OGH 9Ob96/25w

OGH9Ob96/25w23.9.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Korn, Dr. Stiefsohn, Mag. Böhm und Dr. Gusenleitner‑Helm in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. W*, vertreten durch Dr. Eric Heinke, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. C*, vertreten durch die Vorsorgebevollmächtigte L*, diese vertreten durch die Harisch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 29. Juli 2025, GZ 21 R 74/25s‑215, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0090OB00096.25W.0923.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Familienrecht (ohne Unterhalt), Zivilverfahrensrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Der Oberste Gerichtshof hat sich bei der Prüfung der Frage, ob eine außerordentliche Revision einer weiteren Behandlung unterzogen werden soll, grundsätzlich auf jene Gründe zu beschränken, die in der Zulassungsbeschwerde (§ 506 Abs 1 Z 5 ZPO) als solche angeführt sind (RS0107501). Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zeigt die Beklagte aber nicht auf.

[2] 2. Eine vom Berufungsgericht verneinte Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens kann im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (RS0042981), weil in diesem Umfang ein gemäß § 519 ZPO unanfechtbarer Beschluss des Berufungsgerichts vorliegt (RS0042925 [T5, T8, T14, T15]). Daran vermag auch die Behauptung des Rechtsmittelwerbers nichts zu ändern, dem Berufungsgericht sei selbst ebenfalls eine Nichtigkeit unterlaufen (RS0042981 [T22]). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten in dem Umfang, in dem sie die Nichtigkeit des Ersturteils nach § 477 Abs 1 Z 4, 5 ZPO geltend gemacht hat, verworfen. Damit ist dem Obersten Gerichtshof die Prüfung dieser – auch in der außerordentlichen Revision behaupteten – Nichtigkeitsgründe verwehrt.

[3] 3.1. Legt das Berufungsgericht seiner Entscheidung (unzulässigerweise) überschießende Feststellungen zugrunde, kann das zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache führen (vgl RS0040318 [T2]). Eine Feststellung ist aber nicht schon deshalb überschießend, weil sie sich nicht wörtlich mit dem Parteienvorbringen deckt, sondern nur dann, wenn sie sich nicht im Rahmen des Klagegrundes oder der Einwendungen des Beklagten hält. Ob eine überschießende Feststellung vorliegt, ist – sofern dem Berufungsgericht keine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen ist – eine Frage des Einzelfalls, die über den einzelnen Rechtsstreit hinaus nicht bedeutsam ist (4 Ob 68/24i, Rz 14 mwN).

[4] 3.2. Das Erstgericht hat festgestellt, dass die Beklagte am 4. 7. 2021 plötzlich und ohne ersichtlichen Grund auf den Kläger eingeschlagen hat. Das Berufungsgericht hat diese Feststellung unter Verweis auf das Vorbringen des Klägers, dass es „zumindest ab 20. 12. 2020 vermehrt zu unmotivierten Agressionsausbrüchen der Beklagten“ gekommen sei, als sich im Rahmen des Klagegrundes haltend gewertet. Dass diese Beurteilung im Einzelfall unvertretbar gewesen wäre, behauptet die Beklagte nicht. Anhaltspunkte für eine Unvertretbarkeit sind auch nicht ersichtlich.

[5] 4. Die Beklagte verweist auf die Rechtsprechung, nach der die Frage der sittlichen Rechtfertigung des Scheidungsbegehrens nach § 54 EheG von Amts wegen zu prüfen ist (RS0056839), räumt aber selbst ein, dass die Vorinstanzen das ohnehin getan haben. Mit ihrer Kritik, die zu diesem Thema getroffenen Feststellungen würden für eine abschließende Beurteilung nicht ausreichen, zeigt sie keine über den Einzelfall hinaus bedeutsame Rechtsfrage auf.

[6] 5. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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