OGH 3Ob7/25p

OGH3Ob7/25p23.7.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Brenn als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und die Hofräte Dr. Stefula und Mag. Böhm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S* E* M*, vertreten durch Dr. Bernhard Eder‑Skias, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach G* L*, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Mag. Heinz Heher, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 11. Dezember 2024, GZ 39 R 186/24b‑13, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 11. Juni 2024, GZ 10 C 9/24s‑7, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0030OB00007.25P.0723.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 602,54 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] G* L*, die Großmutter des Klägers (in der Folge: die Mieterin), war aufgrund ihres auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrags vom 1. Oktober 1948 Mieterin der Wohnung Top 2 in 1080 Wien, *. Nach dem Mietvertrag stand der Mieterin das Recht zu, die Wohnung einmalig weiterzugeben.

[2] Die Mieterin verstarb am 6. Jänner 2023. Sie hinterließ mehrere letztwillige Verfügungen; maßgeblich ist das Testament vom 5. Jänner 2010, das folgende Anordnung enthält:

Gemäß Punkt XIII. des Mietvertrages vom 1. 10. 1948 für meine Mietwohnung in 1080 Wien, *, steht mir ꞌdas Recht zu, die Wohnung einmalig weiterzugebenꞌ. Von diesem Recht mache ich Gebrauch zugunsten meiner Enkelin J*, der Tochter meiner Tochter Mag. A* V*. Das Inventar verbleibt in der Wohnung.

[3] Im Jahr 2014 besprach die Mieterin mit dem Kläger, dass er nach ihrem Tod die Wohnung ohne jegliche Gegenleistung bekommen werde. Daraufhin schlossen sie nachstehende, von der Rechtsvertreterin der Mieterin vorformulierte schriftliche Vereinbarung vom 7. Mai 2014, die von beiden unterfertigt und in der Folge vom Kläger verwahrt wurde:

Vereinbarung über die Abtretung eines Mietrechtes auf den Todesfall:

[Die Mieterin] tritt ihr Mietrecht gemäß Mietvertrag vom 1. 10. 1948 an der Wohnung Nr 2 im Haus 1080 Wien, *, gemäß ihrer Befugnis unter Pkt 13. des Mietvertrages auf den Fall ihres Ablebens an ihren Enkel [den Kläger], ab und nimmt [der Kläger] diese Abtretung auf den Todesfall [der Mieterin] an.

[4] Anlässlich ihrer Übersiedelung in ein Pflegeheim im September 2022 übergab die Mieterin die Schlüssel der Wohnung an ihre Tochter, die Mutter des Klägers, damit diese ihr die Schlüssel entweder nach dem Pflegeheimaufenthalt wieder zurückgibt oder im Fall ihres Ablebens dem Kläger übergibt. Die Mutter des Klägers übergab diesem die Wohnungsschlüssel nur einmal kurzfristig, damit er der Hausverwaltung kurz Zutritt zur Wohnung verschaffen konnte.

[5] Mit E‑Mail vom 28. Februar 2023 verständigte der Kläger die Hausverwaltung und den Eigentümer der Wohnung davon, dass er in den Mietvertrag eintrete, und berief sich dabei auf die schriftliche Vereinbarung aus dem Jahr 2014.

[6] Der Kläger erhob gegen die beklagte Verlassenschaft nach der Mieterin eine Räumungsklage. Mit der Einräumung des vertraglichen Weitergaberechts an die Mieterin habe der Vermieter im Vorhinein einem Mieterwechsel zugestimmt. Die Mieterin habe ihr Mietrecht mit schriftlicher Vereinbarung vom 7. Mai 2014 auf den Todesfall auf den Kläger übertragen. Damit sei dieser in die vollen Rechte und Pflichten der Mieterin eingetreten. Es sei zu einer Vertragsübernahme gekommen. Die Benutzung der Wohnung durch die Beklagte erfolge daher titellos.

