Normen
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12;
GmbHG §15;
GmbHG §16a;
GmbHG §18;
GmbHG §89;
GmbHG §90;
KO §1;
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12;
GmbHG §15;
GmbHG §16a;
GmbHG §18;
GmbHG §89;
GmbHG §90;
KO §1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 1. März 2002 einen Antrag auf Arbeitslosengeld und am 22. August 2002 einen Antrag auf Notstandshilfe. Er beantwortete dabei die Frage 5. des bundeseinheitlichen Antragformulars "Ich stehe derzeit in Beschäftigung. Wenn ja, Art der Tätigkeit (z.B. Dienstnehmer/in, Hausbesorger/in, geringfügige Beschäftigung, Mitarbeiter/in im Familienbetrieb, Geschäftsführer/in)" jeweils mit nein. Ihm wurden vom 1. Jänner 2002 bis zum 28. Mai 2003 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zuerkannt.
Mit Bescheiden der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien E (in der Folge: AMS) vom 5. März 2007 wurden gemäß § 24 Abs. 2 AlVG der Bezug des Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 1. März 2002 bis zum 26. September 2002 in Höhe von EUR 7.455,-- und der Bezug von Notstandshilfe vom 27. September 2002 bis zum 28. Mai 2003 in Höhe von EUR 7.524,76 widerrufen, der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistungen verpflichtet und im Spruch jeweils festgestellt: "Soferne Sie im Leistungsbezug stehen, wird die Rückforderung von Ihren Ansprüchen einbehalten."
Begründend führte das AMS aus, dass der Beschwerdeführer nicht gemeldet habe, dass er bis zum 28. Mai 2003 bei der K. GmbH handelsrechtlicher Geschäftsführer gewesen sei. Aus diesem Grund habe keine Arbeitslosigkeit vorgelegen.
Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer am 14. März 2007 Berufungen. Er führte aus, dass die K. GmbH schon lange im Konkurs und der Geschäftsbetrieb eingestellt gewesen sei. Es seien EUR 4.031,74 einbehalten worden. Dies stelle einen unzulässigen Eingriff in seine Eigentumsrechte dar. Die Bescheide seien nicht in Rechtskraft erwachsen.
Im Schreiben vom 6. April 2007 an die belangte Behörde brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor:
"Bei einem Gespräch mit dem Hauptgesellschafter (75 %) der (K. GmbH) Ende November oder Anfang Dezember 2001 informierte ich über die Absicht demnächst Konkurs anzumelden und mein GF-Verhältnis mit Ende des Jahres beenden zu wollen. Nachdem besprochen wurde, welche Aufgaben noch alle zu erledigen sind, damit eine möglichst geordnete Übergabe an den Masseverwalter erfolgen kann, wurde vereinbart, dass meine GFtätigkeit bis zum Konkursantrag andauert. Darüber gab es auch einen Gesellschafterbeschluss.
Es war von keiner Seite beabsichtigt, dass ich über diesen Zeitraum hinaus der Gesellschaft zur Verfügung stehe. Hätte mit dem 75 % Gesellschafter nicht eine für mich akzeptable Einigung stattgefunden (lt. Gesellschaftsvertrag 2/3 der Stimmen notwendig zur Bestellung oder Abberufung eines GF), hätte ich halt meinen Rücktritt als GF mit 14tägiger Frist erklärt. Warum dies nicht eingetragen wurde kann ich nicht sagen. Hätte ich davon Kenntnis gehabt hätte ich selbst die Eintragung veranlasst. Das Fehlen der Eintragung sollte jedoch meine Ansprüche nicht berühren.
(...)
Das Dienstverhältnis endete einvernehmlich. Wäre ich davon ausgegangen noch in irgendeinem Verhältnis zur Gesellschaft zu stehen hätte ich natürlich meinen Rücktritt gegenüber dem Masseverwalter erklärt bzw. das Einvernehmen darüber hergestellt."
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde den Berufungen keine Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide bestätigt.
Dem AMS sei im Februar 2007 zur Kenntnis gelangt, dass der Beschwerdeführer seit 26. Juli 1994 handelsrechtlicher Geschäftsführer der K. GmbH gewesen sei. Mit Beschluss des Landesgerichtes K vom 6. Dezember 2002 sei der mit 7. Februar 2002 eröffnete Konkurs aufgehoben worden. Die Löschung der Firma und damit auch die Beendigung der Funktion des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer sei jedoch erst mit 28. Mai 2003 erfolgt. Vom Leistungsbezug des Beschwerdeführers sei bereits ein Betrag von insgesamt EUR 5.654,96 abgezogen worden. Am 22. Februar 2007 sei eine "technisch bedingte Nachzahlung" von EUR 3.805,90 erfolgt, weil der Beschwerdeführer für die Zeit ab 29. Mai 2003 Notstandshilfe erhalten habe, ihm aber Arbeitslosengeld gebührt hätte, weil der davor liegende Arbeitslosengeld- und Notstandshilfebezug mit den beiden berufungsgegenständlichen Bescheiden widerrufen und zurückgefordert worden sei und sein Bezugsverlauf deswegen der Wirklichkeit anzupassen gewesen sei. Diese Nachzahlung sei zur Gänze forderungsmindernd eingehalten worden. Weiters seien am 2. März 2007 EUR 225,84 (die halbe Leistung für Februar 2007), am 2. April 2007 EUR 437,56 (die halbe Leistung für März 2007) und am 11. April 2007 EUR 1.185,66 (die Hälfte der Nachzahlung der Leistung vom 2. Jänner bis 12. Februar 2007) einbehalten worden.
