3.7. Gefährdung der Einbringlichkeit
Besteht bereits eine Gefährdung der Einbringlichkeit, dann ist für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung ebenso kein Raum, wie wenn die Einbringlichkeit erst durch die Zahlungserleichterung selbst gefährdet würde (VwGH 20.9.2001, 2001/15/0056; VwGH 22.4.2004, 2003/15/0112).Für die Annahme einer Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben braucht es noch nicht zu einem Abgabenausfall gekommen zu sein. Es reicht aus, wenn das Aufkommen in Gefahr gerät (VwGH 18.9.2000, 2000/17/0094). Bei einer Gefährdung handelt es sich um das Vorstadium eines Abgabenausfalles, in dem eine Tendenz erkennbar ist, dass die Abgabe nicht bezahlt werden wird. Für diese Gefährdung muss es Anhaltspunkte tatsächlicher Art geben, sie darf nicht nur vermutet werden (VwGH 26.1.1989, 88/16/0015). Schlechte Einkommens- und Vermögensverhältnisse, voraussehbar geringes künftiges Einkommen, Vermögenslosigkeit oder Vorbelastungen sind Gegebenheiten, die es im Allgemeinen rechtfertigen, eine Gefährdung der Einbringlichkeit anzunehmen (VwGH 18.9.2000, 2000/17/0094). Mit dem Vorbringen im Antrag um Zahlungserleichterung, der Abgabepflichtige könne die Abgabe aus eigenen Mitteln nicht bezahlen und eine Kreditfinanzierung komme nicht in Frage, wird eine Gefährdung der Einbringung dargetan (VwGH 20.9.2001, 2001/15/0056).Zur Beseitigung einer Gefährdung der Einbringlichkeit können vom Abgabepflichtigen entsprechende Sicherheitsleistungen angeboten werden, damit eine Zahlungserleichterungsbewilligung zulässig wird. In einem solchen Fall hat die Sicherheitsleistung vor der (letztinstanzlichen) Entscheidung über das Zahlungserleichterungsansuchen zu erfolgen, weil im Zeitpunkt der Entscheidung die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 212 BAO erfüllt sein müssen. Wenn die Behörde die in einem Verfahren betreffend Zahlungserleichterung angebotenen Sicherheitsleistungen nicht zulässt, hat sie dies in dem das Zahlungserleichterungsansuchen abweisenden Bescheid zu begründen (VwGH 17.12.1996, 96/14/0037).Bietet der Abgabepflichtige im Zusammenhang mit einem Ansuchen um Zahlungserleichterung eine Bankgarantie an, so kann damit gegebenenfalls die einer Zahlungserleichterungsbewilligung ansonsten entgegenstehende Gefährdung der Einbringlichkeit beseitigt werden.Die Bankgarantie ist im Gegensatz zur Bürgschaft nicht akzessorisch, dh. vom Grundverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner unabhängig. Das die Bankgarantie einräumende Kreditinstitut kann deshalb dem Begünstigten weder Einwendungen und Einreden aus dem Grundgeschäft noch aus dem Rechtsverhältnis zum Garantieauftraggeber entgegensetzen. Der Begünstigte wird schon durch seine bloße Behauptung, der Garantiefall sei eingetreten, vom Kreditinstitut ohne weitere Prüfung schadlos gestellt (VwGH 21.5.1990, 90/15/0029 mwN).Soll eine Zahlungserleichterung erwirkt werden und wird dem Finanzamt, um dem Gefährdungselement zu begegnen, eine Bankgarantie angeboten, so ist die Bewilligung der Zahlungserleichterung mit längstens zwei Wochen vor Ablauf der Bankgarantie zu befristen.Eine Gefährdung darstellende Umstände können insbesondere bei drohendem Insolvenzverfahren sowie nach der Lage des Falles bei einer Überschuldung des Abgabepflichtigen gegeben sein.Mit der Zustellung eines wegen drohender Einbringungsgefährdung oder -erschwerung erlassenen Vollstreckungsbescheides tritt eine Zahlungserleichterung außer Kraft (siehe Rz 1459).3.8. Ermessen
