Normen
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
StGG Art5
EMRK Art6 Abs1 / civil rights
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
Plandokument Nr 7677, Beschluss des Wr Gemeinderates vom 12.11.06
VfGG §84 Abs1
Wr BauO 1930 §1
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
StGG Art5
EMRK Art6 Abs1 / civil rights
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
Plandokument Nr 7677, Beschluss des Wr Gemeinderates vom 12.11.06
VfGG §84 Abs1
Wr BauO 1930 §1
Spruch:
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Sachverhalt und Vorverfahren
1. Der Antragsteller stellt unter Berufung auf Art139 Abs1 B-VG den Antrag,
"die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 22.11.2006, Pr. Zl. 4150/2006 - GSV (Plandokument Nr. 7677), Beschlussfassung kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien am 14.12.2006, Nr. 50, S. 33, soweit diese Verordnung für eine Grundfläche, die im Süden durch die Daringergasse (ON 29), im Osten durch die Delugstraße (ON 5), im Norden und Westen durch Wohngebiet (Widmungen G bzw. W I 6,5m O) und die Leopold-Steiner-Gasse begrenzt ist, und im Plan anhand der Signatur 'Epk öz' bezeichnet sowie aufgrund des Fehlens von Gebäuden erkennbar ist, als gesetz- bzw. verfassungswidrig auf[zu]heben."
2. Der Antragsteller ist laut vorgelegtem Grundbuchsauszug Eigentümer der EZ 429, Grundbuch 01513 Untersievering, mit den Grundstücken 640 und 641/1. Diese Grundstücke sind gemäß dem oben zitierten Plandokument Nr. 7677 (im Folgenden: PD 7677) als "Grünland/Erholungsgebiete/Parkanlagen" (Epk) gewidmet.
3. Die angefochtene Widmung der Liegenschaft des Antragstellers hat folgende Entstehungsgeschichte:
Von 1893 bis 1975 war für die Liegenschaft
durchgehend die Widmung "Bauland" festgelegt (Bauzonenplan). Im Jahr 1975 wurde dann die Liegenschaft des (Rechtsvorgängers des) Antragstellers als
"Erholungsgebiet - öffentliche Parkanlage" gewidmet (PD 5409). Diese Widmung wurde im Jahr 1985 mit "Grünland/Erholungsgebiete/Parkanlagen - Grundfläche für öffentliche Zwecke" im Prinzip beibehalten (PD 5779). Im nunmehr bekämpften PD 7677 aus dem Jahr 2006 wurde diese Widmung fortgeschrieben, wobei im September 2008 die Auszeichnung als "Grundfläche für öffentliche Zwecke" (öz) gemäß ArtIV Abs3 der Stadtgestaltungsnovelle LGBl. 44/1996 ihre Wirkung verloren hat.
Mit der Erlassung des bekämpften Flächenwidmungs- und Bebauungsplans PD 7677 im Jahr 2006 wurde also eine seit rund 31 Jahren bestehende Widmung als Parkanlage nicht geändert.
4. Der Gemeinderat der Stadt Wien erstattete eine Äußerung, in der er dem Antrag entgegentritt und beantragt, die angefochtene Verordnung nicht als gesetzwidrig aufzuheben. Die Wiener Landesregierung schloss sich dieser Äußerung vollinhaltlich an.
II. Prozessvoraussetzungen
1. Zur Antragslegitimation bringt der Antragsteller vor, das angefochtene Plandokument greife unmittelbar und aktuell in seine Rechtssphäre ein, ohne dass es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedürfe. Er könne seine Liegenschaft nicht mehr gemäß der Widmung als Bauland verwenden, obwohl er seine Grundstücke "bebauen will und ständig bemüht war, dieses Ziel zu verfolgen". Zudem würden ihm jegliche Erhaltungsarbeiten an seiner Liegenschaft aufgetragen, obwohl die nunmehrige Widmung keine Bebauung zuließe. Ein anderer zumutbarer Weg der Rechtsverfolgung stehe ihm nicht zur Verfügung, da die Bauordnung für Wien keine Bauplatzerklärung und auch kein vergleichbares Instrumentarium kenne.
2. Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985, 11.730/1988).
3. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung Individualanträge auf Verordnungsprüfung, mit denen die Aufhebung von Bestimmungen eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes begehrt wurde, dann als unzulässig erachtet, wenn es dem betroffenen Liegenschaftseigentümer nach der in Betracht kommenden baurechtlichen Gesetzeslage ohne erheblichen Kostenaufwand (insbesondere den Aufwand für die Anfertigung der für eine Baubewilligung erforderlichen kostspieligen Planunterlagen) möglich und daher zumutbar war, in einem besonderen Verfahren einen nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bekämpfbaren Bescheid zu erwirken, dessen Anfechtung im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Geltendmachung der Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung und zur Anregung ihrer von Amts wegen zu veranlassenden Überprüfung bietet (s. etwa VfSlg. 11.227/1987 in Ansehung der behördlichen Vorprüfung nach der Kärntner Bauordnung oder VfSlg. 11.348/1987 hinsichtlich des Antrags auf Widmungsbewilligung nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968).
Ein derartiger zumutbarer Weg steht dem Antragsteller, der die Aufhebung von Bestimmungen eines nach der Bauordnung für Wien erlassenen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes (Plandokumentes) begehrt, nicht zur Verfügung (vgl. VfSlg. 13.663/1993). Im gegebenen Zusammenhang kommt insbesondere die Erwirkung eines Bescheides, durch den die Bebauungsbestimmungen bekannt gegeben werden, im Sinne des §9 der Bauordnung für Wien, idF LGBl. Nr. 61/1998 nicht in Betracht, weil gemäß Abs4 dieses Paragraphen eine abgesonderte Berufung nicht zulässig ist, eine Berufung gegen einen solchen Bescheid vielmehr nur mit der Berufung gegen einen Bescheid verbunden werden kann, der sich auf die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen stützt (vgl. VfSlg. 12.743/1991).
4. Der Antragsteller behauptet im Wesentlichen eine gleichheitswidrige Beschränkung der Möglichkeit der Nutzung seines Grundstücks. Es besteht für den Verfassungsgerichtshof kein Zweifel, dass die Festlegung der Widmungsart "Grünland/Erholungsgebiete/Parkanlagen" für (unter anderen) die Grundstücke des Antragstellers in dessen Rechtssphäre unmittelbar eingreift: Gemäß §6 Abs2 der Bauordnung für Wien dürfen in Erholungsgebieten Bauten nur insoweit errichtet werden, als sie für die Benützung und Erhaltung dieser Anlagen erforderlich sind. Eine Baubewilligung gemäß §60 Abs1 lita leg.cit. (Neu-, Zu- und Umbauten) dürfte daher - jedenfalls soweit ein Gebäude Wohnräume enthält - nicht erteilt werden. Der Antragsteller bringt vor, seine Grundstücke bebauen zu wollen. Die von ihm behauptete Nutzungseinschränkung trifft daher zu.
5. Der vorliegende Individualantrag erweist sich
daher als zulässig.
III. Erwägungen in der Sache
Der Antragsteller behauptet die Gesetzwidrigkeit der Verordnung, mit der die Widmung "Grünland/Erholungsgebiete/Parkanlagen" für seine Liegenschaft festgelegt wird (PD 7677).
1. Der Antragsteller bringt einerseits vor, dass die Verordnung sein Eigentumsrecht unverhältnismäßig einschränke:
1.1. Die Widmung stelle eine erhebliche Eigentumsbeschränkung dar, weshalb sie an den Maßstäben für die Zulässigkeit einer Enteignung zu messen sei. Obwohl die Widmung mit der Möglichkeit der Realisierung einer zusammenhängenden Parkanlage begründet werde, werde im Widerspruch zum Erläuterungsbericht zum PD 7677, 1-ÖA/BV 7677, vollkommen außer Acht gelassen, dass die Versorgung des Planungsgebietes mit privaten Grünflächen als sehr gut beurteilt werde. Dieser Bericht beurteile die Versorgung der Bevölkerung mit Grünflächen als quantitativ und qualitativ hochwertig. Die Lage am Stadtrand offenbare die Unverhältnismäßigkeit der Eigentumsbeschränkung. Aus diesem Grund sei auch kein Bedarf an zusätzlichen Erholungsgebieten gegeben.
