11.1. Haftungsbescheid (§ 224 Abs. 1 BAO)
Eine Besicherung von Abgabenansprüchen kann gesetzlich in folgenden Formen vorgesehen sein:- Gesamtschuldverhältnis kraft Gesetzes
- Persönliche Haftung
- Sachhaftung
Um die Einbringung der Klage ist die Finanzprokuratur zu ersuchen.
11.2. Sondervorschriften (§ 224 Abs. 2 BAO)
Abgabenvorschriften, die vom § 224 Abs. 1 zweiter Satz BAO abweichende Regelungen über die Fälligkeit von Haftungsschulden treffen, sind als speziellere Vorschriften in ihrem Anwendungsbereich stärker als die Regelungen des § 224 BAO. Wer Abgaben einzubehalten und abzuführen hat und hiefür haftet, ist verpflichtet, zu den gesetzlich festgelegten Terminen die Abgaben zu entrichten, ohne dass es eines Haftungsbescheides bedarf. Ergibt sich später, dass die vom Abfuhrpflichtigen abgeführten Abgaben zu gering waren, so ist im Haftungsbescheid keine neue Fälligkeit zu setzen (zB Abfuhrdifferenzen betreffend Lohnsteuer im Fall der Inanspruchnahme des Arbeitgebers mit Haftungsbescheid). Ergibt sich somit die Fälligkeit aus einer gesetzlichen Vorschrift, so löst ein Haftungsbescheid keine neue Fälligkeit aus (siehe auch Rz 40).Beispiele:
Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer, im Abzugsweg zu erhebende Einkommensteuer beschränkt Abgabepflichtiger gemäß § 99 EStG 1988.
11.3. Erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich Erlassung eines Haftungsbescheides (§ 224 Abs. 3 BAO)
Die Geltendmachung der Haftung unterliegt als Einhebungsmaßnahme der Einhebungsverjährung, die vom Eintritt der Fälligkeit der Abgabe abhängig ist (siehe Rz 9 und Rz 28). In den Fällen einer von der Bekanntgabe eines Abgabenbescheides abhängigen Fälligkeit ist daher eine solche Bekanntgabe Voraussetzung für den Beginn des Laufes der Einhebungsverjährungsfrist. Mangels einer derartigen Bekanntgabe gegenüber dem Erstschuldner wäre somit eine zeitlich unbegrenzte Inanspruchnahme des Haftungspflichtigen möglich. Um dies zu verhindern, sieht § 224 Abs. 3 BAO vor, dass die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich der Erlassung eines Haftungsbescheides nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe (§§ 207 bis 209a BAO) nicht mehr zulässig ist (Bedachtnahme auf die Bemessungsverjährung im Einhebungsrecht).Aus § 224 Abs. 3 BAO ergibt sich, dass eine Haftung vor der Inanspruchnahme des Erstschuldners geltend gemacht werden darf (VwGH 19.9.2001, 2001/16/0171; VwGH 30.4.2003, 2002/16/0276). Abgabenrechtliche Haftungen haben insoweit keinen bescheidakzessorischen Charakter (VwGH 17.9.1996, 92/14/0138; VwGH 15.12.1999, 98/13/0060). Dies wird etwa dann der Fall sein, wenn eine Inanspruchnahme des Erstschuldners nicht möglich ist, zB weil es sich bei diesem um eine im Firmenbuch gelöschte und beendigte juristische Person gehandelt hat. Abgabenrechtliche Haftungen haben somit insoweit keinen subsidiären Charakter (VwGH 27.9.1990, 89/16/0225; VwGH 21.3.1995, 94/14/0156; siehe auch Rz 1236).Ob eine Inanspruchnahme des Haftenden vor dem Erstschuldner erfolgt, liegt im Ermessen der Behörde (siehe Rz 1236).Wenn auch dem Erstschuldner gegenüber der Anspruch noch nicht geltend gemacht wurde, so wird durch den Haftungsbescheid dennoch ein Gesamtschuldverhältnis begründet, das dem Erstschuldner gegenüber allerdings erst mit Erlassung des Abgabenbescheides wirksam wird (VwGH 28.6.1989, 88/16/0210; VwGH 27.6.1991, 90/16/0097).In den Fällen des § 224 Abs. 3 BAO tritt durch den Haftungsbescheid dem Erstschuldner gegenüber eine Fälligkeit nicht ein.Zusatzinformationen:
Betroffene Normen:
- § 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 224 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 224 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 93 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 96 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961