Normen
KriegsmaterialV 1977 §1 Abschn1 Z1 litc;
WaffG 1967 §28a Abs8;
WaffG 1967 §28a idF 1980/075;
WaffG 1967 §4a idF 1980/075;
KriegsmaterialV 1977 §1 Abschn1 Z1 litc;
WaffG 1967 §28a Abs8;
WaffG 1967 §28a idF 1980/075;
WaffG 1967 §4a idF 1980/075;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.960,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 18. Februar 1983 gab der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs eine Schnellfeuerpistole Marke Mauser, Nr. 16.862, ab. Er gab an, diese Waffe im Zuge von Umbauarbeiten in einem ihm und seiner Schwester je zur Hälfte gehörenden Gebäude, das sie von ihren Eltern geerbt hätten, wieder aufgefunden zu haben. Die Waffe sei "offensichtlich" in den letzten Kriegstagen von dem Vater oder dem bereits verstorbenen Bruder des Beschwerdeführers am nunmehrigen Fundort versteckt worden. Die Waffe wurde von der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich dem Heeresfeldzeuglager Wien zur weiteren Aufbewahrung übermittelt.
Mit Eingabe vom 14. Juni 1984 beantragte der Beschwerdeführer die Herausgabe dieser Schnellfeuerpistole, deren Vorhandensein er "im Zuge der Wirren nach dem Kriegsende 1945 vergessen hatte" und die von ihm "erst im Jahre 1982 durch einen Zufall wiederum aufgefunden wurde". Der Beschwerdeführer betonte ausdrücklich, daß die fragliche Waffe sein persönliches Eigentum darstelle. Gleichzeitig stellte der den Antrag, dieselbe so umbauen zu lassen, daß die Abgabe von Dauerfeuer aus ihr nicht mehr möglich sei. Im übrigen bezweifelte der Beschwerdeführer, daß es sich bei dieser Schnellfeuerpistole um Kriegsmaterial handle.
In der von der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme des Bundesministeriums für Inneres vertrat dieses die Auffassung, daß die Schnellfeuerpistole Marke Mauser "als Kriegsmaterial im Sinne des § 1 Abschnitt I Z. 1 lit. a der Verordnung der Bundesregierung vom 22. November 1977, BGBl. Nr. 624, (Maschinenpistole) anzusehen" sei. Daran würde auch ein nachträglicher mechanischer Eingriff, der die Abgabe von Dauerfeuer unmöglich mache, nichts ändern. Ferner vertrat das Bundesministerium für Inneres im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer erklärt habe, die Waffe aufgefunden zu haben, die Ansicht, daß dieselbe bis zu ihrer Auffindung durch den Beschwerdeführer "offenbar in niemandes Obhut" gestanden sei, so daß vorliegendenfalls § 28 a Abs. 8 des Waffengesetzes 1967 anzuwenden wäre.
Schließlich verneinte das Bundesministerium für Inneres die Berechtigung des Beschwerdeführers, die Schnellfeuerpistole in Empfang zu nehmen, da er weder sein zivilrechtliches Eigentum an dieser Waffe einwandfrei dargetan habe, noch eine Ausnahmebewilligung gemäß § 28 a Abs. 2 des Waffengesetzes 1967 besitze und daher keine "berechtigte Person" im Sinne des § 28 a Abs. 8 dieses Gesetzes sei.
Mit Schreiben vom 31. Juli 1984 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer diese Ausführungen des Bundesministeriums für Inneres als "Ergebnis der Beweisaufnahme" mit und führte abschließend aus, es stehe dem Beschwerdeführer frei "innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieser Verständigung"
a) sein Eigentumsrecht an der Maschinenpistole zweifelsfrei nachzuweisen und
b) einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung zum Erwerb und Besitz der Maschinenpistole bei der belangten Behörde einzubringen. Würde innerhalb dieser Frist eine solche Stellungnahme nicht erfolgen bzw. würden entsprechende Beweismittel und Anträge nicht einlangen, würde über das Begehren des Beschwerdeführers vom 14. Juni 1984 abschlägig entschieden werden.