[7] Die Beklagte entgegnete, dass das Mietrecht an der Wohnung der beklagten Verlassenschaft zukomme. Die Vereinbarung vom 7. Mai 2014 erfülle nicht die Voraussetzungen für eine wirksame Schenkung auf den Todesfall. Die Vereinbarung sei weder in Notariatsaktsform abgeschlossen worden noch sei eine wirkliche Übergabe erfolgt. Eine Konversion in ein Vermächtnis komme mangels Einhaltung der dafür erforderlichen Formvorschriften nicht in Betracht. Zudem habe die Mieterin mit Erklärung vom 30. September 2022 verfügt, dass die Weitergabe der Wohnung entsprechend dem vorangegangenen Vermächtnis vom 5. Jänner 2010 an ihre Enkelin erfolgen soll.

[8] Das Erstgericht wies die Klage ab. Für eine wirksame Vertragsübernahme sei grundsätzlich eine Drei-Personen-Einigung erforderlich. Der Vermieter könne einem Mieterwechsel jedoch – so wie hier – auch vorab zustimmen. In diesem Fall komme die Mietvertragsübernahme durch eine Einigung zwischen dem bisherigen Bestandnehmer und dem Übernehmenden und weiters der Verständigung des Bestandgebers zustande (RS0032700). Auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vom 7. Mai 2014, bei der es sich um eine Schenkung handle, könne sich der Kläger aber nicht berufen. Diese sei weder in Form eines Notariatsakts errichtet worden noch liege – mangels Einräumung der Verfügungsgewalt über die Wohnung – eine wirkliche Übergabe an den Kläger vor. Die Formvorschriften für eine letztwillige Verfügung seien ebenfalls nicht erfüllt, weshalb auch kein Vermächtnis zu Gunsten des Klägers vorliege.

[9] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung unter Hinweis auf § 500a ZPO. Dass der Bestandnehmer auch Pflichten habe, ändere nichts daran, dass es sich bei der unentgeltlichen Bestandrechtsabtretung durch die Mieterin um eine Schenkung handle. Die in § 956 ABGB in der Fassung vor dem ErbRÄG 2015 normierten Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine – hier vorliegende – Schenkung auf den Todesfall lägen nicht vor. Die Vereinbarung erfülle auch nicht die für ein Vermächtnis einzuhaltenden Formvorschriften.

[10] Mit seiner gegen diese Entscheidung erhobenen Revision strebt der Kläger die Stattgebung des Klagebegehrens an.

[11] Die Beklagte beantragt in der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, dieser nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[12] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. Zur Vertragsübernahme durch Ausübung des mietrechtlichen Weitergaberechts:

[13] 1.1 Wenn der Bestandgeber schon im Bestandvertrag dem Bestandnehmer das Recht einräumt, durch bloße Erklärung alle Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis auf einen Dritten – sei es unbeschränkt (vgl 1 Ob 125/99k) oder sei es beschränkt auf einen bestimmten Personenkreis (vgl 6 Ob 258/99f) oder mit einem begründeten Ablehnungsrecht des Vermieters (vgl 1 Ob 125/99k) – mit der Wirkung zu übertragen, dass dieser an seiner Stelle Bestandnehmer wird, ohne dass es einer Erklärung (Zustimmung) des Bestandgebers bedarf, liegt ein Weitergaberecht vor, das nach der Rechtsprechung als Fall der Vertragsübernahme zu beurteilen ist (RS0032700; RS0032747 [T1]; 1 Ob 125/99k; 5 Ob 152/14k). Rechtsfolge einer wirksamen Ausübung des vertraglichen Weitergaberechts ist der Eintritt des neuen Mieters anstelle des bisherigen Mieters in den Bestandvertrag, ohne dass es des Abschlusses eines neuen Mietvertrags bedarf; der eingetretene Bestandnehmer kann unmittelbar auf Vertragserfüllung klagen (RS0032700; RS0032747; 1 Ob 125/99k; 5 Ob 152/14k; 3 Ob 104/15p).

[14] Da das Weitergaberecht mit der Ausübung einer eingeräumten Option vergleichbar ist (vgl Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1098 Rz 58), ist dessen wirksame Inkraftsetzung von einer dem Geschäftspartner (Bestandgeber) zugehenden Erklärung abhängig (RS0032747; 7 Ob 2048/96v). Der bisherige Bestandnehmer (als Weitergabeberechtigter) muss das Weitergaberecht somit dadurch ausüben, dass er die erforderliche Übertragungserklärung gegenüber dem Bestandgeber abgibt.

