OGH 9ObA57/25k

OGH9ObA57/25k23.9.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofrätin Mag. Korn und den Hofrat Dr. Stiefsohn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Dr. Gerhard Bremm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch die HAIDER OBEREDER PILZ Rechtsanwält:innen GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A* GmbH, *, vertreten durch die Wiedenbauer Mutz Winkler & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 3.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 28. Juli 2025, GZ 7 Ra 3/25z‑13, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:009OBA00057.25K.0923.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Arbeitsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Eine vom Obersten Gerichtshof noch nicht ausdrücklich behandelte Frage ist keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO), wenn sie mit einer klaren, das heißt eindeutigen, gesetzlichen Regelung und den Leitlinien der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beantwortet werden kann (RS0042656 [T1, T48]).

[2] 2. Der Schadenersatzanspruch wegen einer diskriminierenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 12 Abs 7 GlBG) setzt nach der klaren gesetzlichen Regelung voraus, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin „die Beendigung“ des Arbeitsverhältnisses „gegen sich gelten lässt“. Ein Tatbestandsmerkmal des Schadenersatzanspruchs ist demnach, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinnimmt, das heißt nicht gegen sie vorgeht. So wies der Oberste Gerichtshof zu 9 ObA 5/14x die Revision einer Arbeitnehmerin gegen die Abweisung ihres auf § 12 Abs 7 GlBG gestützten Schadenersatzbegehrens zurück, weil sie (auf derselben Rechtsgrundlage) auch auf Feststellung des aufrechten Bestands eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses geklagt hatte.

[3] 3. Die Klägerin war am Tag des Ausspruchs der Entlassung durch die Beklagte schwanger. In einem gerichtlichen Verfahren über ihre auf § 12 MSchG gestützte Klage auf Feststellung des aufrechten Bestands des Arbeitsverhältnisses schlossen die Parteien einen Vergleich, nach dem das Arbeitsverhältnis unverändert aufrecht besteht. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe keinen Schadenersatzanspruch nach § 12 Abs 7 GlBG, weil sie die Entlassung nicht gegen sich gelten habe lassen, wirft vor diesem Hintergrund keine erhebliche Rechtsfrage auf. Die abweichende Ansicht der Klägerin, § 12 Abs 7 GlBG gewähre den Schadenersatzanspruch einem Arbeitnehmer oder einer Arbeitnehmerin auch dann, wenn er oder sie den aufrechten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines besonderen Bestandschutzes geltend macht, ist mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen (arg.: „Lässt der/die Arbeitnehmer/in die Beendigung gegen sich gelten“). Sie widerspricht auch den Leitlinien der Entscheidung 9 ObA 5/14x, der die außerordentliche Revision nicht entgegentritt. Schließlich zeigt die Klägerin keine sachliche Rechtfertigung dafür auf, den Eintritt der Rechtsfolge des Schadenersatzanspruchs nach § 12 Abs 7 GlBG im aufrechten Arbeitsverhältnis von der Rechtsgrundlage abhängig zu machen, auf die sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin stützt oder gestützt hat, um den aufrechten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu erreichen. Es steht der Arbeitnehmerin auch im Anwendungsbereich des § 12 MSchG frei, die unberechtigte Entlassung hinzunehmen und die daraus resultierenden Ersatzansprüche geltend zu machen (RS0070847; RS0070860).

[4] 4. Nach der Rechtsprechung darf eine richtlinienkonforme Auslegung einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen nationalen Regelung keinen durch die nationalen Auslegungsregeln nicht erzielbaren abweichenden oder gar entgegengesetzten Sinn geben. Sie kann nur insoweit erfolgen, als das nationale Recht dem Rechtsanwender einen Spielraum lässt (RS0114158 [T5, T7]). § 12 Abs 7 GlBG ist – im dargelegten Sinn – eindeutig und lässt dem Rechtsanwender keinen Spielraum (vgl 9 ObA 5/14x, Punkt II.). Die von der Klägerin angestrebte „richtlinienkonforme Auslegung“ des § 12 Abs 7 GlBG könnte daher zu keinem anderen Ergebnis führen. Aus diesem Grund war auch das von ihr angeregte Vorabentscheidungsersuchen nicht zu stellen.

[5] 5. Ob ein Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht bzw wie weit ein bestimmtes Vorbringen einer Konkretisierung zugänglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls (RS0042828 [T9]). Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin eine behauptete Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen nicht schlüssig aufgezeigt habe (vgl RS0037780), wird in der außerordentlichen Revision nicht bekämpft, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.

[6] 6. Weitere Rechtsfragen spricht die außerordentliche Revision nicht an. Sie ist daher – ohne weitere Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO) – zurückzuweisen.

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