European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0150OS00112.25X.1015.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Medienrecht
Spruch:
Im Verfahren AZ 24 Hv 15/24x des Landesgerichts Linz verletzen
1. der Beschluss dieses Gerichts vom 22. Mai 2024 (ON 12) § 381 Abs 1 Z 7 StPO iVm Tarifpost 13 lit a und c GGG;
2. der Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 19. Juli 2024, AZ 8 Bs 123/24f (ON 16.2),
a. in Ansehung der Rechtsansicht, wonach Anträge nach § 8a MedienG nicht unter Tarifpost 13 lit a GGG, sondern unter Tarifpost 13 lit c GGG fallen, die genannten Bestimmungen;
b. durch den Ausspruch, dass der Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen habe, § 390a Abs 1 StPO.
Gründe:
[1] Mit beim Landesgericht Linz zu AZ 24 Hv 15/24x eingebrachtem Schriftsatz beantragte * O*, die Antragsgegnerin * S* wegen Veröffentlichung des Artikels mit der Überschrift „Oberösterreich: Corona‑Skeptiker fuhr mit toter Ehefrau im Kofferraum durch die Gegend“ auf deren Website zur Zahlung einer Entschädigung nach §§ 7, 7a, 7b MedienG (§ 8a MedienG), zur Veröffentlichung einer Mitteilung über das eingeleitete Verfahren (§ 8a Abs 5 MedienG), zur Urteilsveröffentlichung (§ 8a Abs 6 MedienG) sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten zu verpflichten.
[2] Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts Linz vom 18. April 2024 wurde die Antragsgegnerin wegen der inkriminierten Veröffentlichung zur Zahlung einer Entschädigung an den Antragsteller, zur Urteilsveröffentlichung sowie gemäß §§ 8a Abs 1, 41 Abs 1 MedienG iVm § 389 Abs 1 StPO zur Tragung der Kosten des Verfahrens verurteilt.
[3] Mit Kostenbestimmungsantrag begehrte der Antragsteller, die Kosten seiner anwaltlichen Vertretung zu bestimmen, wobei darin – soweit hier von Bedeutung – als Barauslage die gemäß Tarifpost 13 lit a GGG eingezogene Pauschalgebühr in Höhe von 287 Euro verzeichnet wurde.
[4] Mit Beschluss vom 22. Mai 2024 (ON 12) bestimmte das Landesgericht Linz die zu ersetzenden Vertretungskosten, wobei es – soweit hier von Interesse – für den Antrag nach § 8a MedienG eine Gebühr in Höhe von 87 Euro zuerkannte. Begründend verwies das Erstgericht darauf, dass Eingabegebühren nach Tarifpost 13 lit a GGG nur für Privatanklagen und Anträge des Privatanklägers auf Erlassung vermögensrechtlicher Anordnungen nach § 445 StPO anfallen; für Anträge gemäß § 8a MedienG hingegen Tarifpost 13 lit c GGG gelte, der eine Gebühr von 87 Euro vorsehe.
Rechtliche Beurteilung
[5] Dagegen erhob der Antragsteller Beschwerde, mit der er die Zuerkennung des Ersatzes der entrichteten Eingabegebühr in voller Höhe begehrte. In der Folge wurde die Rückzahlung eines Betrags von 200 Euro an ihn veranlasst.
[6] Mit Beschluss vom 19. Juli 2024, AZ 8 Bs 123/24f (ON 16.2), gab das Oberlandesgericht Linz der Beschwerde nicht Folge und verpflichtete den Antragsteller „gemäß § 390a Abs 1 StPO iVm §§ 8a Abs 1, 41 Abs 1 MedienG“ zur Tragung der Kosten des Beschwerdeverfahrens.