Es sei auch eine dem Zweck der Widmung entsprechende Verwendung der Liegenschaft in nächster Zeit nicht mehr möglich, weil im Jahr 2008 für das als "Grünland/Erholungsgebiete/Parkanlagen" gewidmete Areal die Ausweisung "Grundflächen für öffentliche Zwecke" - auch für die Liegenschaft des Antragstellers - weggefallen sei und daher kein Enteignungstitel mehr bestehe. Damit werde die notwendige Größe von 1 ha bei weitem nicht mehr erreicht, so dass man sich die Frage stellen müsse, wie das Ziel einer zusammenhängenden öffentlich nutzbaren Parkanlage nunmehr verwirklicht werden solle.
Aber selbst bei Bestehen eines konkreten Bedarfes
müsste die Behörde eruieren, ob nicht eine andere Form der Bedarfsdeckung möglich wäre. Diese könne beispielsweise durch eine teilweise Widmung erreicht werden. Ebenso sei auch keine ausreichende Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt worden.
1.2. Der Gemeinderat der Stadt Wien tritt diesem Vorbringen in seiner Äußerung mit folgender Argumentation entgegen:
"Die Versorgung der Bevölkerung mit Grünflächen kann im Plangebiet in quantitativer und qualitativer Hinsicht als hochwertig beurteilt werden. Es handelt sich hierbei jedoch vorwiegend um Bauland (welches gärtnerisch auszugestalten ist) und nicht um Grünland, welches auf die Vorsorge für der Erholung dienende Grünflächen abzielt.
Darüber hinaus sind viele dieser gärtnerisch auszugestaltenden Flächen privater Natur. Der Bedarf an einer öffentlich zugänglichen Parkanlage ist in diesem Bezirksteil somit zweifellos gegeben. Eine solche würde auch die Erreichbarkeit einer öffentlichen Grünfläche für mobilitätseingeschränkte Personen des Wohnumfeldes wesentlich verbessern.
[...]
Die Erhaltung dieser Grünfläche als Ganzes stellt ein wesentliches Ziel der Stadt Wien dar. Dieses dokumentiert sich einerseits seit Jahrzehnten in den jeweils rechtskräftigen Flächenwidmungsplänen, andererseits auch durch konkrete Verkaufsverhandlungen, welche zwischen der Stadt Wien und dem Eigentümer durchgeführt wurden. Mit den vorgesehenen Bebauungsbestimmungen soll im Plangebiet eine Verdichtung und Beeinträchtigung des örtlichen Stadt- und Landschaftsbildes vermieden werden. Die lockere Bebauung und gute Durchgrünung der Wohngebiete im Nahbereich zum verordneten 'Landschaftsschutzgebiet Döbling' sollen auch künftig erhalten bleiben.
Obgleich mit dem Wegfall der Zusatzbestimmung für öffentliche Zwecke der Zugriff auf die gegenständliche Liegenschaft für eine Ausgestaltung nicht mehr erzwungen werden kann, stellt dieses private Grünareal auch weiterhin einen essentiellen Bestandteil des gesamten Grünareals dar. Die seitens der Stadt Wien mit dem Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft durchgeführten Verkaufsverhandlungen bringen zum Ausdruck, dass es nach wie vor erklärtes Ziel der Stadt Wien ist, eine zusammenhängende Parkanlage zu realisieren.
[...]
