vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Bodenreform, Flurverfassung, Ausnahmeregelung – Regel, Prüfungsumfang, Verwerfungsumfang.

2. Verfassungsgerichtshof10 VerfassungsrechtMag. Mirha Karahodžić , Dr. Valerie Trofaier-LeskovarJus-Extra VfGH 2017/5412Jus-Extra VfGH 2017, 2 Heft 369 v. 1.1.2017

Art 7 B-VG, Art 140 Abs 1 B-VG, § 33 Abs 2 lit c Tir FlVLG, § 36h Tir FlVLG, § 36k Tir FlVLG, § 46 Tir FlVLG, § 49a Tir FlVLG, § 49b Tir FlVLG, § 49c Tir FlVLG, § 86d Tir FlVLG, Art 5 StGG

Seite 2


Teilweise Zulässigkeit eines Drittelantrags von Mitgliedern des Tiroler Landtages auf Aufhebung von Bestimmungen des TFLG 1996 idF LGBl Nr 70/2014; der Antrag auf Aufhebung des § 36h Abs 3 lit a TFLG 1996 sowie zweier Wortfolgen in § 36k Abs 2 leg cit (betreffend die Höhe des auf die landwirtschaftliche Nutzung [Weide] entfallenden Teiles des Bewirtschaftungsbeitrages sowie eine Verordnungsermächtigung) erweist sich als zu eng und damit als unzulässig, weil § 36h Abs 3 und § 36k Abs 2 leg cit in einem untrennbaren Zusammenhang stehen; Zulässigkeit des Eventualantrags auf Aufhebung des § 36h und § 36k Abs 2 TFLG 1996, soweit er sich gegen § 36h Abs 3 und Abs 4 sowie gegen § 36k Abs 2 TFLG 1996 richtet; die zu weite Anfechtung der nicht in einem untrennbaren Zusammenhang zu § 36h Abs 3 und Abs 4 stehenden Abs 1 und Abs 2 des § 36h leg cit macht nicht den ganzen Eventualantrag unzulässig, sondern führt lediglich zu seiner Zurückweisung in jenem Teil; die gegen die angefochtenen Teile des in § 49a ff TFLG 1996 geregelten Auseinandersetzungsverfahrens (sowie gegen § 46 Abs 1 leg cit) vorgebrachten Bedenken richten sich im Wesentlichen gegen zwei in § 49b Abs 1 und Abs 2 leg cit normierte Varianten dieses Verfahrens; wenn die Normen aber im Falle ihrer bloß teilweisen Aufhebung einen Inhalt erhielten, der dem Normgeber nicht mehr zusinnbar ist, müssten sie für den Fall ihrer Verfassungswidrigkeit zur Gänze aufgehoben und daher auch zur Gänze angefochten werden; keine Prozesshindernisse hinsichtlich des auf Aufhebung des § 86d TFLG 1996 gerichteten Antrags; Abweisung, soweit sich der Antrag gegen § 36h Abs 3 und Abs 4 sowie gegen § 36k Abs 2 TFLG 1996 richtet: dem Landesgesetzgeber ist nicht entgegenzutreten, wenn er die Grundlage dafür geschaffen hat, die Bemessung der Bewirtschaftungsbeiträge für die Ausübung sowohl der land- als auch der forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte durch eine generelle Norm vorzunehmen, die sich auf bestimmte Durchschnittsgrößen im jeweiligen politischen Bezirk stützt; diese Bestimmung ermöglicht somit weder für die Benutzung von Weide noch von Wald eine Abrechnung der tatsächlich aufgelaufenen Aufwendungen in der jeweiligen einzelnen atypischen Gemeindegutsagrargemeinschaft; es verletzt weder den Gleichheitssatz noch das Eigentumsgrundrecht, wenn der Gesetzgeber innerhalb des eingeräumten rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes zur Festsetzung eines angemessenen Beitrages ermächtigt und bei der Bemessung an sachliche Gesichtspunkte anknüpft; Aufhebung des § 86d TFLG 1996 idF LGBl Nr 70/2014 wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz: nach den Erläuternden Bemerkungen geht der Gesetzgeber als Regelfall von einer gewissen Korrelation von erbrachten Leistungen und vorgenommenen zulässigen Ausschüttungen aus; diese Prämisse mag im Rahmen einer (zulässigen) Durchschnittsbetrachtung für die Vergangenheit zutreffen, jedoch nicht auf jene Fälle, in denen in der Regel keine Korrelation zwischen den vereinnahmten Beträgen einerseits und den erbrachten Leistungen der Nutzungsberechtigten andererseits besteht, wie zB bei den Grundbenützungsentgelten (für Schilifte und Pisten, Golfplätze, Schottergruben, Handymasten sowie für ober- und unterirdische Leitungen); keine hinzunehmenden „Härtefälle“ als Folge einer Durchschnittsbetrachtung; keine nicht vermeidbaren „Systemfehler“ (vgl VfSlg 19763/2013); bei den angesprochenen Erlösen handelt es sich keineswegs um nicht vorhersehbare Fallkonstellationen; angesichts der namhaften Beträge, die im Einzelfall strittig sein können, kann auch nicht von einem geringen Maß der Intensität gesprochen werden; § 86d Abs 1 TFLG 1996 trifft mit seiner Differenzierung hinsichtlich der unentgeltlichen und entgeltlichen Zuwendungen in den lit a und lit b zudem eine gleichheitswidrige Regelung; in VfSlg 18446/2008 wurde unter Hinweis auf VfSlg 9336/1982 klargestellt, dass der Substanzwert am Gemeindegut seit jeher der Gemeinde zugestanden ist; wenn nun geldwerte entgeltliche Zuwendungen, die den Substanzwert der Gemeinde geschmälert haben, nur unter den engen Voraussetzungen des § 86d Abs 1 lit b TFLG 1996 einer vermögensrechtlichen Auseinandersetzung unterliegen, wird damit gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz verstoßen; ebenso verletzt das Abstellen auf Informationsschreiben der Agrarbehörde erster Instanz im Gefolge von Erkenntnissen des VfGH den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz, weil damit an Vorgänge angeknüpft wird, die zur Gänze vom Belieben und von manipulativen Umständen einer Verwaltungsbehörde abhängen; Abstellen auf – sachlich gerechtfertigte – Stichtage jedoch zulässig; Aufhebung des § 86d TFLG 1996 zur Gänze infolge eines untrennbaren Zusammenhanges zwischen der Grundregel des § 86 Abs 1 erster Satz TFLG 1996 und den Ausnahmen (zweiter Satz) sowie zwischen den Ausnahmetatbeständen der lit a bis lit c und den übrigen Absätzen.

Sie möchten den gesamten Inhalt lesen?

Melden Sie sich bei Lexis 360® an.
Anmelden

Sie haben noch keinen Zugang?
Testen Sie Lexis 360® zwei Wochen kostenlos!
Jetzt testen!

Stichworte