Bei Ermessensentscheidungen ist unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände (§ 20 BAO) sowohl auf Erwägungen der Billigkeit (berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen) als auch auf solche der Zweckmäßigkeit (öffentliches Interesse insbesondere an der zeitnahen Abstattung der Abgaben) Bedacht zu nehmen; die Gründe, warum im Einzelfall Erwägungen der Zweckmäßigkeit oder solchen der Billigkeit Vorrang eingeräumt wird, sind in der Bescheidbegründung entsprechend darzustellen, es sei denn, dass dem Ansuchen vollinhaltlich entsprochen wird.Wurden Vorauszahlungen auf Antrag des Abgabepflichtigen herabgesetzt, so ist bei Erledigung eines Ansuchens um Zahlungserleichterung für die dadurch beeinflusste Abschlusszahlung ein restriktiver Maßstab anzulegen.Ebenso ist zB bei einer Zahlungserleichterungsbewilligung für die Entrichtung der Umsatzsteuer ein strenger Maßstab anzulegen. Insbesondere wird in Fällen, in denen die Umsatzsteuer bereits vereinnahmt wurde (Ist-System), die Bewilligung einer Zahlungserleichterung meist nicht in Betracht kommen. Dies gilt auch für Abgabepflichtige, die zwar die Umsätze nach dem Soll-System versteuern, bei denen jedoch nach den branchenspezifischen Gegebenheiten eine sofortige Vereinnahmung der Entgelte anzunehmen ist (zB Diskonter).Bei von Arbeitgebern eingebrachten Ansuchen um Zahlungserleichterung für Lohnsteuer ist bei der Ermessensübung auf § 78 Abs. 3 EStG 1988 Bedacht zu nehmen, wonach der Arbeitgeber die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen. Wurden Nettolöhne voll ausbezahlt, obwohl die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel für den vollen vereinbarten Arbeitslohn nicht ausreichten, wird eine Zahlungserleichterung nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht kommen.3.9. Umfang und Inhalt der Zahlungserleichterung
Ein von einem Parteianbringen abhängiger Verwaltungsakt ist zwar grundsätzlich rechtswidrig, wenn er ohne einen entsprechenden Parteiantrag erlassen wird (VwGH 17.6.1992, 91/13/0243) oder über das Parteibegehren hinausgeht, doch können im Gegensatz dazu dem § 212 Abs. 1 letzter Satz BAO zufolge in die Bewilligung der Zahlungserleichterung über den Gegenstand des diesbezüglichen Ansuchens hinaus Abgaben einbezogen werden, deren Gebarung mit der Gebarung jener Abgaben, die den Gegenstand des Ansuchens bilden, zusammengefasst verbucht wird (§ 213 BAO). Diese Vorgangsweise erscheint zweckmäßig, weil ein möglichst umfassender übersichtlicher Tilgungsplan einerseits vom Abgabepflichtigen leichter eingehalten und andererseits von der Abgabenbehörde besser überwacht werden kann.Von den Fällen des § 212 Abs. 1 letzter Satz BAO abgesehen darf eine Zahlungserleichterungsbewilligung nicht über das Ansuchen des Abgabepflichtigen hinausgehen. Es darf somit grundsätzlich weder hinsichtlich des zeitlichen Rahmens noch bezüglich der Art der Zahlungserleichterung (Stundung, Raten) das Ansuchen des Abgabepflichtigen überschritten werden. Auf Abänderungs- oder Erweiterungsanbringen zu einem bereits eingebrachten Ansuchen ist jedoch Bedacht zu nehmen.Wenn die Einhebung einer Abgabe gemäß § 212a BAO ausgesetzt wurde, kommt insoweit eine Bewilligung von Zahlungserleichterungen nicht in Betracht (VwGH 30.11.1989, 88/13/0213). Dies gilt auch für jene Abgaben, für die einer Beschwerde an den VfGH oder einer Revision an den VwGH (gemäß § 85 VfGG bzw. gemäß § 30 VwGG) aufschiebende Wirkung zuerkannt ist.Zusatzinformationen:
Betroffene Normen:
- § 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 213 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 264 Abs. 4 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 85 VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
- § 30 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985