Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Der Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 25) verpflichtete gemäß § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien (BO) u.a. den Beschwerdeführer als einen der Eigentümer der Liegenschaft Wien 16, Haberlgasse 4, mit Bescheid vom 23. September 1997, der Stadt Wien die mit S 116.400,-- bestimmten Kosten für durch die Magistratsabteilung 48 durchgeführte Sicherungsmaßnahmen zu erstatten.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zu Handen des "bevollmächtigten" Hausverwalters Sgesellschaft m.b.H. zugestellt.
Nach der Bescheidbegründung sei laut dem Einsatzbericht der Magistratsabteilung 48 vom 22. August 1997 auf Grund einer Anforderung der Bundespolizeidirektion Wien am 6. Februar 1997 die Absicherung und Beleuchtung der schadhaften Gebäudefassade vorgenommen und in der Folge im Zeitraum vom 6. Februar bis zum 18. August 1997 die Abschrankung durch Mitarbeiter der Magistratsabteilung 48 kontrolliert worden.
2. Mit Bescheid vom 14. Jänner 2003 erließ der Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 25) neuerlich gegenüber dem Beschwerdeführer - nun im Wege der Zustellung an seine Adresse - die genannte Verpflichtung, wobei die Kosten mit EUR 8.459,12 festgelegt wurden. In diesem Bescheid wird vor der Bezeichnung "Bescheid" "pro domo" darauf hingewiesen, dass dieser Bescheid jenen vom 23. September 1997 ersetze.
Infolge einer von der Hausverwaltung der besagten Liegenschaft - u.a. für den Beschwerdeführer - eingebrachten Berufung behob die belangte Behörde mit Bescheid vom 29. September 2003 den Bescheid vom 14. Jänner 2003 gemäß § 66 Abs. 4 AVG, weil er auf der gleichen Sach- und Rechtslage wie der genannte Bescheid vom 23. September 1997 beruhe und somit entgegen dem § 68 Abs. 1 AVG eine neuerliche Entscheidung in derselben Sache darstelle. Der Bescheid vom 23. September 1997 sei den damaligen Gebäudeeigentümern zu Handen des bevollmächtigten Hausverwalters (wie sich dies aus den im Akt aufliegenden Rückscheinen ergebe) ordnungsgemäß zugestellt worden. Der Bescheid vom 29. September 2003 wurde u.a. dem Beschwerdeführer zu Handen der Hausveraltung zugestellt.
3. Nachdem dem Beschwerdeführer vom Magistrat der Stadt Wien abermals im Jahr 2004 (vgl. Blatt 77 der vorgelegten Verwaltungsakten) die Bezahlung des genannten Betrages zuzüglich EUR 18,-- für Mahnkosten (insgesamt EUR 8.477,12) vorgeschrieben worden war, teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. Juli 2004 dem Magistrat mit, dass er den Bescheid aus dem Jahr 1997 nie erhalten habe, dass die Hausverwaltung Sgesellschaft m.b.H. von ihm nie als Hausverwaltung oder als persönlicher Vertreter bevollmächtigt worden sei und dass diese daher auch den besagten Bescheid für ihn nicht habe wirksam entgegennehmen können. Ferner habe der nunmehrige Hausverwalter
B GesmbH Berufung gegen den Bescheid vom 14. Jänner 2003 erhoben. In einer u.a. vom Beschwerdeführer gezeichneten "Erklärung" vom 30. September 2004 wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Firma Sgesellschaft m.b.H. nie die Hausverwaltung auf der besagten Liegenschaft innegehabt habe noch als Vertreter bevollmächtigt gewesen sei.
Daraufhin wurden die Eigentümer der in Rede stehenden Liegenschaft vom Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 25) neuerlich mit Bescheid vom 12. Mai 2005 verpflichtet, die mit EUR 8.459,12 bestimmten Kosten für die angesprochenen Sicherungsmaßnahmen durch die Magistratsabteilung 48 zu erstatten.
Die dagegen u.a. vom Beschwerdeführer persönlich erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der Bescheid vom 12. Mai 2005 mit der Maßgabe bestätigt, dass der Klammerausdruck "(116.400,00 ATS)" entfällt.
Begründend wurde ua ausgeführt, dass keine res iudicata vorliege, weil der Bescheid vom 23. September 1997 nur an die damalige Hausverwaltung zugestellt worden sei, die jedoch mangels Eigentümereigenschaft nicht rechtswirksam zum Kostenersatz gemäß § 129 Abs. 6 BO herangezogen habe werden könne. Da der Bescheid vom 23. September 1997 nicht rechtswirksam geworden sei, sei auch keine entschiedene Sache vorgelegen.