[7] Dies begründete das Beschwerdegericht in Ansehung der Eingabegebühr damit, dass es sich beim verfahrenseinleitenden Schriftsatz um einen (sonstigen) Antrag nach dem MedienG handle, der unter Tarifpost 13 lit c GGG falle und für den somit eine Gebühr von 87 Euro anfalle. Den Ausspruch der Verpflichtung des Antragstellers zur Tragung der Kosten des Beschwerdeverfahrens stützte es auf § 390a Abs 1 StPO und führte dazu aus, dass diese Bestimmung auch für die Kosten einer Kostenbeschwerde Geltung habe und die hier gänzlich erfolglose Kostenbeschwerde vom Gegner des Kostenersatzpflichtigen erhoben worden sei.
[8] Im genannten Verfahren des Landesgerichts Linz stehen – wie die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend releviert – der Beschluss dieses Gerichts vom 22. Mai 2024 sowie der Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 19. Juli 2024 mit dem Gesetz nicht im Einklang:
[9] I. Voranzustellen ist, dass, da das MedienG keine besonderen Regelungen zum Kostenersatz im selbständigen Entschädigungsverfahren nach § 8a MedienG enthält, hiefür gemäß § 41 Abs 1 MedienG die Bestimmungen der StPO, somit auch jene zur Kostenbestimmung des 18. Hauptstücks gelten (15 Os 124/23h [Rz 7]; Lendl, WK‑StPO Vor §§ 380–395a Rz 3).
[10] Voraussetzung für eine Pflicht zur Zahlung der Kosten des Verfahrens nach § 8a MedienG ist grundsätzlich ein konstitutiver Kostenausspruch in der das Verfahren in erster Instanz erledigenden (Sach‑)Entscheidung, somit – wie hier – in einem Urteil (§ 389 Abs 1 iVm § 260 Abs 1 Z 5 StPO).
[11] Zu den – von der in der verfahrensbeendenden Sachentscheidung zum Kostenersatz verpflichteten Partei zu ersetzenden – Kosten des selbständigen Verfahrens nach § 8a MedienG zählen gemäß § 381 Abs 1 StPO ua die nach Maßgabe der Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) und des einen Bestandteil des GGG bildenden Tarifs (§ 1 Abs 1 GGG) zu entrichtenden Gerichtsgebühren (Z 7 des § 381 Abs 1 StPO).
[12] Die für Anträge nach dem MedienG – mit deren Überreichung bei Gericht (§ 2 Z 2 GGG) – nach Tarifpost 13 GGG zu entrichtenden Pauschalgebühren (§ 3 Abs 3 Z 5 GGG) hat grundsätzlich der einschreitende Antragsteller zu zahlen (§ 7 Abs 1 Z 2 GGG; vgl Lendl, WK‑StPO § 380 Rz 5; § 381 Rz 42). Nach Rechtskraft der gemäß § 389 Abs 1 StPO im Urteil ausgesprochenen Verpflichtung des Antragsgegners zum Ersatz der Verfahrenskosten hat das Gericht mit gesondertem Beschluss zu bestimmen, welche Kosten der Antragsgegner in welcher Höhe zu leisten hat (RIS‑Justiz RS0101475; vgl Lendl, WK‑StPO Vor §§ 380–395a Rz 8, § 389 Rz 6).
[13] Dem siegreichen Privatankläger (hier: Antragsteller nach § 8a MedienG) ist die Eingabegebühr vom Ersatzpflichtigen als Barauslage zu ersetzen (§ 389 Abs 1 iVm § 381 Abs 1 Z 7 StPO; Lendl, WK‑StPO § 380 Rz 5).
[14] Zu deren Höhe ist auszuführen, dass selbständige Anträge nach § 8a MedienG – der Ansicht der befassten Gerichte zuwider – unter Tarifpost 13 lit a GGG fallen:
[15] Nach § 8a Abs 1 MedienG gelten für das Verfahren über einen selbständigen Antrag, soweit im MedienG nichts anderes bestimmt ist, die Bestimmungen für das strafrechtliche Verfahren aufgrund einer Privatanklage sinngemäß.
