalisation eingeleitet werden; bei unvermeidbarer Einleitung sind für die Parameter Temperatur, Toxizität und Abfiltrierbare Stoffe die in Anhang B Spalte II festgelegten Emissionsbegrenzungen, für sonstige Parameter die in Anhang A festgelegten Emissionsbegrenzungen vorzuschreiben.
Nachstehend genannte Stoffe dürfen nicht eingeleitet werden:
- 1. anorganische Verbindungen des Chrom aus dem Korrosionsschutz;
- 2. anorganische Verbindungen des Quecksilber;
- 3. metallorganische Verbindungen;
- 4. Merkaptobenzthiazol und Isothiazole;
- 5. Nitrite;
- 6. organische Arbeits- und Hilfsstoffe, die eine Gesamtabbaubarkeit durch aerobe Mikroorganismen in einem wässrigen Milieu von nicht größer als 80% nach einer Testdauer von 28 Tagen aufweisen (Methode betreffend „Abbaubarkeit – DOC-Verfahren“ gemäß Anlage A Abschnitt II der Methodenverordnung Wasser (MVW), BGBl. II Nr. 129/2019 in der jeweils geltenden Fassung) ausgenommen Phosphonate und Polycarboxylate;
- 7. Biozide aus der kontinuierlichen Bekämpfung von Organismenwachstum ausgenommen Persauerstoffverbindungen (zB Wasserstoffperoxid, Ozon);
- 8. Biozide aus der diskontinuierlichen Bekämpfung von Organismenwachstum (Stoßbehandlung) ausgenommen Chlor, Brom, chlor- oder bromhaltige oder -abspaltende Biozide, Glutardialdehyd oder Persauerstoffverbindungen.
- Das Einleitungsverbot für Stoffe der Z 1 bis 8 gilt als eingehalten, wenn nachgewiesen wird, dass die für ein Durchlaufkühlsystem verwendeten Arbeits- und Hilfsstoffe die Stoffe der Z 1 bis 8 nicht enthalten.
(3) Bei der wasserrechtlichen Bewilligung einer Einleitung von Abwasser aus dem Abfluten oder Entleeren von offenen Umlaufkühlsystemen (Abs. 1 Z 4 lit. a) in ein Fließgewässer oder eine öffentliche Kanalisation sind die inAnhang B festgelegten Emissionsbegrenzungen vorzuschreiben. Nachstehend genannte Stoffe dürfen nicht eingeleitet werden:
- 1. Stoffe gemäß Abs. 2;
- 2. anorganische Zinkverbindungen aus der Kühlwasserkonditionierung in Hauptumlaufkühlsystemen von thermischen Kraftwerken.
- Das Einleitungsverbot für Stoffe der Z 1 und 2 gilt als eingehalten, wenn nachgewiesen wird, dass die für ein offenes Umlaufkühlsystem verwendeten Arbeits- und Hilfsstoffe die Stoffe der Z 1 und 2 nicht enthalten.
(4) Bei der wasserrechtlichen Bewilligung einer Einleitung von Abwasser aus dem
- 1. Absalzen (Abfluten), Abschlämmen oder Kondensatreinigen;
- 2. Entaschen oder Entschlacken;
- 3. wasserseitigen Reinigen;
- 4. verbrennungsgasseitigen Reinigen (einschließlich Reinigen der Verbrennungsgaskanäle);
- 5. Nasskonservieren
- von Dampferzeugern in ein Fließgewässer oder eine öffentliche Kanalisation sind die in Anhang C festgelegten Emissionsbegrenzungen vorzuschreiben. Stoffe gemäß Abs. 2 dürfen nicht eingeleitet werden; das Einleitungsverbot für Stoffe des Abs. 2 gilt als eingehalten, wenn nachgewiesen wird, dass die für einen Dampferzeuger verwendeten Arbeits- und Hilfsstoffe die Stoffe des Abs. 2 nicht enthalten.
(5) Bei der wasserrechtlichen Bewilligung einer Einleitung von Abwasser aus der Entleerung geschlossener Umlaufkühlsysteme (Abs. 1 Z 4 lit. b) in ein Fließgewässer oder eine öffentliche Kanalisation sind die Emissionsbegrenzungen gemäß § 4 Abs. 1 AAEV vorzuschreiben. Stoffe gemäß Abs. 2 dürfen nicht eingeleitet werden; das Einleitungsverbot für derartige Stoffe gilt als eingehalten, wenn nachgewiesen wird, dass die für ein geschlossenes Umlaufkühlsystem verwendeten Arbeits- und Hilfsstoffe die Stoffe des Abs. 2 nicht enthalten.
