European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0150OS00083.25G.0910.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
Das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 26. März 2025, GZ 9 Hv 3/25k-90, verletzt im * W* betreffenden Schuldspruch zu III./ § 28 Abs 1 erster Satz zweiter Fall SMG.
Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch des Angeklagten W* zu III./, demzufolge auch im diesen betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird insoweit in der Sache selbst erkannt:
W* wird gemäß § 259 Z 3 StPO vom Vorwurf freigesprochen, er habe
III./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde, besessen, indem er Teilmengen des unter Punkt I./A./ genannten selbst erzeugten Cannabiskrauts (beinhaltend THCA und Delta‑9‑THC) für den Verkauf lagerte, und zwar
a./ zwischen einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt und 29. Juli 2024 in I* insgesamt 1.961,8 Gramm Cannabiskraut (beinhaltend zumindest 7,2 % THCA und zumindest 0,55 % Delta‑9‑THC);
b./ zwischen einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt und 30. Juli 2024 in W* insgesamt 892,3 Gramm Cannabiskraut (beinhaltend zumindest 10,63 % THCA und zumindest 0,81 % Delta‑9‑THC).
W* wird für die ihm weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
Die Vorhaftanrechnung wird dem Erstgericht überlassen.
Gründe:
[1] Mit Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 26. März 2025, GZ 9 Hv 3/25k-90, wurde * W* jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I./A./) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I./B./), jeweils eines Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG (II./a./ und b./) und nach § 28 Abs 1 erster Satz zweiter Fall SMG (III./), mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (IV./) sowie des Verbrechens des bildlichen sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterials und bildlicher sexualbezogener Darstellungen minderjähriger Personen nach § 207a Abs 3 (teils erster, teils zweiter Satz) und Abs 3b zweiter Fall StGB (V./) schuldig erkannt. Er wurde hiefür in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
[2] Danach hat er
I./ vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabiskraut (beinhaltend THCA und Delta‑9‑THC), in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge
A./ erzeugt, indem er Indoor‑Cannabisplantagen betrieb, darin unter Einsatz entsprechender Technik Cannabispflanzen bis zur Blüte aufzog, die Blüten aberntete und trocknete, und zwar
1./ zwischen Februar 2024 und 29. Juli 2024 in I* zumindest 3.661,8 Gramm „Blüten/Cannabiskraut“ beinhaltend zumindest 7,2 % THCA und zumindest 0,55 % Delta-9-THC;
2./a./ im Zeitraum 2022 bis 29. Juli 2024 in W* 10.000 Gramm „Blüten/Cannabiskraut“ beinhaltend zumindest 10,63 % THCA und zumindest 0,81 % Delta‑9‑THC;
B./ „zu nicht mehr festzustellenden Zeitpunkten [ab dem Jahr 2022 – vgl US 11] an nicht mehr festzustellenden Orten nicht mehr festzustellenden Abnehmern“ gewinnbringend überlassen, indem er aus den unter Punkt I./A./ genannten Ernten insgesamt zumindest 8.000 Gramm Cannabiskraut verkaufte und 960 Gramm an * T* verschenkte;
II./ (nach den zu I./A./ beschriebenen Ernten – vgl US 10) Cannabispflanzen (§ 27 Abs 1 Z 2 SMG) zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge Suchtgift, nämlich Cannabiskraut, mit dem Vorsatz angebaut, dass dieses in Verkehr gesetzt werde, indem er im Rahmen von Indoor‑Plantagen Cannabispflanzen setzte und zur Blüte brachte bzw bringen wollte, und zwar
a./ zwischen einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt und 29. Juli 2024 in I* insgesamt 185 Cannabispflanzen;
b./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem namentlich genannten Mittäter (§ 12 StGB) zwischen einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt und 30. Juli 2024 in W* insgesamt 220 Cannabispflanzen;
III./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde, besessen, indem er Teilmengen des unter Punkt I./A./ genannten selbst erzeugten Cannabiskrauts (beinhaltend THCA und Delta-9-THC) für den Verkauf lagerte, und zwar
a./ „zwischen einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt und 29. Juli 2024“ in I* insgesamt 1.961,8 Gramm Cannabiskraut (beinhaltend zumindest 7,2 % THCA und zumindest 0,55 % Delta‑9‑THC);
b./ „zwischen einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt und 30. Juli 2024“ in W* insgesamt 892,3 Gramm Cannabiskraut (beinhaltend zumindest 10,63 % THCA und zumindest 0,81 % Delta-9-THC);
IV./ bis zum 29. Juli 2024 wiederholt vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Amphetamin-haltiges Speed, MDMA-haltige Ecstasy-Tabletten, THCA- und Delta‑9‑THC‑haltiges Cannabiskraut und Cocain, ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen;
V./ seit zumindest März 2024 bis zu seiner Festnahme [am 29. Juli 2024] viele Abbildungen und Darstellungen „von bildlichem sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterial und bildlichen sexualbezogenen Darstellungen minderjähriger Personen“ (§ 207a Abs 4 StGB) sich in wiederholten Angriffen durch Herunterladen aus dem Internet verschafft und anschließend besessen, indem er die aus dem Internet beschafften insgesamt 1.585 Bilddateien und 186 Videodateien auf seinem Mobiltelefon speicherte, wobei es sich bei den Abbildungen und Darstellungen „überwiegend“ um solche unmündiger Personen handelte.
