European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0040OB00136.25S.0911.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
[1] Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner (im zweiten Rechtsgang), der Antragstellerin einstweiligen Ehegattenunterhalt iSd § 382 Z 8 lit a EO von gesamt 2.415,50 EUR zu leisten, nämlich je 483,10 EUR für die Monate Februar bis Juni 2022. Hingegen wies es ein Mehrbegehren auf (laufenden) Unterhalt von monatlich 1.400 EUR ab 1. 2. 2022 ab.
[2] Gegen diese Entscheidung erhoben beide Parteien Rekurse. Während sich der Rekurs des Antragsgegners gegen den Zuspruch des Unterhaltsrückstands von 2.415,50 EUR wandte, bekämpfte die Antragstellerin den erstinstanzlichen Beschluss nur insoweit, als sie für die Monate Februar bis Juni 2022 einen monatlichen Unterhalt von 875 EUR begehrte und ab Juli 2022 monatlich 415 EUR (wobei sie darauf verwies, dass sie ihren Anspruch tatsächlich bereits auf 980 EUR ab 1. 2. 2022 und 575 EUR ab 1. 7. 2022 eingeschränkt hatte).
[3] Das Rekursgericht gab beiden Rekursen nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO iVm §§ 78, 402 EO nicht zu.
[4] Gegen diese Entscheidung erhob die Antragstellerin einen „außerordentlichen Revisionsrekurs“ an den Obersten Gerichtshof, mit dem sie einen Zuspruch von Unterhalt im Sinne ihrer Rekursanträge erreichen will.
Rechtliche Beurteilung
[5] Das Erstgericht legte das Rechtsmittel direkt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor. Diese Vorlage ist jedoch verfrüht:
[6] 1. Nach § 402 Abs 4 iVm § 78 EO sind auf Revisionsrekurse im Provisorialverfahren grundsätzlich die Vorschriften der Zivilprozessordnung anzuwenden.
[7] Gemäß § 528 Abs 2 Z 1a ZPO ist der Revisionsrekurs – vorbehaltlich des Abs 2a – in familienrechtlichen Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN jedenfalls unzulässig, in denen der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt (§ 502 Abs 4 ZPO), wenn das Gericht zweiter Instanz ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig ist (vgl auch RS0005912 [T7, T14]).
[8] Unter diesen Voraussetzungen ist auch kein außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig (§ 528 Abs 3 ZPO), sondern eine Partei kann nur nach § 528 Abs 2a iVm § 508 ZPO einen Antrag an das Rekursgericht stellen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; mit dieser Zulassungsvorstellung ist der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden.
[9] 2. Die Ermittlung des Werts des vom Rekursgericht behandelten Entscheidungsgegenstands hat sich auch im vorliegenden Provisorialverfahren nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der JN zu richten (§ 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 3 ZPO).
[10] Einer Bewertung durch das Gericht zweiter Instanz bedarf es in Unterhaltssachen aufgrund der zwingenden Bewertungsvorschrift des § 58 Abs 1 JN nicht; dies gilt ebenso für einstweilige Verfügungen gemäß § 382 Z 8 lit a EO auf vorläufigen Unterhalt (RS0110920 [T2]).
[11] Gemäß § 58 Abs 1 JN ist auch der Wert des einstweiligen Unterhalts zwingend mit der dreifachen Jahresleistung vorgegeben (RS0110920 [T4]). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts in Unterhaltsbemessungsverfahren ist der 36-fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war, wobei regelmäßig auf den laufenden Unterhalt abzustellen ist (RS0122735; RS0103147 [T23, T33]).
[12] 3. Hier wurde die Wertgrenze von 30.000 EUR bereits durch die Antragseinschränkung unterschritten, sodass dem Obersten Gerichtshof im derzeitigen Verfahrensstadium keine Entscheidungskompetenz zukommt.
[13] Das Erstgericht wird zu beurteilen haben, ob es die Eingabe als Zulassungsvorstellung iSd § 528 Abs 2a ZPO (iVm § 508 ZPO und §§ 78, 402 EO) wertet und dem Rekursgericht vorlegt, oder aber ein Verbesserungsverfahren durchführt (vgl RS0109501).
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