(6) Die Abs. 2 bis 5 gelten nicht für die Einleitung von
- 1. Abwasser aus der Behandlung von Verbrennungsgas (§ 4 Abs. 2 Z 4.2 AAEV);
- 2. Abwasser aus Laboratorien (§ 4 Abs. 2 Z 4.3 AAEV);
- 3. Abwasser aus der Wasseraufbereitung (§ 4 Abs. 2 Z 4.4 AAEV);
- 4. Abwasser aus der Reinigung von Abluft und wässrigen Kondensaten (§ 4 Abs. 2 Z 4.6 AAEV);
- 5. Abwasser aus der Behandlung von Prozesswasser zwecks Weiterverwendung in Kühlsystemen oder Kesselanlagen;
- 6. Fallwasser aus der Brüdenkondensation, der Vakuumerzeugung oder von sonstigem direkten Kühlwasser.
(7) Soweit diese Verordnung keine von der AAEV abweichende Regelung enthält, gilt die AAEV ausgenommen § 4 Abs. 3 zweiter Satz AAEV für Abwasser aus Systemen gemäß Abs. 2. Werden Abwässer gemäß Abs. 2 bis 5 gemeinsam abgeleitet, so sind auf eine derartige Mischung die Festlegungen des § 4 Abs. 5 bis 7 AAEV anzuwenden.
(8) Sofern es bei einer rechtmäßig bestehenden Einleitung gemäß Abs. 2 bis 4 für die Einhaltung der Emissionsbegrenzungen der Anhänge A bis C erforderlich ist, oder sofern bei einer beantragten Einleitung gemäß Abs. 2 bis 4 die Einhaltung der Emissionsbegrenzungen der Anhänge A bis C nicht durch andere Maßnahmen gewährleistet ist, können ua. folgende die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse von Systemen oder Anlagen gemäß Abs. 2 bis 4 betreffende Maßnahmen entweder bei alleinigem oder bei kombiniertem Einsatz in Betracht gezogen werden (Stand der Vermeidungs-, Rückhalte- und Reinigungstechnik):
- 1. Bei Systemen oder Anlagen gemäß Abs. 2 oder 3
- a) umfassende energetische Nutzung der Wärme des Abwassers aus Kühlsystemen in Form von Kraft-Wärme-Kupplungen, Fernwärmeversorgungen, Niedertemperaturheizungen, Wärmepumpen, Verwertungen in der landwirtschaftlichen Produktion usw.,
- b) bevorzugte Anwendung der Umlaufkühlung mit optimierter Austauschrate für das Abflutwasser im Kühlsystem (kleiner als 3% der täglich im System umgewälzten Wassermenge) und größtmöglicher Eindickungszahl; in Abhängigkeit von Menge und Temperaturniveau der anfallenden Abwärme sowie von den wasserwirtschaftlichen Gegebenheiten des Standortes Einsatz von Trocken- oder Hybridkühlverfahren,
- c) Einsatz der Durchlaufkühlung nur in begründeten Ausnahmefällen bei entsprechender Lage der Abwärmequelle an einem aufnahmefähigen Fließgewässer oder für Kleinstanlagen; Mehrfachverwendung des Kühlwassers aus Durchlaufkühlsystemen durch Serienschaltung derartiger Systeme; Einsatz von Maßnahmen zur Ablaufkühlung entweder zeitlich durchgehend oder begrenzt auf Zeiten besonderer wasserwirtschaftlicher Anforderungen,
- d) weitestgehender Verzicht auf den Einsatz als Kühlmittel in einem Durchlaufkühlsystem von
- – Grundwasser (ausgenommen Uferfiltrat aus der unmittelbaren Nähe eines Fließgewässers oder Grundwasser, welches aus einem Grundwasservorkommen aus Gründen der Wasserspiegelhaltung entnommen werden muss und nicht mehr wiedereingebracht werden kann),
- – Wasser aus Trinkwassersystemen,
- e) konsequente Trennung von Kühlwassersystemen und sonstigen Abwassersystemen; bevorzugter Einsatz von Oberflächenkondensatoren; weitestgehender Verzicht auf den Einsatz von Mischkondensatoren,
- f) Auswahl korrosionsbeständiger Werkstoffe oder Werkstoffkombinationen und Einsatz passiver oder aktiver Korrosionsschutzmaßnahmen; Abstimmung der Maßnahmen zur Kühlwasserkonditionierung auf die Werkstoffbeschaffenheit des Kühlsystemes,