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die gegenständliche derzeit private als Epk gewidmete Liegenschaft im Hinblick auf eine künftige Ausgestaltung der unmittelbar angrenzenden Liegenschaften der Stadt Wien als Parkanlage eine ganze Reihe von wichtigen Funktionen einnimmt und auch für die erholungssuchende Bevölkerung insgesamt betrachtet einen essentiellen Baustein im Gesamtgefüge 'Park' darstellt. Darüber hinaus ist dieser Grünraum, der bis zum Hornsberg führt, laut STEP 2005 als wichtiger stadtgliedernder Grünzug und wesentliche Grünverbindung, welche fußläufig erschlossen ist, ausgewiesen."
1.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. dazu VfSlg. 6780/1972 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfSlg. 12.227/1989, 15.367/1998, 15.771/2000) gilt der erste Satz des Art5 StGG auch für Eigentumsbeschränkungen. Der Gesetzgeber kann aber angesichts des in Art1 1. ZPEMRK enthaltenen Gesetzesvorbehalts Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (vgl. VfSlg. 9189/1981, 10.981/1986 und 15.577/1999), soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. zB VfSlg. 9911/1983, 14.535/1996, 15.577/1999 und 17.071/2003) und nicht unverhältnismäßig ist (vgl. etwa VfSlg. 13.587/1993, 14.500/1996, 14.679/1996, 15.367/1998 und 15.753/2000).
1.4. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in VfSlg. 13.744/1994 in einem der Erhaltung des Grünlandes vergleichbaren Fall der Errichtung einer Verkehrsfläche ausgeführt, dass "auf den Wegfall des öffentlichen Interesses an der Errichtung einer Verkehrsfläche mit einer entsprechenden Widmungsänderung zu reagieren ist" und dass "[e]ine Widmung als Verkehrsfläche [...] also nur insoweit und nur solange gesetzmäßig [ist], als der die Enteignung rechtfertigende Zweck gegeben ist". Fehlt es - wie in der Wiener Bauordnung - an einer gesetzlich festgelegten Frist für die Verwirklichung im öffentlichen Interesse geplanter Vorhaben, so hat es der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 13.744/1994 aber als für die Verwirklichung einer Verkehrsflächenplanung "denkbar" bezeichnet, dass "in manchen - durchaus nicht vernachlässigbaren - Fällen, wie [...] bei [...] Enteignungen", die mehr als 30 Jahre zurücklagen, "die Frist zur Verwirklichung des Enteignungszweckes länger dauern kann, ohne daß dies sachwidrig wäre". Unter Heranziehung der vom EGMR (Fall Sporrong u. Lönnroth, EuGRZ 1983, 523 f.) angestellten, unter dem Aspekt des verfassungsgesetzlichen Eigentumsschutzes vorgetragenen Überlegungen hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 13.820/1994 zwar festgehalten, dass eine Verkehrsflächenwidmung ohne entsprechende Verwirklichungsmaßnahmen nicht eine unbegrenzt lange Zeit dauern darf. Er hat dabei die Angemessenheit des Verwirklichungszeitraumes für die nähere Planung oder den Bau der Verkehrsfläche danach beurteilt, ob der dafür benötigte Zeitraum der Größe, der Kompliziertheit und Kostenintensität des Verkehrsvorhabens entspricht (vgl. VfSlg. 14.969/1997). Schließlich hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 19.074/2010 festgehalten, dass eine Verpflichtung zur Aufhebung einer Verkehrsflächenwidmung sich auch nicht zwingend aus dem Umstand ergibt, dass eine grundsätzliche Möglichkeit zum Ausbau seit über 50 Jahren bestanden hat. Die verfassungsrechtlich notwendige Angemessenheit der Eigentumsbeschränkung ergibt sich auch daraus, dass diese "keinen besonderen, hinsichtlich seiner Schwere etwa mit einer Enteignung des gesamten Grundstückes vergleichbaren Eigentumseingriff bildet, sodass diese Verkehrsflächenwidmung [...] auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer langjährigen, vorausschauenden Verkehrsplanung von den an die geplante Verkehrsfläche angrenzenden Grundeigentümern hinzunehmen ist."
