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Artikel 2 Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und Vernichtung solcher Waffen

Aktuelle FassungIn Kraft seit

ARTIKEL II

Artikel 2

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND KRITERIEN

Im Sinne dieses Übereinkommens haben die nachstehenden Ausdrücke folgende Bedeutung:

1. Der Ausdruck „chemische Waffen“ bezeichnet folgende Gegenstände, zusammen oder für sich allein:

  1. a) toxische Chemikalien und ihre Vorprodukte, mit Ausnahme derjenigen, die für nach diesem Übereinkommen nicht verbotene Zwecke bestimmt sind, solange diese nach Art und Menge mit solchen Zwecken vereinbar sind;
  2. b) Munition oder Geräte, die eigens dazu entworfen sind, durch die toxischen Eigenschaften der unter Buchstabe a bezeichneten toxischen Chemikalien, welche infolge der Verwendung solcher Munition oder Geräte freigesetzt würden, den Tod oder sonstige Körperschäden herbeizuführen;
  3. c) jede Ausrüstung, die eigens dazu entworfen ist, im unmittelbaren Zusammenhang mit Munition oder Geräten verwendet zu werden, wie sie unter Buchstabe b bezeichnet sind.

2. „Toxische Chemikalie“

bedeutet jede Chemikalie, die durch ihre chemische Wirkung auf die Lebensvorgänge den Tod, eine vorübergehende Handlungsunfähigkeit oder einen Dauerschaden bei Mensch oder Tier herbeiführen kann. Dazu gehören alle derartigen Chemikalien, ungeachtet ihrer Herkunft oder der Art ihrer Produktion und ungeachtet dessen, ob sie in Einrichtungen, in Munition oder anderswo produziert werden.

(Für die Zwecke der Durchführung dieses Übereinkommens sind die toxischen Chemikalien, bei denen festgestellt wurde, daß auf sie Verifikationsmaßnahmen angewandt werden müssen, in den Listen im Anhang über Chemikalien genannt.)

3. „Vorprodukt“ bedeutet

eine chemische Reaktionskomponente, die auf irgendeiner Stufe bei jeder Art von Produktion einer toxischen Chemikalie beteiligt ist. Dazu gehört jede Schlüsselkomponente eines binären oder Mehrkomponentensystems.

(Für die Zwecke der Durchführung dieses Übereinkommens sind die Vorprodukte, bei denen festgestellt wurde, daß auf sie Verifikationsmaßnahmen angewandt werden müssen, in den Listen im Anhang über Chemikalien genannt.)

4. „Schlüsselkomponente eines binären oder Mehrkomponentensystems (im folgenden als „Schlüsselkomponente“ bezeichnet) bedeutet

das Vorprodukt, das für die Bestimmung der toxischen Eigenschaften des Endprodukts maßgeblich verantwortlich ist und mit anderen Chemikalien im binären oder Mehrkomponentensystem schnell reagiert.

5. „Alte chemische Waffen“ bedeutet

  1. a) vor 1925 hergestellte chemische Waffen oder
  2. b) zwischen 1925 und 1946 hergestellte chemische Waffen, die in derart schlechtem Zustand sind, daß sie nicht mehr als chemische Waffen eingesetzt werden können.

6. „Zurückgelassene chemische Waffen“ bedeutet

chemische Waffen, einschließlich alter chemischer Waffen, die nach dem 1. Jänner 1925 von einem Staat im Hoheitsgebiet eines anderen Staates ohne dessen Zustimmung zurückgelassen worden sind.

7. „Mittel zur Bekämpfung von Unruhen“ bedeutet

jede nicht in einer der Listen genannte Chemikalie, die beim Menschen spontan sensorische Irritationen oder handlungsunfähig machende Wirkungen hervorrufen kann, welche innerhalb kurzer Zeit nach Beendigung der Exposition verschwinden.

