ABSCHNITT 5
Ablehnung und Aufschub der Zusammenarbeit
Artikel 18
Ablehnungsgründe
(1) Die Zusammenarbeit auf Grund dieses Kapitels kann abgelehnt werden, wenn
- a) die erbetene Maßnahme den Grundlagen der Rechtsordnung der ersuchten Vertragspartei widerspricht;
- b) die Erledigung des Ersuchens geeignet ist, die Souveränität, die Sicherheit, die öffentliche Ordnung (ordre public) oder andere wesentliche Interessen der ersuchten Vertragspartei zu beeinträchtigen;
- c) nach Auffassung der ersuchten Vertragspartei die Bedeutung der Angelegenheit, auf die sich das Ersuchen bezieht, die Durchführung der erbetenen Maßnahme nicht rechtfertigt;
- d) die Straftat, auf die sich das Ersuchen bezieht, eine politische oder fiskalische Straftat ist;
- e) nach Auffassung der ersuchten Vertragspartei die erbetene Maßnahme gegen den Grundsatz „ne bis in idem“ verstieße oder
- f) die Straftat, auf die sich das Ersuchen bezieht, nach dem Recht der ersuchten Vertragspartei keine Straftat wäre, wenn sie in ihrem Hoheitsbereich begangen worden wäre. Dieser Ablehnungsgrund findet jedoch auf die in Abschnitt 2 vorgesehene Zusammenarbeit nur insoweit Anwendung, als die erbetene Unterstützung Zwangsmaßnahmen umfaßt.
(2) Die Zusammenarbeit nach Abschnitt 2, soweit die erbetene Unterstützung Zwangsmaßnahmen umfaßt, und nach Abschnitt 3 kann auch abgelehnt werden, wenn die erbetenen Maßnahmen nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall zu Ermittlungs- oder Verfahrenszwecken nicht getroffen werden könnten.
(3) Wenn es das Recht der ersuchten Vertragspartei erfordert, kann die Zusammenarbeit nach Abschnitt 2, soweit die erbetene Unterstützung Zwangsmaßnahmen umfaßt, und nach Abschnitt 3 auch abgelehnt werden, wenn die erbetenen Maßnahmen oder Maßnahmen mit ähnlichen Wirkungen nach dem Recht der ersuchenden Vertragspartei nicht zulässig wären oder wenn, was die zuständigen Behörden der ersuchenden Vertragspartei betrifft, das Ersuchen weder von einem Strafrichter noch von einer anderen in Strafsachen tätigen Justizbehörde einschließlich der Staatsanwaltschaft genehmigt ist.
(4) Die Zusammenarbeit nach Abschnitt 4 kann auch abgelehnt werden, wenn
- a) das Recht der ersuchten Vertragspartei eine Einziehung für die Art von Straftat, auf die sich das Ersuchen bezieht, nicht vorsieht;
- b) sie unbeschadet der Verpflichtung nach Artikel 13 Absatz 3 den Grundsätzen des innerstaatlichen Rechts der ersuchten Vertragspartei bezüglich der Beschränkung der Einziehung im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen einer Straftat und
- i) einem wirtschaftlichen Vorteil, der als Ertrag daraus gelten könnte, oder
- ii) den Vermögensgegenständen, die als Tatwerkzeuge gelten könnten, widerspräche;
- c) die Einziehungsentscheidung nach dem Recht der ersuchten Vertragspartei wegen Verjährung nicht mehr erlassen oder vollstreckt werden kann;
- d) das Ersuchen sich weder auf eine zuvor ergangene Verurteilung noch auf eine gerichtliche Entscheidung noch auf eine in einer solchen Entscheidung enthaltene Feststellung, daß eine oder mehrere Straftaten begangen wurden, bezieht, auf deren Grundlage die Einziehungsentscheidung oder das Einziehungsersuchen ergangen ist;
- e) die Einziehung im ersuchenden Vertragsstaat nicht vollstreckbar ist oder noch mit ordentlichen Rechtsmitteln angefochten werden kann oder
- f) das Ersuchen sich auf eine Einziehungsentscheidung bezieht, die in Abwesenheit der Person, gegen die sie erlassen wurde, ergangen ist, und nach Auffassung der ersuchten Vertragspartei in dem von der ersuchenden Vertragspartei eingeleiteten Verfahren, das zu dieser Entscheidung geführt hat, die jedem Angeklagten zustehenden Mindestrechte der Verteidigung nicht gewahrt wurden.
(5) Als Abwesenheitsentscheidung im Sinne des Absatzes 4 lit. f gilt eine Entscheidung nicht, wenn sie
- a) nach Einspruch des Betroffenen bestätigt oder verkündet wurde oder
- b) in einem Rechtsmittelverfahren ergangen ist und das Rechtsmittel von dem Betroffenen eingelegt wurde.
(6) Bei der Prüfung für die Zwecke des Absatzes 4 lit. f, ob die Mindestrechte der Verteidigung gewahrt wurden, berücksichtigt die ersuchte Vertragspartei den Umstand, daß der Betroffene bewußt versucht hat, sich der Justiz zu entziehen, oder sich dafür entschieden hat, kein Rechtsmittel gegen die Abwesenheitsentscheidung einzulegen, obwohl er die Möglichkeit dazu gehabt hat. Dies gilt auch, wenn sich der Betroffene nach ordnungsgemäßer Ladung dafür entschieden hat, weder zu erscheinen noch eine Vertagung zu beantragen.
(7) Eine Vertragspartei darf nicht jegliche Zusammenarbeit nach diesem Kapitel unter Berufung auf das Bankgeheimnis ablehnen. Wenn ihr innerstaatliches Recht dies erfordert, kann eine Vertragspartei verlangen, daß ein Ersuchen um Zusammenarbeit, das die Aufhebung des Bankgeheimnisses umfassen würde, von einem Strafrichter oder einer anderen in Strafsachen tätigen Justizbehörde einschließlich der Staatsanwaltschaft genehmigt ist.
(8) Unbeschadet des Ablehnungsgrunds nach Absatz 1 lit. a
- a) darf die ersuchte Vertragspartei die Tatsache, daß die von den Behörden der ersuchenden Vertragspartei geführten Ermittlungen oder die von ihnen erlassene Einziehungsentscheidung eine juristische Person betreffen, nicht als Hindernis für jegliche Zusammenarbeit nach diesem Kapitel geltend machen;
- b) darf die Tatsache, daß die natürliche Person, gegen die eine auf Einziehung von Erträgen lautende Entscheidung ergangen ist, später verstorben ist, oder die Tatsache, daß eine juristische Person, gegen die eine auf Einziehung von Erträgen lautende Entscheidung ergangen ist, später aufgelöst wurde, nicht als Hindernis für die Unterstützung nach Artikel 13 Absatz 1 lit. a geltend gemacht werden.
Schlagworte
Ermittlungszweck
Zuletzt aktualisiert am
03.03.2023
Gesetzesnummer
10003489
Dokumentnummer
NOR12039634
alte Dokumentnummer
N2199748884L
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