Art 11 Abs 2 B-VG, Art 136 Abs 2 B-VG, Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG, Art 140 Abs 1a B-VG, § 62a Abs 1 Z 4 VfGG, § 37 Abs 1 MietrechtsG
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Verfassungswidrigkeit der generellen Ausnahme aller in einer Bestimmung des Mietrechtsgesetzes geregelten Verfahren von der Möglichkeit der Stellung eines Parteiantrags auf Normenkontrolle; Aufhebung der Wortfolge „§ 37 Abs 1 MRG,“ in § 62a Abs 1 Z 4 VfGG idF BGBl I Nr 92/2014 wegen Verstoßes gegen Art 140 Abs 1a erster Satz B-VG; Art 140 Abs 1a B-VG bildet (ebenso wie Art 139 Abs 1a B-VG) eine nicht nach der Qualität des Anfechtungsobjekts, sondern nach den Verfahren differenzierende Beschränkung der Zuständigkeit des VfGH, die gleichzeitig mit der Erweiterung der Zuständigkeit des VfGH im Bereich der Normenkontrolle in das B-VG aufgenommen wurde; Schaffung des Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG und die Ausweitung des Kreises der antragsbefugten ordentlichen Gerichte ergänzt das System der verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle im Interesse des Rechtsschutzes; Verpflichtung der (ordentlichen) Gerichte, bei Bedenken betreffend die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes einen Antrag an den VfGH zu stellen und die den Parteien eines Verfahrens vor den ordentlichen Gerichten zustehende Befugnis, diese Bedenken allenfalls von sich aus an den VfGH heranzutragen, stehen in engem historischen und systematischen Zusammenhang; Erweiterung der Zuständigkeit des VfGH umfasste zum einen die Ausweitung des Kreises der anfechtungsbefugten (ordentlichen) Gerichte auf alle (auch die erstinstanzlichen) Gerichte, zum anderen eine Erstreckung der Befugnis von anfechtungsberechtigten Personen auf Parteien eines Gerichtsverfahrens; Zuständigkeit des VfGH zur Normenkontrolle ist zentrales Element des rechtsstaatlichen Prinzips der österreichischen Bundesverfassung; damit Lücke im Rechtsschutzsystem geschlossen; gleichzeitig war der Verfassungsgesetzgeber, wie sich aus den Materialien ergibt, davon bestimmt, Verfahrensverzögerungen durch Parteianträge auf Gesetzesprüfung möglichst hintanzuhalten (vgl die Befugnis zur Ablehnung von Parteianträgen; vgl weiters die Entschließung vom 13.6.2013, 310/E 24. GP); Art 140 Abs 1a B-VG ist als eine eng begrenzte Ausnahme von der grundsätzlich gegen alle Bundes- und Landesgesetze offen stehenden Anfechtungsberechtigung anzusehen, die durch die Erforderlichkeit des Ausschlusses des Rechtsbehelfs im Hinblick auf den Zweck des (gerichtlichen) Verfahrens bestimmt wird, wobei den mit dem zeitlichen Aspekt zusammenhängenden Elementen der Sicherung des Verfahrenszwecks wenigstens auch durch andere verfahrensrechtliche Vorkehrungen Rechnung getragen werden sollte; der VfGH ging in seinem Prüfungsbeschluss unter Hinweis auf den Wortlaut des Art 140 Abs 1a erster Satz B-VG und die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Bundesgesetzes BGBl I Nr 92/2014 (263 BlgNR 25. GP ) davon aus, dass die Stellung eines Antrages nach Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG durch Bundesgesetz nur in jenen Fällen für unzulässig erklärt werden dürfte, in denen dies „unerlässlich“ für die Sicherung des Zwecks des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht ist; Gesetzesmaterialien verweisen zur Auslegung des Erfordernisses der „Unerlässlichkeit“ ausdrücklich auf die Judikatur des VfGH zu Art 11 Abs 2 B-VG und auf Art 136 Abs 2 B-VG idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012; Kriterien der Erforderlichkeit in Art 11 Abs 2 B-VG und in Art 136 Abs 2 B-VG verfolgen im Hinblick auf die Begrenzung der Ermächtigungen das Ziel der Wahrung einer Einheitlichkeit im Verfahrensrecht vor Verwaltungsbehörden bzw Verwaltungsgerichten; damit sind sie gleich dem Art 140 B-VG, der eine möglichst umfassende Kontrolle der Gesetze am Maßstab der Bundesverfassung bezweckt, auf die Verwirklichung der durch das Siebente Hauptstück maßgeblich ausgeformten Rechtsstaatlichkeit gerichtet; eine an diesem Regelungszweck ausgerichtete historisch-systematische Auslegung des Art 140 Abs 1a B-VG führt daher zum Ergebnis, dass die in dieser Bestimmung mit dem Kriterium der Erforderlichkeit beschränkte Ermächtigung an den Gesetzgeber, den Zugang zum VfGH zu begrenzen, eng im Sinne einer „Unerlässlichkeit“ zu verstehen ist; unerlässlich ist die Ausnahme der Möglichkeit, eine Gesetzesbeschwerde zu erheben, in Verfahren, in denen die Stellung eines Antrages nach Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG und die nachfolgende Durchführung eines Verfahrens vor dem VfGH den Zweck des Verfahrens vereiteln würde (zB in Provisorialverfahren); die im Prüfungsbeschluss vorläufig getroffene Annahme, dass es jedenfalls nicht für alle Fälle des § 37 Abs 1 MRG zur Sicherung des Zwecks des Verfahrens im beschriebenen Sinn unerlässlich sein dürfte, die Stellung eines Antrages nach Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG durch Bundesgesetz für unzulässig zu erklären, hat sich im Gesetzesprüfungsverfahren bestätigt; § 62a Abs 1 Z 4 VfGG sieht unter anderem vor, dass in Verfahren gemäß § 37 Abs 1 MRG die Stellung eines Antrages nach Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG unzulässig ist; für § 62a Abs 1 Z 4 VfGG ist sohin unter anderem § 37 Abs 1 MRG maßgeblich; durch diese Verweisung wird der Kreis der durch die Aufzählung umschriebenen Verfahren vom Anwendungsbereich des Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG ausgenommen; Materialien zur B-VG Novelle BGBl I Nr 114/2013 enthalten keinen Hinweis darauf, dass der Verfassungsgesetzgeber die Verfahren nach § 37 Abs 1 MRG schlechthin als solche ansieht, anlässlich derer die Stellung eines Antrages nach Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG jedenfalls unzulässig sein soll; alleine der zeitliche Aspekt der „Verfahrensverzögerung“ durch die Stellung eines Antrages nach