Die Überschrift zu Tarifpost 13 GGG lautet seit Inkrafttreten des GGG (BGBl 1984/501) mit 1. Jänner 1985 unverändert „Strafverfahren auf Grund von Privatanklagen“ (vgl auch die Terminologie in § 3 Abs 3 Z 5 und Abs 4 GGG).
[16] In der Stammfassung des GGG wurden unter Tarifpost 13 als Eingabegebühren unter lit a „Anträge des Privatanklägers auf Einleitung des Strafverfahrens“ genannt. Anträge nach dem (mit 1. Jänner 1982 in Kraft getretenen) MedienG (BGBl 1981/314) waren in Tarifpost 13 GGG nicht gesondert angeführt.
[17] Der Verwaltungsgerichtshof hat klargestellt, dass unter Tarifpost 13 lit a GGG ua auch selbständige Anträge auf Entschädigung nach (damals) § 8 Abs 3 MedienG (idF BGBl I 1981/314) fallen, weil diese verfahrensrechtlich dem Strafantrag im Strafverfahren entsprechen, auf die betreffenden Verfahren (gemäß §§ 8 Abs 3, 41 Abs 1 MedienG idF BGBl I 1981/314) die Bestimmungen der StPOfür das Verfahren über eine Privatanklage anzuwenden sind und insofern auf derartige verfahrenseinleitende Anträge nach dem MedienG auch die für Privatanklagen geltenden gebührenrechtlichen Vorschriften Anwendung finden (VwGH 7. 5. 1987, 86/16/0042; vgl auch VwGH 11. 6. 1987, 86/16/0153).
[18] Mit dem Budgetbegleitgesetz 2009 (BGBl I 2009/52) wurde Tarifpost 13 GGG insofern neu gefasst, als diese nun in der Überschrift „Eingabengebühren und Fortsetzungsgebühren“ nennt und unter lit a „Anträge des Privatanklägers auf Einleitung oder Fortsetzung des Strafverfahrens“ angeführt sowie unter lit c „sonstige Anträge nach dem Mediengesetz“ genannt sind. Durch die Aufnahme der lit c sollte eine Gebührenpflicht für bislang gebührenfreie Anträge (etwa Durchsetzungsanträge nach § 20 MedienG [vgl hiezu VwGH 11. 6. 1987, 86/16/0153 sowie VwGH 26. 4. 2018, Ro 2016/16/0022]) eingeführt werden. In lit a leg cit werden alle Anträge des Privatanklägers auf Einleitung und Fortsetzung des Strafverfahrens erfasst, lit c leg cit soll alle sonstigen Anträge nach dem MedienG umfassen und führte solcherart zu einer Erweiterung der Gebührenpflicht im MedienG (siehe dazu ErläutRV 113 BlgNR 24. GP 20, 29; Lendl, WK‑StPO § 380 Rz 6). Selbständige Anträge nach § 8a MedienG waren weiterhin – im Sinn der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs – von Tarifpost 13 lit a GGG erfasst (ErläutRV 113 BlgNR 24. GP 29; Rami in WK² MedienG § 8a Rz 3/2).
[19] Mit dem Hass‑im‑Netz‑Bekämpfungsgesetz (BGBl I 2020/148) wurde Tarifpost 13 lit a GGG insofern novelliert, als diese im Sinn der (gleichzeitigen) Neufassung des § 71 StPO nun die „Privatanklage und Anträge des Privatanklägers auf Erlassung vermögensrechtlicher Anordnungen nach § 445 StPO“ nennt. Damit sollten die nun in § 71 Abs 3 StPO (idF BGBl I 2020/148) genannten verfahrenseinleitenden Anträge des Privatanklägers erfasst und klargestellt werden, dass für die (neu eingeführten) Anträge zur Ausforschung des Beschuldigten nach § 71 Abs 1 StPO keine Eingabegebühren anfallen (ErläutRV 481 BlgNR 27. GP 13). Tarifpost 13 lit c GGG blieb unverändert.