Die belangte Behörde traf weiters folgende Feststellungen:
"Anlässlich der Antragstellung legten sie zwei Arbeitsbescheinigung(en) vor, eine aus der ein arbeitslosenversicherungspflichtiges Dienstverhältnis als Angestellter vom 1.8.1994 bis 7.2.2002 bei der (K. GmbH) mit Kündigung durch den Dienstgeber bestätigt wurde und eine, aus der ein arbeitslosenversicherungspflichtiges Dienstverhältnis als Geschäftsführer in der Zeit vom 1.7.1989 bis 18.2.2002 bei der (S. Gebäudereinigung GmbH) mit einvernehmlicher Lösung des Dienstverhältnisses ersichtlich war. Weiters legten Sie eine mit 8.3.2002 datierte Arbeitsbescheinigung der (K. GmbH) vor, aus der ersichtlich war, dass Sie vom 8.2. bis 28.2.2002 dort arbeitslosenversicherungspflichtig tätig waren und dieses Dienstverhältnis durch einvernehmliche Lösung endete."
Die S. Gebäudereinigung GmbH sei am 5. September 1985 (in das Handelsregister) eingetragen worden. Der Beschwerdeführer habe dort vom 25. April 1997 bis zum 20. Dezember 2001 als handelsrechtlicher Geschäftsführer fungiert.
Die Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Leistung gründe sich darauf, dass der Beschwerdeführer die Antragsformulare falsch ausgefüllt habe und somit gegenüber dem AMS unrichtige Angaben gemacht habe. Er habe damit billigend in Kauf genommen, dass er Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen könne, auf die er keinen Anspruch habe.
Der Rückforderungsbetrag errechne sich wie folgt:
"1.3.2002 bis 26.9.2002 | 210 Tage a EUR 35,50 | EUR 7.455,-- |
27.9.2002 bis 31.3.2003 | 186 Tage a EUR 32,66 | EUR 6.074,76 |
1.4.-28.5.2003 | 58 Tage a EUR 25,-- | EUR 1.450,-- |
EUR 14.979,76" |
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei einem Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH die Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit iSd § 12 AlVG nicht schon dann vorliegen, wenn beim anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnis der Anstellungsvertrag aufgelöst wurde, sondern erst dann, wenn auch die Hauptleistungspflicht, soweit sie mit der Innehabung der Funktion eines Geschäftsführers nach dem GmbH-Gesetz zwingend verbunden ist, nicht mehr besteht, d.h., dass auch das Organschaftsverhältnis zur Gesellschaft erloschen sein muss. Ob der Geschäftsführer tatsächlich eine Tätigkeit entfaltet, ist ohne Bedeutung; ebenso wenig, ob er ein Entgelt erhält. Dies gilt auch im Konkurs der GmbH und ebenso für Liquidatoren. Eine Beendigung der Geschäftsführertätigkeit wird aber nicht erst mit der Löschung im Firmenbuch wirksam, sondern entweder mit dem Rücktritt des Geschäftsführers oder mit Zugang eines Abberufungsbeschlusses der Gesellschaft. Im Fall des Konkurses ist der Rücktritt gegenüber dem Masseverwalter zu erklären (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2004, Zl. 2001/08/0216, mwN).
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren vorgebracht, es habe über seine Vereinbarung mit dem Hauptgesellschafter der K. GmbH, wonach seine Geschäftsführertätigkeit (nur) bis zum Konkursantrag andauern solle, einen Gesellschafterbeschluss gegeben. Hätte nicht eine für ihn akzeptable Einigung stattgefunden, "hätte ich halt meinen Rücktritt als GF mit 14tägiger Frist erklärt".
In der Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer, er habe am 7. Jänner 2002 seinen Rücktritt als Geschäftsführer der K. GmbH erklärt, wobei er ein mit "Rücktritt als Geschäftsführer" betiteltes Schreiben an die Gesellschafter der K. GmbH vom 7. Jänner 2002 mit folgendem Inhalt vorlegte:
"Wie bereits mit dem Hauptgesellschafter besprochen erkläre ich wegen der bevorstehenden Konkursanmeldung meinen Rücktritt als Geschäftsführer.
