15.1. Voraussetzungen für die Ausstellung eines Rückstandsausweises
Die Ausstellung eines Rückstandsausweises setzt neben dem Eintritt der Vollstreckbarkeit voraus, dass- keine Hemmung der Einbringung (§ 230 BAO) vorliegt (unabhängig davon, ob von vornherein keine Hemmung bestanden hat oder ob eine zunächst eingetretene Hemmung weggefallen ist),
- keine Aussetzung der Einbringung (§ 231 BAO) vorliegt,
- § 242 BAO nicht anzuwenden ist und
- keine anderen gesetzlichen Bestimmungen (zB § 85 VfGG oder § 30 VwGG) der Vollstreckung entgegenstehen.
15.2. Bezeichnung des Abgabenschuldners (Haftungspflichtigen)
Für die Bezeichnung des Abgabenschuldners (Haftungspflichtigen) gilt Folgendes:- Bei natürlichen Personen: Name (voller Vor- und Zuname) und Anschrift des Abgabenschuldners. Betreibt dieser unter einer von seinem bürgerlichen Namen abweichenden Bezeichnung ein Gewerbe, so ist dessen ungeachtet der Rückstandsausweis auf den bürgerlichen Namen auszustellen. Zusätze zur Verdeutlichung, wie Berufsbezeichnung (zB "N.N., eingetragen unter der Fa. A.B.", bei im Firmenbuch eingetragenen Einzelkaufleuten; "N.N., Inhaber des Gasthofes zur Linde", bei nicht im Firmenbuch eingetragenen Gewerbetreibenden) sowie Zusätze wie etwa "sen." und "jun." sind empfehlenswert.
- Bei juristischen Personen wie zB Aktiengesellschaften (AG), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Vereinen: die der Eintragung im maßgeblichen Register (Firmenbuch) oder dem Vereinsstatut entsprechende Bezeichnung sowie der Sitz; bei inländischen Zweigniederlassungen aus
- Bei offenen Gesellschaften (OG) und bei Kommanditgesellschaften (KG)
- Bei Gesamtschuldverhältnissen kraft Gesetzes (insbesondere bei jenen nach § 6 BAO, zB GesBR): Name, Beruf und Anschrift der Gesamtschuldner, gegen die Exekution geführt werden soll.
- Bei Verlassenschaften:
- vor der Einantwortung: "Verlassenschaft nach ...", unter Angabe von Name, letzter Anschrift und Todestag des Verstorbenen.
- nach der Einantwortung: Name, Anschrift des oder der Erben, gegen den oder die Exekution geführt werden soll, unter Bezugnahme auf den Erblasser.
15.3. Keine Exekution gegen zivilrechtlich nicht rechtsfähige Gebilde
Gegen jemanden, der zivilrechtlich nicht rechtsfähig ist, kann weder finanzbehördlich noch gerichtlich Exekution geführt werden.Gegen eine natürliche Person, eine juristische Person sowie gegen eine OG und KG ist somit eine Exekutionsführung zulässig. In diesen Fällen ist eine genaue Firmenbezeichnung erforderlich. Gegen eine GesBR als solche ist eine Exekutionsführung unzulässig.In Fällen, in denen mangels zivilrechtlicher Rechtsfähigkeit eines Steuerrechtssubjektes gegen dieses nicht Exekution geführt werden kann, hat der Rückstandsausweis auf die einzelnen Gesellschafter (Mitglieder) zu lauten.15.4. Exekution bei Gesamtschuldverhältnissen
Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses kraft Gesetzes (insbesondere § 6 BAO) kann der Rückstandsausweis auch auf mehrere Gesamtschuldner lauten. Dies trifft für jene Abgaben zu, die diese Personen zur ungeteilten Hand schulden. In Fällen einer zusammengefassten Verbuchung der Gebarung mit der Gebarung der vom Gesamtschuldverhältnis nicht umfassten Abgaben gemäß § 213 Abs. 4 BAO wäre es nicht zulässig, zur zwangsweisen Hereinbringung einer Abgabenschuldigkeit, die nur einer der Gesamtschuldner schuldet, beide Gesamtschuldner im Rückstandsausweis zu bezeichnen.Besteht kein Gesamtschuldverhältnis, sondern lediglich eine Mitschuldnerschaft aufgrund eines anteiligen Schuldverhältnisses, wie etwa bei einer bedingten Erbserklärung, so dürfen diese mehreren Mitschuldner nicht in einem Rückstandsausweis genannt werden.15.5. Angabe des Betrages der Abgabenschuld
Der Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, entspricht der Rückstandsaufgliederung, wie sie sich aus der Gebarung auf dem Abgabenkonto des Abgabepflichtigen nach den Verrechnungsvorschriften des § 214 BAO ergibt.Beispiel:
Die Rückstandsaufgliederung weist für die Einkommensteuer eines Jahres mehrere Beträge auf, nämlich vier Vorauszahlungs-Teilbeträge, eine Abschlusszahlung und eine weitere Nachforderung als Folge einer Wiederaufnahme des ESt-Verfahrens.
15.6. Vollstreckbarkeit bei Selbstbemessungsabgaben
Bei Selbstbemessungsabgaben kann ein Rückstandsausweis ohne Festsetzung der Abgabe durch die Abgabenbehörde auf Grund des vom Abgabepflichtigen der Abgabenbehörde bekanntgegebenen Betrages ausgestellt werden.15.7. Vollstreckbarkeitsklausel
Der Rückstandsausweis hat den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel).Die Zustellung eines Rückstandsausweises an die Partei ist nicht vorgesehen (VwGH 14.11.1990, 87/13/0012, 0013; VwGH 9.11.2011, 2009/16/0175). Eine Einsichtnahme, insbesondere im Weg der Akteneinsicht, ist gegebenenfalls zulässig. Der Abgabepflichtige kann auf Grund der Kenntnis des Inhalts des Rückstandausweises allenfalls Einwendungen gegen die Durchführung der Vollstreckung gemäß § 13 AbgEO erheben (VfGH 16.3.1983, B 199/82, B 460/82Slg 9673). Über Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit von Rückstandsausweisen ist bescheidmäßig nach § 13 AbgEO abzusprechen (VwGH 24.10.2002, 2000/15/0141). Ein Rückstandsausweis ist rechtswidrig, wenn die Vollstreckbarkeit nicht (mehr) vollstreckbarer Abgabenschuldigkeiten bestätigt wird, zB wenn Schuldigkeiten bereits getilgt sind oder wenn Einhebungsverjährung eingetreten ist (VwGH 24.10.2002, 2000/15/0141).15.8. Rechtshilfevertrag Österreich-Deutschland
Im Hinblick auf den Rechtshilfevertrag Österreich-Deutschland, BGBl. Nr. 249/1955, sind Fragen wie die Kenntnis des Rückstandsausweises durch den Abgabepflichtigen oder Zustellmängel der Überprüfung und Beurteilung nach Art. 11 des Vertrages durch die Behörde des ersuchten Staates entzogen, weil diese Behörde an die in der Rückstandsanzeige enthaltene Entscheidung über die bestehende Vollstreckbarkeit und Unanfechtbarkeit im Verein mit der beigefügten Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, in der die Unanfechtbarkeit bestätigt wird, gebunden ist (VwGH 31.10.2000, 2000/15/0092).Zusatzinformationen:
Betroffene Normen:
- § 229 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 230 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 213 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 214 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
- § 15 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
- § 13 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
- § 35 Abs. 2 EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896