[20] Die in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (ErläutRV 481 BlgNR 27. GP 13) enthaltene Passage, dass für die neu eingeführten Anträge nach § 71 Abs 1 zweiter Satz StPO keine Eingabegebühren anfallen, ist nicht dahin zu verstehen, dass dadurch die Regelung der Gebühren in Ansehung der selbständigen Anträge nach § 8a MedienG verändert worden wäre. Dieser Hinweis ist vielmehr bloß in Zusammenschau mit den neu eingeführten Anträgen zur Ausforschung des Beschuldigten zu verstehen.
[21] Dass selbständige Anträge nach § 8a MedienG nicht mehr von Tarifpost 13 lit a GGG erfasst sein sollten, sondern nunmehr von Tarifpost 13 lit c leg cit, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen (aA Dokalik/Schuster, Gerichtsgebühren14 TP 13 GGG Anm 3; Dokalik, Gerichtsgebühren24 V. Strafverfahren auf Grund von Privatanklagen, FN 1).
[22] Auch aus dem Umstand, dass Tarifpost 13 lit c GGG – wie bisher – sonstige Anträge nach dem MedienG nennt (etwa Durchsetzungsanträge nach § 20 MedienG) ergibt sich, dass verfahrenseinleitende Anträge nach § 8a MedienG weiterhin unter Tarifpost 13 lit a GGG fallen.
[23] Ferner haben obige Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Anwendbarkeit der gebührenrechtlichen Bestimmungen über die Privatanklage auf die in Rede stehenden Anträge nach dem MedienG, auf die auch nach geltender Rechtslage die für Privatanklagen geltenden Bestimmungen der StPO anzuwenden sind, weiterhin Gültigkeit.
[24] Die in der Begründung der Beschlüsse des Landesgerichts Linz vom 22. Mai 2024 sowie des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 19. Juli 2024 vertretene Rechtsansicht, wonach Anträge nach § 8a MedienG unter Tarifpost 13 lit c GGG fallen, verletzt daher das Gesetz in § 381 Abs 1 Z 7 StPO iVm Tarifpost 13 lit a und lit c GGG.
[25] II. Die Pflicht zum Ersatz der Kosten einer Kostenbeschwerde kann nur eine Person treffen, die bereits im Grundverfahren zum Kostenersatz verpflichtet wurde (§ 41 Abs 1 MedienG iVm § 389 Abs 1 oder § 390 Abs 1 zweiter Satz StPO sowie § 390a Abs 1 erster Satz StPO).
[26] Dass in Beschlüssen über Kostenbeschwerden eigenständig über eine grundsätzliche Pflicht zum Ersatz (nur) der Kosten der Kostenbeschwerde oder des darüber geführten Verfahrens abzusprechen wäre, ergibt sich weder aus § 390a Abs 1 StPO noch aus einer anderen gesetzlichen Bestimmung (vgl 15 Os 124/23h [Rz 12]).
[27] In den Beschluss des Oberlandesgerichts über die Kostenbeschwerde wurde somit zu Unrecht ein auf § 390a Abs 1 StPO gestützter grundsätzlicher Kostenausspruch in Ansehung des Antragstellers aufgenommen. Dies verletzt das Gesetz in der genannten Bestimmung (RIS‑Justiz RS0101332 [T5], RS0101566).
[28] Da die aufgezeigten Gesetzesverletzungen der Antragsgegnerin, der gemäß § 41 Abs 6 MedienG die Rechte des Angeklagten zukommen, nicht zum Nachteil gereichen (§ 292 letzter Satz StPO iVm § 41 Abs 1 MedienG), waren sie bloß festzustellen (Ratz, WK‑StPO § 292 Rz 43 ff).
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