Dieses Schreiben ist dem Beschwerdeführer unbestrittenermaßen am 3. August 1984 zugekommen. Am 14. August 1984 langte bei der belangten Behörde eine Stellungnahme desselben ein. In dieser führte er im wesentlichen folgendes aus:
Wenn auch die Waffe "eine Maschinenpistole im Sinne der Verordnung der Bundesregierung vom 22. November 1977, BGBl. N. 624" sei, dürfe nicht der Antrag des Beschwerdeführers vom 14. Juni 1984 übersehen werden, die Waffe "irreversibel und unwiderbringlich" auf Einzelfeuer umzubauen.
Im übrigen werde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer bei Ende des zweiten Weltkrieges neben anderen auch die Mauser-Schnellfeuerpistole habe verstecken müssen und im Zuge der Wirren sodann der Verwahrungsort in Vergessenheit geraten sei. Diese Waffe sei stets persönliches Eigentum des Beschwerdeführers gewesen. Er erkläre sich bereit, "als Beamter der Österreichischen Bundesforste eine eidesstattliche Erklärung zum Nachweis" seines "Eigentumsrechtes" an der Pistole abzugeben. Schließlich stelle der Beschwerdeführer den Antrag, ihm eine Ausnahmebewilligung zum Erwerb und Besitz der in seinem Eigentum befindlichen Mauser-Schnellfeuerpistole der Type C K 96, Kal. 7,63 mm, im Sinne des § 28 a Abs. 2 des Waffengesetzes 1967 zu erteilen.
Ohne Beachtung dieser Eingabe wies die belangte Behörde ungefähr zwei Wochen nach deren Einlangen mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers vom 14. Juni 1984 ab und führte begründend im wesentlichen aus:
Die Schußwaffe sei als Kriegsmaterial im Sinne des § 1 Abschnitt I Z. 1 lit. a der Verordnung der Bundesregierung vom 22. November 1977, BGBl. Nr. 624 (Maschinenpistole) anzusehen. Dies gelte auch dann, wenn durch nachträgliche mechanische Eingriffe die Abgabe von Dauer(Reihen-)feuer unmöglich gemacht werde. Für ihren Erwerb und Besitz sei daher eine Ausnahmebewilligung gemäß § 28 Abs. 2 des Waffengesetzes 1967 erforderlich.
Nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers sei die Maschinenpistole, die vergraben gewesen sei, aufgefunden worden, so daß sie bis zum Zeitpunkt ihrer Auffindung "in niemandes Obhut" gewesen sei und daher die Bestimmungen des § 28 a Abs. 8 des Waffengesetzes 1967 anzuwenden seien.
Zu der Frage, ob der Beschwerdeführer als "berechtigte Person" im Sinne dieser Gesetzesstelle anzusehen sei, werde festgestellt, daß ihm einerseits die waffenrechtliche Berechtigung (der Beschwerdeführer habe keine Ausnahmebewilligung zum Erwerb und Besitz von Kriegsmaterial) fehle und er andererseits sein Eigentumsrecht an der Maschinenpistole nicht einwandfrei habe nachweisen können.
Dem Begehren des Beschwerdeführers auf Herausgabe der Waffe könne umso weniger näher getreten werden, als er von den ihm gebotenen Möglichkeiten sein Eigentum an der Schnellfeuerpistole zweifelsfrei nachzuweisen und einen entsprechenden Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung einzubringen, keinen Gebrauch gemacht habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge "unrichtiger Beweiswürdigung sowie tatsachenwidriger Feststellungen" erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Hinsichtlich der Waffe in ihrer ursprünglichen Ausführung besteht, wie sich aus den diesbezüglich eindeutigen Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Eingabe vom 8. August 1984 ergibt, zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kein Streit darüber, daß es sich bei derselben um Kriegsmaterial handelt. Der Gerichtshof teilt aber auch die Auffassung der belangten Behörde, daß eine Abänderung dieser Waffe, wodurch lediglich die Abgabe von Dauerfeuer unmöglich gemacht wird, an der "Kriegsmaterialeigenschaft" der Pistole nichts ändert; denn der unveränderte Lauf und der unveränderte Verschluß der grundsätzlich Kriegsmaterial darstellenden Waffe würden auch nach Durchführung der vom Beschwerdeführer angeregten mechanischen Eingriffe im Sinne des § 1 Abschnitt I Z. 1 lit. c der Verordnung der Bundesregierung vom 22. November 1977, BGBl. Nr. 624, als Kriegsmaterial anzusehen sein. Für den Erwerb und Besitz der Waffe auch in einer im Rahmen des Vorschlages des Beschwerdeführers abgeänderten Form wäre daher, worauf die belangte Behörde zu Recht verweist, eine Ausnahmebewilligung gemäß § 28 a Abs. 2 des Waffengesetzes 1967 erforderlich (vgl. auch das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 12. Jänner 1983; 11 Os 187/82-5).