8. „Einrichtung zur Herstellung chemischer Waffen“

  1. a) bedeutet jede Ausrüstung – sowie jedes Gebäude, in dem eine solche Ausrüstung untergebracht ist –, die zu irgendeinem Zeitpunkt seit dem 1. Jänner 1946 geplant, gebaut oder verwendet wurde
  1. i) als Teil jener Stufe der Produktion von Chemikalien („letzter Prozeßschritt“), auf der während ihres Betriebs der Materialfluß folgendes enthält:
  1. (1) eine in Liste 1 des Anhangs über Chemikalien genannte Chemikalie oder
  2. (2) eine andere Chemikalie, die bei mehr als einer Jahrestonne im Hoheitsgebiet oder an einem anderen Ort unter der Hoheitsgewalt oder Kontrolle eines Vertragsstaats für nach diesem Übereinkommen nicht verbotene Zwecke keine Verwendung findet, aber für Zwecke chemischer Waffen verwendet werden kann,

    oder

  1. ii) für das Füllen chemischer Waffen, darunter unter anderem das Abfüllen von in Liste 1 genannten Chemikalien in Munition, Geräte oder Lagerbehälter, das Abfüllen von Chemikalien in Behälter, die Komponenten von Binärmunition und entsprechenden Geräten sind, oder in chemische Tochtermunition, die Teil eines komplexen Munitionssystems oder entsprechender anderer Geräte ist, sowie das Einführen der Behälter und chemischen Tochtermunition in entsprechende Munition und Geräte;
  1. b) bedeutet nicht
  1. i) Einrichtungen, deren Produktionskapazität zur Synthese der unter Buchstabe a Ziffer i bezeichneten Chemikalien geringer ist als eine Tonne;
  1. ii) Einrichtungen, in denen eine unter Buchstabe a Ziffer i bezeichnete Chemikalie als unvermeidliches Nebenprodukt im Zuge von Tätigkeiten für nach diesem Übereinkommen nicht verbotene Zwecke produziert wird oder wurde, solange die Chemikalie nicht drei Prozent des Gesamtprodukts übersteigt und die Einrichtung der Meldung und Inspektion nach Maßgabe des Anhangs über Durchführung und Verifikation (im folgenden als „Verifikationsanhang“ bezeichnet) unterliegt;
  2. iii) die in Teil VI des Verifikationsanhangs vorgesehene einzige Kleinanlage zur Produktion von in Liste 1 genannten Chemikalien für nach diesem Übereinkommen nicht verbotene Zwecke.

9. „Nach diesem Übereinkommen nicht verbotene Zwecke“ bedeutet

  1. a) industrielle, landwirtschaftliche, forschungsbezogene, medizinische, pharmazeutische oder sonstige friedliche Zwecke;
  2. b) Schutzzwecke, das heißt solche Zwecke, die mit dem Schutz gegen toxische Chemikalien und dem Schutz gegen chemische Waffen unmittelbar im Zusammenhang stehen;
  3. c) militärische Zwecke, die nicht mit dem Einsatz chemischer Waffen zusammenhängen und die nicht von den toxischen Eigenschaften der Chemikalien als Mittel der Kriegführung abhängen;
  4. d) Zwecke der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung einschließlich der innerstaatlichen Bekämpfung von Unruhen.

10. „Produktionskapazität“ bedeutet folgendes:

Die Menge einer bestimmten Chemikalie, die jedes Jahr mit Hilfe eines tatsächlich angewandten oder, falls noch nicht in Betrieb, eines zur Anwendung vorgesehenen technischen Prozesses in der entsprechenden Einrichtung produziert werden könnte. Die Produktionskapazität ist mit der Nennkapazität auf dem Typenschild oder, ist die Nennkapazität nicht angegeben, mit der Auslegungskapazität gleichzusetzen. Die Nennkapazität auf dem Typenschild bedeutet die unter günstigsten Bedingungen erzielbare und durch einen oder mehrere Probeläufe nachgewiesene höchste Produktionsmenge der Produktionseinrichtung. Die Auslegungskapazität bedeutet die entsprechende theoretisch berechnete Produktionsmenge.

11. „Organisation“ bedeutet die nach Artikel VIII errichtete Organisation für das Verbot chemischer Waffen.

12. Im Sinne des Artikels VI

  1. a) bedeutet „Produktion“ einer Chemikalie ihre Bildung durch chemische Reaktion;
  2. b) bedeutet „Verarbeitung“ einer Chemikalie einen physikalischen Prozeß, wie zB Formulierung, Extraktion und Reinigung, in dem eine Chemikalie nicht in eine andere umgewandelt wird;
  3. c) bedeutet „Verbrauch“ einer Chemikalie ihre Umwandlung in eine andere Chemikalie mittels chemischer Reaktion.

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