[15] 1.2 Im Anlassfall liegt keine Übertragungserklärung der Mieterin als früherer Bestandnehmerin gegenüber dem Bestandgeber (noch zu Lebzeiten der Mieterin) vor. Auf die Übertragung des Bestandrechts aufgrund einer (Übertragungs‑)Erklärung der Mieterin gegenüber dem Bestandgeber, von ihrem Weitergaberecht Gebrauch zu machen, kann sich der Kläger daher nicht berufen.

[16] 1.3 Die in der Revision zitierte Entscheidung zu 3 Ob 53/12h ist für den vorliegenden Sachverhalt schon deshalb nicht einschlägig, weil dort – anders als hier – feststand, dass der Vormieter noch zu seinen Lebzeiten gegenüber der Vermieterin unter Hinweis auf das ihm vertraglich eingeräumte Weitergaberecht erklärte, er gebe das Mietrecht im Fall seines Ablebens an seinen (namentlich bezeichneten) Sohn weiter. Da die Ausübung des Weitergaberechts im Verfahren unbestritten blieb, wurde auf dieses in rechtlicher Hinsicht auch nicht näher eingegangen.

2. Zur Vertragsübernahme durch rechtsgeschäftliche Abtretung des Mietrechts und Vorab-Zustimmung des Bestandgebers:

[17] 2.1 Eine Vertragsübernahme kann auch durch die rechtsgeschäftliche Abtretung von Bestandrechten herbeigeführt werden (RS0033492; 2 Ob 164/12z [Pkt 3.2]). Die Vertragsübernahme erfordert grundsätzlich eine Übereinkunft aller Beteiligten, nämlich der verbleibenden, der ausscheidenden und der an ihre Stelle tretenden Partei (RS0032607). In der Einräumung eines Weitergaberechts liegt nach der Rechtsprechung die bereits im Vorhinein erteilte Zustimmung des Vermieters zu einem Mieterwechsel (1 Ob 125/99k; 6 Ob 258/99f; Pesek in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 1094 ABGB Rz 13; Riss in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1098 Rz 18).

[18] Dies bedeutet, dass ein vertragliches Weitergaberecht etwa auch durch ein (Bestandrechts‑)Legat ausgeübt werden kann (3 Ob 247/15t). Zum sachenrechtlichen Erwerb des Legats bedarf es noch des Verfügungsgeschäfts, das zwischen dem Nachlass oder dem Erben und dem Vermächtnisnehmer zustande kommt. Voraussetzung für die Wirksamkeit des Bestandrechtslegats ist die rechtswirksame Ausübung des Weitergaberechts zu einem Zeitpunkt, zu dem das Bestandverhältnis noch aufrecht war (3 Ob 247/15t). Auch in einem solchen Fall setzt der Eintritt des Nachmieters die Mitteilung der Weitergabe an den Bestandgeber voraus (7 Ob 2048/96v; 3 Ob 247/15t). Der Übergang der Rechte und Pflichten aus dem Bestandvertrag ist erst mit der Mitteilung an den Bestandgeber vollzogen (RS0032700; RS0032747).

[19] 2.2 Als weiterer Titel für eine rechtsgeschäftliche Abtretung von Mietrechten kommt eine Schenkung (auch auf den Todesfall) in Betracht.

[20] Der Kläger hat sich in seiner E‑Mail vom 28. Februar 2023 gegenüber dem Bestandgeber auf die gesonderte Vereinbarung zwischen ihm und der später verstorbenen Mieterin vom 7. Mai 2014 und die vom Bestandgeber durch Einräumung des Weitergaberechts bereits vorab erteilte Zustimmung zum Mieterwechsel gestützt. Dieser Fall der Vertragsübernahme (durch rechtsgeschäftliche Abtretung der Mietrechte) an den Rechtsnachfolger des verstorbenen früheren Bestandnehmers erfolgt – so wie jene durch Legat – durch einen gesonderten Rechtsgrund, der hier rechtsgeschäftlicher Natur ist. Dies setzt ein wirksames Titelgeschäft und ein wirksames Verfügungsgeschäft sowie die Mitteilung an den Bestandgeber voraus.