Bei der Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers vom 14. Juni 1984 auf Herausgabe der Waffe geht die belangte Behörde in dem angefochtenen Bescheid zu Recht davon aus, daß es sich bei derselben, die nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers zunächst versteckt und sodann jahrzehntelang vergessen wurde, um Kriegsmaterial, das sich "offenbar in niemandes Obhut befindet" (§ 28 a Abs. 8 des Waffengesetzes 1967) handelt (in diesem Sinn auch Czeppan-Szirba, Waffengesetz 1967, 5. Auflage, Seite 142, zu Abs. 8, Punkt 2). Es ist aber auch der Ansicht der belangten Behörde zu folgen, daß dieses Kriegsmaterial nur an eine berechtigte Person" gemäß § 28 a Abs. 8 des Waffengesetzes 1967 herausgegeben werden darf und von einer derartig berechtigten Person nur dann gesprochen werden kann, wenn diese nicht nur zivilrechtlich, sondern auch waffenrechtlich (aufgrund einer Ausnahmebewilligung gemäß § 28 a Abs. 2 des Waffengesetzes 1967 Erwerb und Besitz der betreffenden Waffe befugt ist (siehe auch Czeppan-Szirba, Waffengesetz 1967, 5. Auflage, Seite 142, zu Abs. 7, Punkt 6).
Offenbar in Verfolgung dieser Überlegungen hat die belangte Behörde mit ihrem Schreiben vom 31. Juli 1984 den Beschwerdeführer eingeladen, binnen zwei Wochen sein Eigentumsrecht an der Maschinenpistole nachzuweisen und einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung zum Erwerb und Besitz dieser Waffe einzubringen. Dieser Aufforderung versuchte der Beschwerdeführer mit seiner unbestrittenermaßen am 14. August 1984 bei der belangten Behörde eingelangten Eingabe vom 8. August 1984 nachzukommen; er erklärte sich einerseits bereit, eine eidesstattliche Erklärung zum Nachweis seines Eigentums an der Mauser-Schnellfeuerpistole abzugeben, und bat andererseits ausdrücklich um die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 28 a Abs. 2 des Waffengesetzes 1967.
Wenn sich die belangte Behörde daher im angefochtenen Bescheid im wesentlichen darauf stützt, daß der Beschwerdeführer die ihm mit ihrem Schreiben vom 31. Juli 1984 gebotenen Möglichkeiten nicht genutzt habe, so erweist sich diese Feststellung als aktenwidrig. Der Umstand, daß die rechtzeitig eingebrachte Eingabe des Beschwerdeführers vom 8. August 1984 im angefochtenen Bescheid nicht mehr berücksichtigt wurde, kann jedenfalls nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen.
Die belangte Behörde hat den vorliegenden Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen; hat sie doch selbst den Besitz einer Ausnahmebewilligung gemäß § 28 a Abs. 2 des Waffengesetzes 1967 als eine der beiden Voraussetzungen für die Frage der Herausgabe der Waffe an den Beschwerdeführer bezeichnet und ihn demgemäß eingeladen, einen entsprechenden Antrag zu stellen.
Da der angefochtene Bescheid demnach mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet ist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 11. November 1985
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