1.5. Im Lichte dieser Judikatur ist die Aufrechterhaltung der seit rund 31 Jahren bestehenden Widmung "Grünland/Erholungsgebiete/Parkanlagen" angemessen, zumal die Gemeinde Wien in Ankaufsverhandlungen - zuletzt im Jahr 2004 - auch das Einvernehmen mit dem Grundeigentümer gesucht und so das Weiterbestehen des Widmungsinteresses dokumentiert hat. Dass das öffentliche Interesse an der Errichtung einer Parkanlage bzw. an der Widmung "Grünland" weiterhin besteht, hat die verordnungserlassende Behörde in ihrer Äußerung überzeugend dargelegt.
2. Der zweite vom Antragsteller erhobene Vorwurf
sieht einen Widerspruch der Verordnung zum Gleichheitsgebot des Art2 StGG:
2.1. Dies begründet der Antragsteller damit, dass die Widmung völlig sachwidrig sei, weil sie nicht nur mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht in Einklang stehe, sondern auch zu dem im Erläuterungsbericht zum PD 7677 angeführten Ziel der "Vorsorge für Flächen für den erforderlichen Wohnraum" in Widerspruch stehe. Für die Errichtung eines Spielplatzes bestehe auch kein öffentliches Interesse, weil das Flächenausmaß des Areals der Ö-Norm für Spielplätze B 2607 nicht entspreche. Außerdem sei in rund 200 m Entfernung ein Spielplatz errichtet worden, der diese Kriterien erfülle. Bei rechtskonformer und dem Gleichheitsgebot entsprechender Auslegung der Bauordnung für Wien müsste die Liegenschaft daher als Bauland gewidmet werden.
2.2. Der Gemeinderat der Stadt Wien hält dem
entgegen:
"Voraussetzung für die Errichtung einer qualitativ hochwertigen Parkanlage ist ein entsprechendes Flächenausmaß von ca. 1 ha (dies entspricht einer klassischen Wiener wohngebietsbezogenen Park- und Grünanlagenfläche), eine geeignete Konfiguration, sowie die Situierung der Grundflächen innerhalb des Stadtgefüges. Die als Epk ausgewiesene und größtenteils bereits im Eigentum der Stadt Wien stehende Fläche erfüllt auf Grund ihrer Größe, des vorhandenen Baumbestandes und der Breite und Länge des Areals die Voraussetzungen für eine vielseitige Ausgestaltung für unterschiedliche Nutzerbedürfnisse. Die seitens des Antragstellers vorgeschlagene Umwidmung von Teilbereichen des Gesamtareals in Bauland würde diese Voraussetzungen konterkarieren bzw. nur eine Ausgestaltung in einem eingeschränkten Ausmaß ermöglichen. Der Antragsteller selbst spricht auf Seite 10 seines Schriftsatzes davon, dass eine Fläche von ca. 1 ha als notwendige Größe erforderlich sei."
2.3. Es liegt im Planungsermessen des Verordnungsgebers, die beiden im Erläuterungsbericht zum PD 7677 genannten Ziele, "Vorsorge für Flächen für den erforderlichen Wohnraum" und "Vorsorge für der Erholung dienende Grünflächen", entsprechend zu gewichten. Da auch die Argumentation des Wiener Gemeinderats, dass die Einbeziehung der Liegenschaft des Antragstellers in die geplante Parkanlage für die Errichtung der Parkanlage unverzichtbar sei, überzeugt, liegt die Beibehaltung der bekämpften Widmung im PD 7677 jedenfalls im Planungsermessen des Verordnungsgebers. Sie ist somit auch sachlich gerechtfertigt. Daran kann auch die Errichtung eines in rund 200 m Entfernung liegenden Spielplatzes nichts ändern, da dieser nicht die Funktionen des Bereichs, dessen Grünlandwidmung der Antragsteller anficht, erfüllen kann.
3. Als weiteres Bedenken bringt der Antragsteller das Fehlen einer ausreichenden Grundlagenforschung vor:
3.1. Es könne das auf Seite 9 des Erläuterungsberichts zum PD 7677 genannte Ziel der Realisierung einer zusammenhängenden Parkanlage nicht als ausreichende Grundlagenforschung für sehr unterschiedliche Festlegungen der Widmungen im Planungsgebiet und für die besonders restriktive Widmung der Liegenschaft des Antragstellers angesehen werden.
