European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:504PRA00031.25F.0808.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck ist von der Entscheidung über die Ausgeschlossenheit von Richtern des Oberlandesgerichts Innsbruck in Verfahren 7 Bs 155/25i des Oberlandesgerichts Innsbruck (27 HR 110/24d des Landesgerichts Feldkirch) ausgeschlossen.
Infolge Ausgeschlossenheit aller anderen Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck wird die Entscheidung über das Rechtsmittel sowie die Entscheidung über allenfalls weitere Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe in diesem Strafverfahren dem Oberlandesgericht Linz übertragen.
Begründung:
Das Oberlandesgericht Innsbruck ist zur Entscheidung über die Beschwerde des Beschuldigten * gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 30.4.2025 berufen. In diesem Ermittlungsverfahren wurden vormals zwei Richter des Landesgerichts Innsbruck als Mitbeschuldigte geführt. Sämtliche Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck haben ihre Befangenheit angezeigt.
Der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck zeigte an, dass das Oberlandesgericht Innsbruck hinsichtlich der Entscheidung über die Befangenheitsanzeigen beschlussunfähig sei, da ein vorschriftsmäßig besetzter Ablehnungssenat nicht zusammentreten könne. Dem könne auch nicht durch eine Abänderung der Geschäftsverteilung begegnet werden. Daher werd der Akt gem § 23 JN dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.
Rechtliche Beurteilung
Hierzu war zu erwägen:
Anders als in Zivilsachen ist in Strafsachen über die Ausgeschlossenheit von Richtern des Oberlandesgerichts nicht durch einen Ablehnungssenat (vgl § 23 JN), sondern durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts zu entscheiden (§ 45 Abs 1 StPO). Über dessen Ausgeschlossenheit entscheidet der Präsident des Obersten Gerichtshofs (§ 44 Abs 2 iVm § 45 StPO). Die Anzeige des Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck ist daher im Sinne einer Anzeige nach den angeführten Bestimmungen zu verstehen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass nicht nur der Präsident, sondern alle Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck ausgeschlossen sind. Ein enger kollegialer Kontakt mit einem im selben Ermittlungsverfahren ursprünglich als Mitbeschuldigten geführten Richter des Landesgerichts Innsbruck lässt – zumal beide Gerichte sich im selben Gebäude befinden – auch bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler den Anschein einer Befangenheit der übrigen Richter des Oberlandesgerichts zu (vgl RIS-Justiz RS0096718). Damit zeigt der Präsident des Oberlandesgerichts Gründe auf, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit im Zweifel zu ziehen (§ 43 Abs 1 Z 3 StPO; RS0096718). Da diese Gründe auch für die anderen Richterinnen und Richter dieses Oberlandesgerichts gelten, also kein ordentlich besetzter Senat zur Entscheidung über das Rechtsmittel gebildet werden kann, war die Zuständigkeit dem Oberlandesgericht Linz zu übertragen.
Die Übertragungskompetenz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs gründet sich darauf, dass den auf die Entscheidung über die Anzeige der Ausgeschlossenheit und über den Antrag auf Ablehnung bezogenen Vorschriften der StPO, nicht anders als dieser insgesamt, die Annahme einer hierarchischen Gerichtsstruktur zur Grunde liegt, womit die Zuständigkeit eines Präsidenten des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Ausgeschlossenheit von Richtern eines anderen Oberlandesgerichts ausscheidet. Diese fällt daher dem insoweit übergeordneten Präsidenten des Obersten Gerichtshofs zu, dem folgerichtig auch die Übertragung der Sache selbst und nicht bloß der darauf bezogenen Entscheidung über die Ausgeschlossenheit von Richtern zukommt (504 Präs 50/24y; 1 Präs 2690-3149/15x; RS0125943).
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