OGH 14Os50/25x

OGH14Os50/25x24.7.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Juli 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann sowiedie Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Eißler in der Strafsache gegen * P* wegen des Verbrechens desschwerenRaubes nach § 142 Abs 1, § 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 7. Jänner 2025, GZ 22 Hv 18/24h‑43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0140OS00050.25X.0724.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu II./, demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * P* des Verbrechens desschwerenRaubes nach § 142 Abs 1, § 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (I./) sowie des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (II./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 17. Juni 2021 in G*

I./ durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe * H* 950 Euro Bargeld mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt, indem er von ihr unter Vorhalt eines Teleskopschlagstockes die Herausgabe des Bargeldes forderte;

II./ wenn auch nur fahrlässig (US 4 und 10) eine verbotene Waffe (§ 17 WaffG), nämlich den zu I./ genannten Teleskopschlagstock, unbefugt besessen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Angeklagte durch die Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrags aufEinholung eines psychiatrischen Gutachtens zum Beweis, dass er zur Tatzeit zurechnungsunfähig (§ 11 StGB) war (vgl ON 42, 11 iVm ON 31), in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt.

[5] Die Beiziehung eines (hier: psychiatrischen) Sachverständigen setzt voraus, dass im Beweisverfahren konkrete objektivierte Umstände hervorgekommen sind, die bei Anlegung eines realitätsbezogenen Maßstabs Zweifel hervorrufen, dass der Angeklagte zur Tatzeit fähig war, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wobei ein darauf abzielender Antrag diese Indizien anzuführen hat (vgl RIS‑Justiz RS0097641 [T15, T17]).

[6] Gegenständlich stützte sich der Antrag – unter Vorlage eines psychodiagnostischen Gutachtens vom 28. Jänner 2019 (ON 31.2) und eines Schreibens eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin vom 7. Dezember 2024 (Beilage I./ zu ON 42) – auf die Behauptung, beim Angeklagten bestünde seit der Geburt eine geistige Behinderung, weshalb er zum Tatzeitpunkt nicht in der Lage gewesen sei, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Der Sachverständige werde „jedenfalls die geistige Behinderung und die daraus ableitbare“ Zurechnungsunfähigkeit bestätigen.

[7] Mit Blick auf die im Antragszeitpunkt vorliegenden Verfahrensergebnisse, insbesondere die Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung (ON 42, 2 ff), erfüllte der Antrag die zuvor dargelegten Kriterien nicht, behauptet er doch der Sache nach bloß, aus dem Vorliegen einer – nicht näher definierten – geistigen Einschränkung des Angeklagten folge zwingend das Fehlen seiner Diskretions-und Dispositionsfähigkeit in Ansehung der ihm zur Last liegenden Tat. Da das Begehren somit auf objektiven Beweisergebnissen beruhende Zweifel über die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit nicht darlegte, lief es im Ergebnis auf einen – im Hauptverfahren unzulässigen – Erkundungsbeweis hinaus (RIS‑Justiz RS0118123).

[8] Das ergänzende Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde ist mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[10] Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem Urteil im Schuldspruch zu II./ nicht geltend gemachte Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) zum Nachteil des Angeklagten anhaftet. Denn mangels Feststellungen zu Materialbeschaffenheit, Gewicht, Funktion und Wirkungsweise des verfahrensgegenständlichen Teleskopschlagstockes (vgl US 3 und 10) kann nicht beurteilt werden, ob dieser eine verbotene Waffe iSd § 17 Abs 1 Z 6 WaffG und somit taugliches Tatobjekt des § 50 Abs 1 Z 2 WaffG ist (RIS‑Justiz RS0133245; zu den Beurteilungskriterien eingehend 14 Os 56/20x; vgl auch RIS‑Justiz RS0082026; 11 Os 142/23a).

[11] Da sich der Subsumtionsfehler nachteilig im Rahmen der Strafbemessung auswirkte (vgl US 11: „war das Zusammentreffen von einem Vergehen mit einem Verbrechen erschwerend zu werten“; Ratz, WK‑StPO § 290 Rz 23), war – bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285e iVm § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) – das Urteil im Schuldspruch zu II./, demnach auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufzuheben. In diesem Umfang war die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

[12] Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Kassation zu verweisen.

[13] Die Kostenentscheidung, die sich nicht auf die amtswegige Maßnahme erstreckt (RIS‑Justiz RS0101558), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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