3.2. Auch mit diesem Vorwurf ist der Antragsteller nicht im Recht: Der bekämpfte Flächenwidmungs- und Bebauungsplan hat eine seit rund 31 Jahren bestehende Widmung als Grünland nicht geändert. Der Verordnungsgeber ist nicht gehalten, eine bereits seit Jahrzehnten bestehende Widmung - ohne augenscheinliche Änderung der Grundlagen - in Frage zu stellen. Das Argument des Antragstellers, dass der Verordnungsgeber es unterlassen habe, eine für die Erlassung des PD 7677 ausreichende Grundlagenforschung (die Grundstücke des Antragstellers betreffend) anzustellen, geht daher bereits aus diesem Grund ins Leere. Im Gegenteil, es dürfen gemäß §1 Abs4 Wiener Bauordnung Abänderungen von Flächenwidmungsplänen und Bebauungsplänen nur aus wichtigen Rücksichten vorgenommen werden. Solche sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
Abgesehen davon bezeichnet der Erläuterungsbericht zu PD 7677 "die Versorgung der Bevölkerung mit Grünflächen [im Planungsgebiet] quantitativ und qualitativ als hochwertig". Daraus ist abzuleiten, dass augenscheinlich keine Anhaltspunkte vorgelegen sind, die den Verordnungsgeber dazu verhalten hätten, eine entsprechende Grundlagenforschung für die Beibehaltung der Grünlandwidmung vorzunehmen. Eine Umwidmung der Grundstücke etwa in Bauland hätte vielmehr, infolge quantitativer Verminderung der Grünflächen im Planungsgebiet, zu einem Widerspruch zu dieser positiven Bewertung führen können.
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Der Antrag auf Aufhebung der Verordnung in dem im Punkt I.1. angegebenen Umfang erweist sich sohin als unbegründet und wird daher abgewiesen.
2. Der Antragsteller hat gemäß §84 Abs1 VfGG
beantragt, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen.
2.1. Nach Art6 Abs1 EMRK hat jedermann in Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich gehört wird. Daraus ist abzuleiten, dass jedenfalls dann, wenn eine Verhandlung beantragt wird, grundsätzlich ein Anspruch auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung besteht (vgl. Grabenwarter, Art6 EMRK, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 137 [2007] unter Hinweis auf EGMR 28.5.1997, Fall Pauger, Appl. 16.717/90, Z60).
2.2. Die Entscheidung über den Antrag betrifft einen zivilrechtlichen Anspruch i.S.v. Art6 EMRK ("civil right"), nämlich das Recht, auf einem Grundstück ein Gebäude zu errichten (vgl. EGMR 25.11.1994, Fall Ortenberg, Appl. 12.884/87, Z28). Aus diesem Grund ist die Anwendung dieses verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes vom Verfassungsgerichtshof grundsätzlich zu prüfen.
2.3. Nach der Rechtsprechung des EGMR kann eine mündliche Verhandlung in Verfahren gemäß Art6 Abs1 EMRK unterbleiben, wenn außergewöhnliche Umstände dies rechtfertigen. Unter Berücksichtigung der Anforderung an Verfahrensökonomie und Effektivität seiner Entscheidung kann das Gericht von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z37 ff.; EGMR 8.2.2005, Fall Miller, Appl. 55.853/00, Z29 mwN).
2.4. Im vorliegenden Fall konnte auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden, sodass kein Erfordernis einer Verhandlung nach Art6 Abs1 EMRK bestand. Vor diesem Hintergrund sieht sich der Verfassungsgerichtshof auch nicht veranlasst, auf die grundsätzliche Frage einzugehen, ob sich in Normenkontrollverfahren gemäß der österreichischen Bundesverfassung überhaupt eine Verpflichtung aus Art6 EMRK ergibt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
2.5. Diese Entscheidung konnte daher gemäß § 19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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