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31. Exkurs: Bundesverwaltungsabgaben gemäß §§ 78 ff AVG

BMF2025-0.125.2831.4.2025

31.1. Allgemeines

Rz 1781
Den Bundesverwaltungsabgaben nach §§ 78 ff AVG iVm BVwAbgV unterliegen Verleihungen von Berechtigungen oder sonstige wesentlich im Privatinteresse der Parteien liegende Amtshandlungen, die von Behörden in Angelegenheiten der Bundesverwaltung vorgenommen werden.

Rz 1782
Angelegenheiten der Bundesverwaltung umfassen Angelegenheiten der unmittelbaren oder mittelbaren Bundesverwaltung sowie des übertragenen Wirkungsbereiches der Gemeinden in Bundesangelegenheiten. Der Behördenbegriff der BVwAbgV ist somit ein funktioneller und kein organisatorischer.

Rz 1783
Keine Bundesverwaltungsabgaben sind im Verwaltungsstrafverfahren und im Verwaltungsvollstreckungsverfahren zu entrichten. Darüber hinaus findet die BVwAbgV auch in solchen Verfahren keine Anwendung, denen andere Verfahrensgesetze als das AVG zugrunde liegen (zB Abgabenverfahren nach der BAO).

31.1.1. Begriff der Bundesverwaltungsabgaben

Rz 1784
Bundesverwaltungsabgaben sind öffentliche Abgaben iSd Finanzverfassung. Das sind einmalige oder laufende Geldleistungen, die kraft öffentlichen Rechtes auf Grund genereller Normen allen auferlegt werden, die die objektiven Tatbestände der materiellen Abgabengesetze erfüllen.

31.1.2. Zuständigkeit

31.1.2.1. Einhebung

Rz 1785
Die Bundesverwaltungsabgaben sind von der Behörde einzuheben und fließen der Gebietskörperschaft zu, die deren Aufwand zu tragen hat. Den Aufwand trägt jene Gebietskörperschaft, welcher die handelnde Behörde organisatorisch zuzurechnen ist. Dies ist im Fall der unmittelbaren und mittelbaren Bundesverwaltung der Bund oder das Land und, im Fall des übertragenen Wirkungsbereiches der Gemeinde, die Gemeinde selbst.

Beispiel:

Bei einem Bürgermeister wird eine Strafregisterbescheinigung beantragt. Die Ausstellung einer Strafregisterbescheinigung liegt im übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde (§ 10 Abs. 1 Strafregistergesetz 1968). Die Bundesverwaltungsabgabe iHv 2,10 Euro für die Ausstellung der Strafregisterbescheinigung fließt daher der Gemeinde selbst zu.

Rz 1786
Unter dem Begriff "Einhebung" ist die Entgegennahme der "ohne weiteres" entrichteten Abgaben zu verstehen. Davon zu unterscheiden ist die Einbringung, somit die Vollstreckung der Abgaben.

31.1.2.2. Einbringung

Rz 1787
Die Zuständigkeit für die Einbringung der Bundesverwaltungsabgaben, somit deren Vollstreckung, ergibt sich aus den Bestimmungen des VVG.

Rz 1788
Die Vollstreckung von Bundesverwaltungsabgaben (Einbringung von Geldleistungen) obliegt gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG grundsätzlich der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständiger Vollstreckungsbehörde.

Die Vollstreckungsbehörde hat die Eintreibung der Bundesverwaltungsabgaben beim zuständigen Bezirksgericht zu veranlassen. Dazu hat die Vollstreckungsbehörde gemäß § 3 Abs. 1 VVG "im Namen des Berechtigten als Gläubiger" einen Exekutionsantrag an das zuständige Bezirksgericht zu stellen.

Wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist (zB Vorliegen eines eigenen Vollzugsdienstes, Amtsexekutor), kann die Einbringung auch durch die Vollstreckungsbehörde selbst vorgenommen werden.

Gemäß § 3 Abs. 3 VVG können Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) die Eintreibung von Geldleistungen auch selbst - ohne Inanspruchnahme der Bezirksverwaltungsbehörde als Vollstreckungsbehörde - beim zuständigen Bezirksgericht beantragen.

Beispiel:

Für die Ausstellung von zehn Strafregisterbescheinigungen durch einen Bürgermeister sind insgesamt 21 Euro Bundesverwaltungsabgabe zu entrichten. Der Schuldner entrichtet die Bundesverwaltungsabgaben nicht.

Die Bundesverwaltungsabgabe kann nun auf verschiedene Weise vollstreckt werden:

1. Der Bürgermeister stellt ein Vollstreckungsersuchen an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde. Die Bezirksverwaltungsbehörde stellt im Namen der Gemeinde einen Exekutionsantrag an das zuständige Bezirksgericht.

2. Der Bürgermeister stellt ein Vollstreckungsersuchen an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde. Da die Bezirksverwaltungsbehörde über einen eigenen Amtsexekutor verfügt, nimmt sie die Exekution selbst vor.

3. Der Bürgermeister stellt selbst einen Exekutionsantrag an das zuständige Bezirksgericht.

Rz 1789
Vor Einleitung des Vollstreckungsverfahrens muss der Schuldner nicht zuerst zur Zahlung der Geldleistung aufgefordert werden.

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