OGH 5Ob19/25t

OGH5Ob19/25t23.9.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. Weixelbraun‑Mohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Mag. S*, vertreten durch Dr. Günther Schmied, Mag. Micha Kriebernegg, Rechtsanwälte in Graz, gegen die Antragsgegnerinnen 1. P* GmbH & Co KG, *, vertreten durch die Neubauer Fähnrich Rechtsanwälte GmbH & Co KG, in Graz, 2. P* GmbH in Liquidation, *, vertreten durch Pacher & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Graz, wegen § 16 iVm § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 20. November 2024, GZ 5 R 139/24h‑25, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0050OB00019.25T.0923.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Antragsteller ist seit 1. 10. 1978 Hauptmieter einer Wohnung. Die Erstantragsgegnerin ist seit 1. 7. 2022 die Vermieterin. Im unbefristeten schriftlichen Mietvertrag vom 19. 9. 1978 wurde ein Hauptmietzins von 300 ATS (entspricht 21,80 EUR) und die Wertsicherung des monatlichen Hauptmietzinses nach dem VPI 1976 vereinbart. In der „Ergänzung zum Mietvertrag“ vom 14. 2. 2000 wurde die Erhöhung des monatlichen Hauptmietzinses auf 1.400 ATS (entspricht 101,74 EUR) und die Wertsicherung des monatlichen Hauptmietzinses nach der im Mietvertrag vom 19. 9. 1978 enthaltenen Wertsicherungsregelung vereinbart. Mit Vorschreibung vom 8. 1. 2020 wurde der monatliche Hauptmietzins anhand des VPI 1976 auf 161,16 EUR ab 1. 2. 2020 angehoben. Die Erstantragsgegnerin erhöhte mit Vorschreibung vom 13. bzw 17. 6. 2022 den monatlichen Hauptmietzins – ausgehend vom Kategoriemietzins C – auf 194 EUR ab 1. 7. 2022 und mit Vorschreibung vom 10. 7. 2023 – wieder ausgehend vom Kategoriemietzins C – auf 216,31 EUR ab 1. 8. 2023.

[2] Mit seinem Antrag an die Schlichtungsstelle vom 13. 9. 2023 begehrte der Antragsteller die Feststellung, dass die Mietzinsvorschreibungen vom 13. bzw 17. 6. 2022 und jene vom 10. 7. 2023 insoweit unwirksam seien, als sie den am 14. 2. 2000 vertraglich vereinbarten monatlichen Hauptmietzins von 101,74 EUR überstiegen.

[3] Das Erstgericht stellte mit seinem Sachbeschluss die Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses ab 1. 7. 2022 insoweit fest, als dieser den Betrag von monatlich 104,74 EUR (richtig: 101,74 EUR) übersteige.

[4] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erstantragsgegnerin teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es die Mietzinsvorschreibungen (nur) insoweit für unwirksam erklärte, als sie den Betrag von monatlich 161,16 EUR überschritten. Rechtlich ging es – soweit für das Revisionsrekursverfahren noch relevant – davon aus, dass eine Indexierung nach dem Kategoriemietzins mangels Vereinbarung ausscheide. Auch die Anhebung des Mietzinses nach § 45 MRG sei unzulässig, weil mit der „Ergänzung zum Mietvertrag“ vom 14. 2. 2000 ein Neuerungsvertrag zustande gekommen sei und § 45 MRG nur für Mietverträge zur Anwendung komme, die vor dem 1. 3. 1994 abgeschlossen worden seien. Die mit den beiden Vorschreibungen aus 2022 und 2023 erfolgten Anhebungen des Hauptmietzinses seien daher unwirksam. Hingegen sei der – vor diesen bekämpften Vorschreibungen – zuletzt anhand des VPI 1976 indexierte und ab 1. 2. 2020 vorgeschriebene monatliche Hauptmietzins von 161,16 EUR vom Antragsteller nicht bekämpft worden, sodass auf sein Vorbringen zur Unwirksamkeit der Wertsicherungsvereinbarung nicht einzugehen sei.

Rechtliche Beurteilung

[5] Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers, in dem er keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG anspricht.

[6] 1. Ergibt sich durch die Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung ein höherer Hauptmietzins als nach § 16 Abs 1 bis 7 MRG zu diesem Zeitpunkt zulässig ist, so ist der übersteigende Teil unwirksam (§ 16 Abs 9 Satz 1 MRG). Nach § 16 Abs 9 letzter Satz MRG ist eine sich durch die Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung ergebende Unwirksamkeit des erhöhten Hauptmietzinses ebenfalls binnen der in § 16 Abs 8 MRG genannten Frist von drei Jahren geltend zu machen. Die Frist beginnt dabei ab dem Zeitpunkt zu laufen, ab dem das Erhöhungsbegehren des Vermieters wirksam wird (RS0117892 [T1]).

[7] 2. Der Fachsenat hat bereits klargestellt, dass es sich bei der Frist des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG um eine Präklusivfrist handelt, deren Versäumen zum Rechtsverlust führt (vgl RS0034591; RS0020748), was bei Aktenkundigkeit von Amts wegen wahrzunehmen ist (RS0112180 [T2]). Der ungenützte Fristablauf bewirktim Ergebnisdie Sanierung teilnichtiger, das erlaubte Zinsausmaß überschreitender Mietzinsvereinbarungen (RS0083814 [T2]). Das gilt Kraft des gesetzlichen Verweises in § 16 Abs 9 MRG auch für eine allenfalls unzulässige Erhöhung des Hauptmietzinses durch Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung, sodass eine möglicherweise durch die Zinserhöhung bewirkte Teilunwirksamkeit durch den Ablauf der dreijährigen Präklusivfrist saniert ist.

[8] 3. Die Anhebung des Mietzinses unter Anwendung der vereinbarten Wertsicherungsklausel ab 1. 2. 2020 auf 161,16 EUR hat der Antragsteller nicht fristgerecht bekämpft, sodass eine dadurch bewirkte allfällige Unwirksamkeit saniert ist. Damit bedarf es auch keiner Korrektur, dass das Rekursgericht lediglich den 161,16 EUR übersteigenden Betrag in seine Beurteilung einbezog. Die nachfolgenden, vom Rekursgericht ohnedies für unwirksam erklärten Erhöhungen erfolgten nicht in Anwendung der Wertsicherungsvereinbarung aus 1978, sodass der vom Antragsteller in seinem Revisionsrekurs einzig relevierten Frage nach deren Zulässigkeit insgesamt keine Relevanz zukommt.

[9] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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