[3] Dieser Schuldspruch ist in Rechtskraft erwachsen. Über die Berufung des W* gegen den Strafausspruch (ON 103.2) hat das Oberlandesgericht Wien (AZ 19 Bs 133/25k) noch nicht entschieden.
Rechtliche Beurteilung
[4] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt mit dem Gesetz nicht in Einklang:
[5] Wer mit Inverkehrsetzungsvorsatz Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge besitzt, verwirklicht das Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz zweiter Fall SMG. Dieses wird als „Vorbereitungsdelikt“ im technischen Sinn von Suchtgifthandel nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG als stillschweigend subsidiär verdrängt, wenn der Täter in weiterer Folge dieses Suchtgift (in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge) einem anderen überlässt (oder dies versucht; 14 Os 81/24d [Rz 11], 15 Os 110/24a [Rz 10]).
[6] Nach dem Urteilssachverhalt betreffend I./B./ überließ W* Teile der zu I./A./ erzeugten Suchtgifte in einer (insgesamt) das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge großteils gewinnbringend an seine Abnehmer. Dabei war sein Vorsatz auf Tatbildverwirklichung in Teilmengen und kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Zeitraum („von zumindestens zwei Jahren“) sowie den daran geknüpften Additionseffekt gerichtet (US 10 f; RIS‑Justiz RS0112225).
[7] Betreffend den ihm überdies (mit darauf bezogenem Inverkehrsetzungsvorsatz) angelasteten Besitz von Cannabiskraut in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, das am 29. Juli 2024 in I* (III./a./) und am 30. Juli 2024 in W* (III./b./) sichergestellt wurde, lassen die Entscheidungsgründe (US 11) deutlich genug erkennen, dass sich dieser Vorwurf auf (Rest‑)Mengen jener Suchtgiftquanten bezog, in Ansehung derer das dem Angeklagten (im Rahmen tatbestandlicher Handlungseinheit) zur Last gelegte Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I./B./) bereits begonnen hatte. Der Schuldspruch zu III./ erweist sich auf dieser Basis daher als verfehlt (Z 9 lit a [weil es sich um einen Fall scheinbarer Realkonkurrenz handelt]; vgl dazu 14 Os 81/24d [Rz 13]) und war daher aufzuheben. Die aufgezeigte Gesetzesverletzung gereicht dem Angeklagten zum Nachteil, weshalb sich der Oberste Gerichtshof veranlasst sah, deren Feststellung mit konkreter Wirkung zu verbinden (§ 292 letzter Satz StPO) und – auf die im Spruch ersichtliche Weise – in der Sache selbst zu erkennen.
[8] Bei der somit vorzunehmenden Strafneubemessung war nach § 28a Abs 4 SMG von einem Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe auszugehen.
[9] Als erschwerend wertete der Oberste Gerichtshof das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und den langen Tatzeitraum (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) sowie drei einschlägige Vorstrafen (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB), als mildernd hingegen die umfassend geständige Verantwortung des Angeklagten (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB).
[10] Im Rahmen der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 Abs 2 und 3 StGB) fiel das Gewinnstreben (I./B./ [US 10]; 12 Os 82/20f) zu seinem Nachteil ins Gewicht, die Sicherstellung von Suchtgiften (vgl Riffel in WK² StGB § 34 Rz 33) war hingegen als schuldmindernd zu berücksichtigen.
[11] Davon ausgehend (weitere zutreffende Milderungsgründe wurden vom Angeklagten weder im Gerichtstag noch in seiner Berufungsschrift aufgezeigt) entsprach unter Berücksichtigung des Handlungs-, Gesinnungs- und Erfolgsunwerts der Taten die im Spruch genannte Freiheitsstrafe dem Unrechts- und Schuldgehalt derselben sowie der Täterpersönlichkeit.
[12] Die Anrechnung der Vorhaft war dem Erstgericht zu überlassen.
[13] Die Berufung des Angeklagten ist zufolge der Aufhebung des Strafausspruchs gegenstandslos (RIS-Justiz RS0133326).
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