Ich beabsichtige meine Geschäftsführertätigkeit spätestens mit dem Tag der Konkurseinreichung zu beenden da außer mir keine Dienstnehmer mehr vorhanden sind, der Betrieb eingestellt ist und für eine ordnungsgemäße Übergabe an den Masseverwalter gesorgt worden ist."
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht, einen solchen Rücktritt erklärt zu haben. Seine nunmehrige Behauptung stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).
Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie in Ermangelung entsprechender Nachweise (etwa der Vorlage eines Abberufungsbeschlusses durch die Gesellschafter) eine Beendigung der Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers bei der K. GmbH nicht festzustellen vermochte.
Der angefochtene Bescheid erweist sich indes aus einem in der Beschwerde nicht geltend gemachten, aber im Rahmen des Beschwerdepunktes vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Grund als rechtswidrig:
Im Berufungsverfahren hat der Beschwerdeführer über das bereits Ausgeführte hinaus vorgebracht, dass er in zwei Dienstverhältnissen beschäftigt gewesen sei. Das AMS habe in Bezug auf sein zweites Dienstverhältnis nicht behauptet, dass ein organschaftliches Verhältnis weiter bestanden habe.
"Da hätten wir dann möglicherweise ein organschaftliches Verhältnis mit einem die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigenden Bezug (nämlich EUR 0,--) und ein ordnungsgemäß beendetes GF-Verhältnis mit Arbeitslosenanspruch."
Den Feststellungen der belangten Behörde zu Folge ist die S. Gebäudereinigung GmbH am 5. September 1985 (in das Handelsregister) eingetragen worden. Der Beschwerdeführer habe dort vom 25. April 1997 bis zum 20. Dezember 2001 - nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid: im Rahmen eines arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses - als handelsrechtlicher Geschäftsführer fungiert.
Den mit 4. März 2002 datierten Arbeitsbescheinigungen zu den genannten Anträgen auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer vom 1. August 1994 bis zum 7. Februar 2002 bei der K. GmbH als "Angestellter" beschäftigt gewesen und das Dienstverhältnis durch Kündigung des Dienstgebers beendet worden sei. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer vom 1. Juli 1989 bis zum 18. Februar 2002 bei der S. Gebäudereinigung GmbH als "Geschäftsf." beschäftigt gewesen. Dieses Dienstverhältnis habe durch einvernehmliche Lösung geendet. Aus einer weiteren Arbeitsbescheinigung der K. GmbH vom 8. März 2002 geht hervor, dass der Beschwerdeführer vom 8. Februar bis 28. Februar 2002 bei der K. GmbH als kaufmännischer Angestellter beschäftigt gewesen und das Dienstverhältnis durch einvernehmliche Auflösung beendet worden sei.
In Anbetracht des Vorbringens des Beschwerdeführers, der eigenen Feststellungen und der Arbeitsbescheinigungen hätte die belangte Behörde weitere Feststellungen über die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der S. Gebäudereinigung GmbH treffen müssen. Sollte der Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. Juli 1989 bis zum 18. Februar 2002 - neben seiner Tätigkeit für die K. GmbH - auch für die S. Gebäudereinigung GmbH einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sein (wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt) und sollte dieses für einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld anwartschaftsbegründende Beschäftigungsverhältnis bei der S. Gebäudereinigung GmbH zur Gänze aufgelöst worden sein, so könnte er damit die Anwartschaft für einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei einem anderen Arbeitgeber als der GmbH, deren Geschäftsführer er nach den Feststellungen weiterhin geblieben ist, erfüllt haben. Der Beschwerdeführer wäre demnach aber insoweit arbeitslos iSd § 12 AlVG gewesen. Einem Leistungsbezug auf Grund der in dem anderen Beschäftigungsverhältnis neu erworbenen Anwartschaft hätte die Fortdauer seiner Organstellung bei der K. GmbH nur insoweit entgegenstehen können, als der Beschwerdeführer dort ein die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG übersteigendes Entgelt bezogen hätte. Dahin gehende Feststellungen wurden nicht getroffen. Der Widerruf der Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 1. März 2002 bis zum 26. September 2002 sowie der Notstandshilfe vom 27. September 2002 bis zum 28. Mai 2003 würde sich demzufolge ebenso als rechtswidrig erweisen, wie die Rückforderung der genannten Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung für diese Zeiträume (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2004, Zl. 2001/08/0216).
Des Weiteren ist der angefochtene Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, als er bestätigt, dass "die Rückforderung von ihren Ansprüchen einbehalten" werde, weil dieser Ausspruch den inhaltlichen Anforderungen des § 25 Abs. 4 erster Satz AlVG nicht entspricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 2005, Zl. 2003/08/0011).
Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG Abstand genommen werden.
Die Zuerkennung von Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Daher war das Kostenmehrbegehren abzuweisen.
Wien, am 17. Februar 2010
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