4. Gegen diesen Bescheid richtete der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 26. Februar 2007, B 162/07).
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
5. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5.1. Gemäß § 129 Abs. 6 BO kann die Behörde bei Gefahr in Verzug auch ohne Anhörung der Partei die erforderlichen Verfügungen und Sicherungsmaßnahmen auf Gefahr und Kosten des Eigentümers (jedes Miteigentümers) eines Gebäudes oder einer baulichen Anlagen anordnen und sofort vollstrecken lassen.
5.2. In der Beschwerde wird ua eingewendet, dass sich zwischen der Erlassung des ersten Bescheides vom 23. September 1997 und dem angefochtenen Bescheid weder der Sachverhalt noch die Rechtslage geändert habe und deshalb der angefochtene Bescheid über eine bereits entschiedene Sache ergangen sei. Die belangte Behörde habe nämlich mit Berufungsbescheid vom 29. September 2003 den in derselben Sache ergangenen Bescheid der Magistratsabteilung 25 vom 14. Jänner 2003 wegen res iudicata behoben, dieser Aufhebungsbescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Die belangte Behörde hätte daher den in derselben Sache ergangenen Bescheid der Behörde erster Instanz vom 12. Mai 2005 nicht bestätigen dürfen, sondern vielmehr die Verletzung des Grundsatzes der Unwiederholbarkeit durch die Behörde erster Instanz aufzugreifen gehabt.
5.3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG ist ein Anbringen von Beteiligten, die außer den - hier nicht in Betracht kommenden - Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde (vorliegend nicht einschlägig) nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 und 4 findet. Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind auch dann, wenn das Begehren nicht ausdrücklich dahin lautet, wegen "res iudicata" zurückzuweisen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Bescheid, der in einer schon entschiedenen Sache nochmals eine Sachentscheidung trifft, inhaltlich rechtswidrig (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 20. November 2007, Zl. 2006/05/0278, mwH).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde bereits den Bescheid der Erstbehörde vom 14. Jänner 2003 über den Kostenersatz nach § 129 Abs. 6 BO, über den schon früher mit Bescheid aus dem Jahr 1997 entschieden worden war, wegen entschiedener Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG mit Bescheid vom 29. September 2003 aufgehoben. Dieser aufhebende Bescheid wurde auch dem Beschwerdeführer rechtswirksam zugestellt. Es gibt vorliegend keinen Anhaltspunkt dafür, dass dieser Bescheid nicht rechtskräftig geworden wäre.
Infolge der gegenüber dem Beschwerdeführer zum Tragen kommenden Rechtskraft des (u.a., wie erwähnt, auch dem Beschwerdeführer zugestellten) Bescheides der belangten Behörde vom 29. September 2003 war es der an diesen Bescheid ebenfalls gebundenen belangten Behörde verwehrt, die von der Erstbehörde ua dem Beschwerdeführer abermals mit Bescheid vom 12. Mai 2005 auferlegte Kostenersatzpflicht nach § 66 Abs. 4 AVG zu bestätigen.
Ungeachtet dessen ist festzuhalten, dass sich der weitere Einwand der Beschwerde, die Kostenersatzpflicht sei bereits verjährt, als unzutreffend erweist. Das Rechtsinstitut der Verjährung besteht im öffentlichen Recht nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nur dort, wo das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 13. Juni 1995, Zl. 85/08/0007, und vom 11. Dezember 2003, Zl. 2003/07/0079, beide mwH). Von einer ausdrücklich anders lautenden gesetzlichen Bestimmung abgesehen kann im Beschwerdefall eine analoge Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des ABGB über die Verjährung im Bereich des öffentlichen Rechts nicht stattfinden. Mangels einer entsprechenden Regelung in der BO ist im Beschwerdefall davon auszugehen, dass der vorliegende Kostenersatzanspruch nicht der Verjährung unterliegt. Schließlich ist anzumerken, dass infolge des seinerzeit (auch seitens des Beschwerdeführers) unangefochten gebliebenen Bescheides vom 29. September 2003 rechtskräftig feststeht, dass der eingangs genannte Kostenersatzbescheid vom 23. September 1997 auch dem Beschwerdeführer ordnungsgemäß zugestellt wurde und dieser damit einer Vollstreckung zugänglich ist.
5.4. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
5.5. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
5.6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 25. März 2010
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