- g) Verhinderung von Organismenwachstum im Kühlsystem durch geeignete Werkstoffauswahl, konstruktive Maßnahmen und verfahrenstechnische Maßnahmen; bei Erfordernis des Biozideinsatzes zur Verhinderung von Organismenwachstum Anwendung intermittierender Verfahren (Stoßbehandlung); Verzicht auf
- – Kühlwasserableitung während der Stoßbehandlung und
- – kontinuierlichen Einsatz von Bioziden ausgenommen von Persauerstoffverbindungen,
- Beachtung der ökotoxikologischen Angaben in den Sicherheitsdatenblättern der eingesetzten Biozide,
- h) bei Erfordernis des Einsatzes von organischen Arbeits- oder Hilfsstoffen, insbesondere von Dispergierungs- oder Härtestabilisierungsmitteln, Anwendung solcher nicht toxischer Substanzen, die eine Gesamtabbaubarkeit durch aerobe Mikroorganismen in einem wässrigen Milieu von größer als 80% nach einer Testdauer von 28 Tagen aufweisen (Methode betreffend „Abbaubarkeit – DOC-Verfahren“ gemäß Anlage A Abschnitt II der Methodenverordnung Wasser (MVW), BGBl. II Nr. 129/2019 in der jeweils geltenden Fassung); Beachtung der ökotoxikologischen Angaben in den Sicherheitsdatenblättern der eingesetzten Stoffe,
- i) bedarfsabhängige Dosierung aller für den Betrieb eines Kühlsystems erforderlichen Arbeits- und Hilfsstoffe mittels maschineller Dosiereinrichtungen sowie mit begleitender analytischer Überwachung der Einsatzkonzentrationen im Kühlwasser; Bilanzierung der Einsatzmengen über definierte Anwendungszeiträume unter Berücksichtigung der Eliminationsvorgänge in den Kühlsystemen,
- j) in Abhängigkeit von Kühlsystemart und -größe Einsatz verfahrenstechnischer Maßnahmen (zB Mindestströmungsgeschwindigkeit, mechanische Systemreinigung, physikalisch-chemische Wasserkonditionierung) zur Erzielung eines optimierten Systembetriebes, Aufrechterhaltung der erforderlichen Kühlwasserbeschaffenheit und Minimierung der Austauschrate bei der Umlaufkühlung,
- k) Betrieb des Kühlsystems mit Kühlmittelüberdruck gegenüber dem Kühlmedium bei Kühlung einer Anlage, die wassergefährdende Stoffe enthält,
- l) Führung eines Betriebsbuches, in welchem alle wesentlichen mit dem Betrieb des Kühlsystems verbundenen Fakten und Maßnahmen vermerkt sind und insbesondere auch alle Arten und Mengen der eingesetzten Dispergierungs-, Härtestabilisierungs- und Korrosionsschutzmittel, Biozide sowie sonstigen Arbeits- und Hilfsstoffe aufgelistet sind,
- m) Weiterverwendung von Abwasser aus Kühlsystemen als Brauchwasser zwecks Reduktion des Frischwasserverbrauches;
- n) vom Abwasser gesonderte Erfassung und Verwertung der beim Betrieb von Kühlsystemen oder bei der Kühlwasserkonditionierung anfallenden Rückstände oder deren externe Entsorgung (Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102);
- 2. bei Systemen oder Anlagen gemäß Abs. 4
- a) sinngemäße Anwendung von Z 1 lit. a, f, h bis j und l bis n,
- b) Einsatz physikalisch-chemischer Abwasserreinigungsverfahren (zB Neutralisation, Sedimentation, Filtration, Fällung/Flockung).
Schlagworte
Arbeitsstoff, Vermeidungstechnik, Rückhaltetechnik, Trockenkühlverfahren, Dispergierungsmittel, Kühlsystemgröße, Härtestabilisierungsmittel, BGBl. I Nr. 102/2002
Zuletzt aktualisiert am
10.09.2021
Gesetzesnummer
20002737
Dokumentnummer
NOR40237906
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