15.1. Mehrere durch ein Rechtsgeschäft begründete Leistungsverpflichtungen
Hat eine Schrift (Urkunde) über ein gebührenpflichtiges Rechtsgeschäft mehrere einzelne Leistungen zum Inhalt oder werden in ein und demselben Rechtsgeschäft verschiedene Leistungen oder eine Hauptleistung und Nebenleistungen bedungen, so ist die Gebühr in dem Betrag zu entrichten, der sich aus der Summe der Gebühren für alle einzelnen Leistungen ergibt. Als Nebenleistungen sind jene zusätzlichen Leistungen anzusehen, zu deren Gewährung ohne ausdrückliche Vereinbarung nach den allgemeinen Rechtsvorschriften keine Verpflichtung besteht (§ 19 Abs. 1 GebG).Dabei kommt es nur auf die vertraglich bedungenen Leistungen, nicht auf die tatsächlich erbrachten Leistungen an (siehe Rz 1303 ff).
Beispiel:
In einem Bestandvertrag wird vereinbart, dass der Mieter verpflichtet ist, den Mietgegenstand versichern zu lassen. Diese Verpflichtung zur Versicherung des Mietgegenstandes ist keine typische Leistung aus dem Bestandvertrag, sondern eine Nebenleistung, die der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen ist.
15.2. Mehrere voneinander unabhängige Rechtsgeschäfte
Werden in einer Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte derselben oder verschiedener Art, die nicht zusammenhängende Bestandteile des Hauptgeschäftes sind, abgeschlossen, so ist grundsätzlich jedes Rechtsgeschäft selbständig zu beurteilen und die Gebühr für jedes einzelne Rechtsgeschäft zu entrichten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 GebG).Beispiel:
In einer Urkunde über einen Mietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten wird von einem Dritten auch eine Bürgschaftserklärung abgegeben und beurkundet.
Es liegen zwei gebührenpflichtige Rechtsgeschäfte vor, nämlich ein Mietvertrag (§ 33 TP 5 GebG) und eine Bürgschaftserklärung (§ 33 TP 7 GebG).
15.3. Gebührenbefreiung für Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte zum Hauptgeschäft
Werden in einer Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte derselben oder verschiedener Art, die nicht zusammenhängende Bestandteile des Hauptgeschäftes sind, abgeschlossen, so ist die Gebühr für jedes einzelne Rechtsgeschäft zu entrichten.Die in der Urkunde über das Hauptgeschäft zwischen denselben Vertragsteilen zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes abgeschlossenen Nebengeschäfte sind gebührenbefreit, wenn das Hauptgeschäft nach diesem Gesetz oder einem Verkehrsteuergesetz einer Gebühr oder Verkehrsteuer unterliegt; für Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte zu Darlehens-, Kredit-, Haftungs- und Garantiekreditverträgen sowie zu den im Rahmen des Factoringgeschäftes (§ 1 Abs. 1 Z 16 BWG) getroffenen Vereinbarungen über die Gewährung eines Rahmens für die Inanspruchnahme von Anzahlungen gilt § 20 Z 5 GebG (siehe Rz 1120 ff).
Der Sicherung eines Hauptgeschäftes dienen Rechtsgeschäfte, die die Zugriffsmöglichkeit des Gläubigers auf das Vermögen des Schuldners oder dritter Personen zur Befriedigung einer Forderung erweitert.Typische Sicherungsgeschäfte sind Bürgschaften, Pfandbestellungen oder Zessionen.
Der Erfüllung eines Hauptgeschäftes dienen in erster Linie Verfügungsgeschäfte, das sind Rechtsgeschäfte, die unmittelbar auf ein bestehendes Recht einwirken, indem sie es übertragen, aufheben oder beschränken. Aber auch Verpflichtungsgeschäfte sind als Erfüllungsgeschäfte möglich. Eine Zession ist ein typisches Erfüllungsgeschäft.15.3.1. Identität der Vertragsparteien
Die Gebührenbefreiung von Erfüllungs- und Sicherungsgeschäften gemäß § 19 Abs. 2 GebG zweiter Satz hängt davon ab, dass diese Geschäfte zwischen denselben Parteien des Hauptgeschäftes abgeschlossen werden.Beispiel 1:
Parteienidentität liegt vor, wenn der Schuldner des Hauptgeschäftes seine Liegenschaft verpfändet oder zur Sicherung eine Forderung zediert.
Beispiel 2:
Parteienidentität liegt auch vor, wenn ein Bürge in der Urkunde über den Bürgschaftsvertrag zur Besicherung der Bürgschaft seine Liegenschaft verpfändet.
Beispiel 3:
Parteienidentität fehlt, wenn ein Dritter sich verbürgt, der Schuld beitritt oder eine Hypothek an seiner Liegenschaft bestellt.