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Die medizinische Behandlung – gesetzliche Grundlagen und erste Erfahrungen des Erwachsenenschutzvereins (ErwSchV) als besonderer Rechtsbeistand im Verfahren gem § 131 Abs 1 Z 1 u 2 AußStrG11§ 131 AußStrG regelt die gerichtliche Kontrolle von Rechtshandlungen in der Personensorge: Die Genehmigung der Zustimmung des VV oder EV zu einer medizinischen Behandlung (Abs 1 Z 1), die Ersetzung der von einem Vertreter verweigerten Zustimmung (Abs 1 Z 2), die Genehmigung der Zustimmung des EV oder VV zu einer Forschung an der betroffenen Person, die diese ablehnt (Abs 1 Z 3), die Genehmigung der Entscheidung des EV oder VV über eine dauerhafte Änderung des Wohnortes (Abs 2), die Genehmigung der Zustimmung zu einer medizinischen Maßnahme, die eine dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit der betroffenen Person zum Ziel hat (Abs 3).

FachbeiträgeMag.a Andrea Haberl , Mag.a Grainne Nebois–ZemanJMG 2020, 83 Heft 2 v. 30.6.2020

Gem Art 12 UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention) ist Österreich dazu verpflichtet, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderung die Unterstützung zukommen zu lassen, die nötig ist, damit sie ihre Rechts- und Handlungsfähigkeit ausüben können. In diesem Sinn war es Ziel des 2. Erwachsenenschutz - Gesetzes (2. ErwSchG)22BGBl I 2017/59., die Autonomie der betroffenen Personen auszubauen und deren Selbstbestimmungsrecht zu stärken. Auch das Behandlungsrecht des ABGB (§ 252 ff) ist von den Grundsätzen des Erwachsenenschutzrechts (Selbstbestimmung, Nachrang der Stellvertretung, Selbstbestimmung trotz Stellvertretung)33Vgl §§ 239 bis 241 ABGB. geprägt. Betroffene Personen entscheiden, soweit sie entscheidungsfähig sind, immer selbstbestimmt über eine Behandlung. Bei vermuteter Entscheidungsunfähigkeit ist „nachweislich“ das Beiziehen von Unterstützern vorgesehen. Ist aufgrund von Entscheidungsunfähigkeit die Entscheidung des gesetzlichen Vertreters erforderlich, hat sich dieser in seiner Entscheidung vom Willen der vertretenen Person leiten zu lassen. Stimmen die beabsichtigte Vertreterentscheidung und der Wille der vertretenen Person nicht überein, bedarf die Vertreterzustimmung der gerichtlichen Genehmigung bzw. hat das Gericht die Zustimmung des Vertreters zu ersetzen oder einen anderen Vertreter zu bestellen (§ 254 Abs 1 u 2 ABGB iVm § 131 Abs 1 Z 1 u 2 AußStrG). In diesem Verfahren werden jene Personen, die nicht vom Erwachsenenschutzverein (ErwSchV) als gerichtlicher Erwachsenenvertreter vertreten sind, durch den Verein als besonderer Rechtsbeistand vertreten. Dieser ist im Verfahren Verfahrensvertreter und „Sprachrohr“ der betroffenen Personen. Daneben achtet er, abhängig vom Einzelfall auch darauf, dass notwendige (offene) Fragen im Zusammenhang mit der Entscheidungsfähigkeit und Erforderlichkeit der Behandlung geklärt werden.

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