OGH 24Ds3/25p

OGH24Ds3/25p28.7.2025

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 28. Juli 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Dr. Wurdinger als weiteren Richter sowie die Rechtsanwälte Dr. Wachter und Dr. Wittwer als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwalt in *, über die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 5. Februar 2025, AZ D 24/20, D 3/22, nach Einsichtnahme der Generalprokuratur in die Akten in nichtöffentlicher Sitzung (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0240DS00003.25P.0728.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Der Beschwerde wird dahin Folge gegeben, dass die vom Beschuldigten zu ersetzenden Pauschalkosten auf 1.000 Euro herabgesetzt werden.

 

Gründe:

[1] Mit Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 4. Dezember 2023, AZ D 24/20 und D 3/22, wurde * der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt für schuldig erkannt und zu einer Geldbuße von 4.000 Euro (wovon gemäß § 16 Abs 2 letzter Satz DSt ein Teilbetrag in der Höhe von 2.000 Euro für den Zeitraum von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde) sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten verurteilt.

[2] Danach hat er

a) durch eine nicht schlüssig nachvollziehbare Honorarverrechnung sowie durch die nicht unmittelbare Weiterleitung der bei ihm eingegangenen Fremdgelder gegenüber seinem Mandanten im Gerichtsverfahren zu AZ 27 Cg 80/18k des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien sowie für den „außergerichtlichen“ Vertretungszeitraum vom 5. Jänner 2018 bis zum 19. Mai 2020 gegen § 19 RAO verstoßen,

b) durch die Kündigung des Vollmachtsverhältnisses im Strafverfahren zu AZ 63 Hv 147/21d des Landesgerichts für Strafsachen Wien gegenüber seinem Mandanten * D* und der Nichteinhaltung der Verpflichtung gemäß § 11 Abs 2 RAO, die Vertretungstätigkeit 14 Tage über die Vollmachtskündigung hinaus für den Mandanten auszuführen, sodass zum Hauptverhandlungstermin am 23. November 2021 kein Vertreter erschienen war, gegen § 9 Abs 1 RAO iVm § 11 Abs 2 RAO verstoßen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Der Oberste Gerichtshof gab mit Urteil vom 28. November 2024 (AZ 24 Ds 3/24m) der Berufung des Disziplinarbeschuldigten dahin Folge, dass die Geldbuße auf 3.000 Euro herabgesetzt wurde, wobei ein Teilbetrag von 1.500 Euro für den Zeitraum von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Weiters wurde der Disziplinarbeschuldigte zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens verurteilt.

[4] Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte der Vizepräsident des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer die vom Beschuldigten zu ersetzenden Pauschalkosten nach § 41 Abs 2 DSt mit 1.300 Euro.

[5] Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beschuldigten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Pauschalkosten „auf 700 Euro bzw gesetzmäßig herabzusetzen“.

[6] Der Kammeranwalt beantragte in seiner Äußerung (ON 45), der Kostenbeschwerde teilweise Folge zu geben und den Pauschalkostenbetrag mit 1.000 Euro festzusetzen.

[7] Dem Verhandlungsprotokoll des Disziplinarrats vom 4. Dezember 2023 ist zu entnehmen, dass die Verhandlung um 15:10 Uhr begonnen und um 16:26 Uhr geschlossen wurde. Darüber hinaus hat eine Zeugenvernehmung durch die Untersuchungskommissärin am 17. September 2020 von 08:08 Uhr bis 09:40 Uhr stattgefunden (ON 7). Beim Obersten Gerichtshof hat eine mündliche Berufungsverhandlung am 28. November 2024 in der Dauer von zehn Minuten (einschließlich dreiminütiger Beratungsdauer) stattgefunden.

[8] Gemäß § 41 Abs 2 DSt sind die Pauschalkosten nach Maßgabe des Umfangs und des Ausgangs des Verfahrens unter Vermeidung unbilliger Härten zu bemessen; sie dürfen 5 % des in § 16 Abs 1 Z 2 DSt genannten Betrags, das sind derzeit 2.250 Euro, nicht übersteigen. Bei der Kostenermittlung ist zwar von der tatsächlich vorgelegenen Belastung für die im Verfahren tätigen Organe in Bezug auf den die Kostenersatzpflicht auslösenden Schuldspruch auszugehen (§ 381 Abs 5 StPO iVm § 77 Abs 3 DSt; RIS‑Justiz RS0078291), die Kosten sind jedoch nicht für die einzelnen in Anspruch genommenen Leistungen, sondern insgesamt für das gesamte Verfahren zu berechnen und zu bestimmen (AZ 30 Ds 3/18x). Auch sind zur Vermeidung unbilliger Härten die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Sorgepflichten des Disziplinarbeschuldigten heranzuziehen (Lehner in Engelhart et al RAO11 § 41 DSt, Rz 2 ff; König in Murko/Nunner‑Krautgasser, Anwaltliches und notarielles Berufsrecht § 41 DSt Rz 3; Feil/Wennig, Anwaltsrecht8 § 41 DSt, 948 f), ohne dass allerdings die anderen Komponenten für die Kostenermittlung, wie insbesondere der Verfahrensumfang, außer Acht gelassen werden dürfen (RIS‑Justiz RS0057112).

[9] Da im vorliegenden Fall zwei Vorwürfe in zwei Disziplinarverfahren (D 24/20 und D 3/22) abzuhandeln waren, in erster Instanz sowohl eine rund eineinhalbstündige Zeugenvernehmung durch die Untersuchungskommissärin und eine rund eineinhalbstündige Verhandlung vor dem Disziplinarrat sowie überdies im Rechtsmittelverfahren eine rund zehnminütige Berufungsverhandlung stattfand, ist die von der ersten Instanz angesetzte Kostenpauschalierung gemessen am Umfang und den durch das Disziplinarverfahren tatsächlich entstandenen Aufwand etwas zu hoch angesetzt, auch wenn die Kosten vor Fassung eines Einleitungsbeschlusses berücksichtigt werden können (vgl 24 Os 4/14i). Im vorliegenden Fall ist daher unter Berücksichtigung des in der Verhandlung vom 4. Dezember 2023 angegebenen Einkommens von 2.000 Euro monatlich – in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Kammeranwalts – der Pauschalkostenbeitrag moderat herabzusetzen und mit 1.000 Euro zu bemessen.

[10] Der Beschwerde ist daher teilweise Folge zu geben.

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