https://elibrary.verlagoesterreich.at/article/99.105005/pm201003014201
„Esse ich noch eine Portion Nachtisch oder besser nicht“? Wer kennt sie nicht, die wiederkehrenden, oftmals komplexen „Verhandlungssituationen“, die ohne externe Verhandlungspartner im eigenen Inneren ausgefochten werden. „Engel links, Teufel rechts...“ beschreibt die Hamburger Band „Fettes Brot“ die Situation zuletzt in ihrem in diesen Tagen neuaufgelegten Klassiker, in dem „Jein“ das Ergebnis des inneren Verhandlungsprozesses darstellt2 . Bei zwei Stimmen muss es aber nicht bleiben, auch vielstimmige, multipolare Konstellationen sind nicht unbekannt. Wer oder was „gewinnt“ solche Verhandlungen im Inneren, und wie laufen solche Konfliktlösungsprozesse ab? Können auch in diesem Kontext Werkzeuge, wie beispielsweise lösungs- und interessenorientierte Verhandlungstaktiken, kreative Problemlösungen oder die „Kuchenerweiterung“ (im Hinblick auf die Nachtischfrage ausnahmsweise auch in wortwörtlicher Bedeutung) gewinnbringend eingesetzt werden? Ausgehend von der Überlegung, dass solche inneren Verhandlungen häufig die Außenwelt beeinflussen und oftmals den Grundstein für externe Konflikte bilden, begaben sich die studentischen Herausgeberinnen und Herausgeber der Harvard Negotiation Law Review (HNLR) auf die Suche nach Antworten auf diese Fragen. Die Erkenntnis, dass Verhandlungen und Konflikte im Inneren an der Schnittstelle zur Psychologie bislang recht wenig Beachtung in der wissenschaftlichen Bearbeitung der Verhandlungstheorie gefunden haben, bewog sie, dieses Thema auf die Tagesordnung ihres alle zwei Jahre stattfindenden eintägigen Symposiums zu setzen.