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Grenzgängerregelung iZm Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaften.

4. VwGH – Finanzrecht39.03 DoppelbesteuerungMag. Andrea EbnerJus-Extra VwGH-F 2023/3686Jus-Extra VwGH-F 2023, 30 Heft 430 v. 23.10.2023

Art 15 DBAbk Deutschland 2002

Im Revisionsfall strittig war die Frage der Grenzgängerinneneigenschaft iSd DBA Deutschland-Österreich einer Spitalsärztin mit über Nacht dauernden Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaften.

Die Grenzgängerregelung des DBA-Deutschland enthält im Hinblick auf das Erfordernis des (arbeits)täglichen Pendelns der von ihr erfassten Arbeitnehmenden ihrem Wortlaut nach („täglich von ihrem Arbeitsort an ihren Wohnsitz zurückkehrt“) keine explizite „Toleranzregel“. Der VwGH hat sich bereits zum alten DBA-Schweiz aus 1953 BGBl Nr 251/1954, das ebenfalls keine explizite Toleranzregel kannte, festgehalten, dass in einer Verständigungsvereinbarung zwischen den Finanzverwaltungen der damaligen Vertragsstaaten betreffend eines Toleranzvorbehalts „zweifellos insoweit eine angemessene Auslegung des Gesetzes erblickt werden [kann], als eine Überschreitung der Grenze nicht buchstäblich für jeden Arbeitstag gefordert wird, sondern sinngemäß als Grenzgänger bereits derjenige angesehen wird, der in der Regel täglich vom Arbeitsort in den Wohnsitzstaat zurückkehrt, sodaß nur ausnahmsweise Übernachtungen des Steuerpflichtigen am Arbeitsort noch nicht zum Verlust der Grenzgängereigenschaft führen.“ Dagegen wäre es mit dem Abkommen nicht mehr vereinbar, wenn „auch bei regelmäßiger Übernachtung am Arbeitsort der Steuerpflichtige dennoch als Grenzgänger angesehen werden soll“ (vgl VwGH 30.11.1962, 364/61). Diese Auslegung gilt vor dem Hintergrund der beschriebenen Teleologie der Aufnahme von Grenzgängerregelungen in Doppelbesteuerungsabkommen, die nicht durch einzelne Nichtrückkehrtage in Frage gestellt wird, nach der Überzeugung des VwGH auch für das DBA-Deutschland. Der für Art 15 Abs 6 DBA-Deutschland relevante Arbeitstag ist nicht als bestimmter Kalendertag, sondern grundsätzlich als ein 24-Stunden-Intervall ab Arbeitsantritt zu verstehen. Der Antritt einer 24-Stunden-Arbeitsschicht inklusive Bereitschaftsdienst im Tätigkeitsort mit nachfolgendem unmittelbaren Rückpendeln an den Wohnsitz ist insofern nicht geeignet, das beschriebene enge Band einer täglichen Arbeitsrückkehr zu durchbrechen. Selbst geringfügige zeitliche Überschreitungen dieses 24-Stunden-Intervalls (für Vor- und Nachbereitungen) sind dabei nach Ansicht des VwGH unschädlich. Anders verhält es sich, wenn an einen 24-Stunden-Bereitschaftsdienst anschließend auch noch ein Normalarbeitsdienst im Tätigkeitsort zu leisten ist und damit der Rahmen eines einzelnen Arbeitstages bereits deutlich überschritten ist. Hier kann nicht mehr von einem Arbeitstag gesprochen werden, nach dem die Arbeitnehmenden an ihren Wohnsitz zurückkehren können. Vielmehr müssen sie in einem solchen Fall berufsbedingt über einen vollen 24-Stunden-Arbeitstag hinaus zusammenhängend am Betriebsstandort verweilen, womit diesfalls von einem betrieblich bedingten Nichtrückkehrtag auszugehen ist.

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