[21] 2.3 Aus den dargelegten Grundsätzen folgt, dass die Vorinstanzen die Vereinbarung vom 7. Mai 2014 zutreffend als Schenkung auf den Todesfall samt (rechtsgeschäftlicher) Abtretung der Mietrechte beurteilt haben. Dass mit der Übernahme eines Mietverhältnisses nicht nur Rechte sondern auch Pflichten verbunden sind, ändert an der rechtlichen Qualifikation der Vereinbarung als Schenkung nichts, zumal die dafür erforderliche Unentgeltlichkeit nach § 938 ABGB nur bedeutet, dass nach dem Parteiwillen für die erfolgte Leistung kein Entgelt erbracht wird (8 Ob 3/09p).

[22] 2.4 Schenkungen auf den Todesfall nehmen eine Mittelstellung zwischen Geschäften unter Lebenden und von Todes wegen ein. Sie bestehen in einem unter Lebenden abgeschlossenen, unbedingten, mit dem Tod des Erblassers als Anfangstermin befristeten Schenkungsvertrag, der erst nach dem Tod des Geschenkgebers – aus dessen Nachlass – erfüllt werden soll (2 Ob 59/23z Rz 18 mwN).

[23] 2.5 Für Schenkungen (auch auf den Todesfall) sieht das Gesetz die Einhaltung bestimmter Formvorschriften vor. Mit dem ErbRÄG 2015, BGBl I 87/2015, wurde die bisher in § 956 ABGB aF normierte Schenkung auf den Todesfall in § 603 ABGB nF neu geregelt. Dabei wurden auch die Voraussetzungen für ihr wirksames Zustandekommen modifiziert. Nach der Übergangsbestimmung des § 1503 Abs 7 Z 5 ABGB ist die Gültigkeit einer Schenkung auf den Todesfall nach den beim Abschluss des Vertrags geltenden Formvorschriften zu beurteilen, somit bei vor dem 1. Jänner 2017 abgeschlossenen Altverträgen nach § 956 ABGB aF und bei nach dem 31. Dezember 2016 abgeschlossenen Neuverträgen nach § 603 ABGB nF (2 Ob 59/23z Rz 23, 34). Im Anlassfall wurde die Vereinbarung über die rechtsgeschäftliche Abtretung der Mietrechte an den Kläger am 7. Mai 2014 errichtet. Diese unterliegt daher noch den Gültigkeitsvoraussetzungen nach § 956 ABGB aF.

[24] 2.6 Nach § 956 zweiter Satz ABGB aF war die Gültigkeit einer erst auf den Todesfall des Schenkers erfolgenden Schenkung als Vertrag davon abhängig, dass der Beschenkte sie angenommen, der Schenkende sich der Befugnis, sie zu widerrufen, ausdrücklich begeben hat, und eine schriftliche Urkunde darüber – nach § 1 Abs 1 lit d NotAktG in Form eines Notariatsakts – errichtet worden ist. Lagen diese Voraussetzungen nicht vor, so konnte ein derart ungültiger Vertrag nur im Wege der Konversion als Vermächtnis Wirksamkeit erlangen, sofern dabei die vorgeschriebenen Förmlichkeiten eines Rechtsgeschäfts von Todes wegen beachtet wurden (8 Ob 107/05a; 2 Ob 59/23z Rz 19).

[25] Dass die Vereinbarung vom 7. Mai 2014 nicht in Notariatsaktsform errichtet wurde, ist unbestritten.

[26] 2.7 Schenkungsverträge, die nicht in Form eines Notariatsakts abgeschlossen wurden, erfordern für ihre Gültigkeit eine wirkliche Übergabe im Sinn des § 943 ABGB bzw § 1 Abs 1 lit d NotAktG. Eine solche liegt dann vor, wenn der Wille des Geschenkgebers, das Objekt der Schenkung sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen, sinnfällig nach außen erkennbar wird. Der Ausdruck „wirkliche Übergabe“ bedeutet nichts anderes als das Gegenteil der bloßen Zusicherung oder des bloßen Schenkungsversprechens. Dem Beschenkten muss somit die vollständige Verfügungsgewalt über das Objekt – wie bei Schenkungen üblich endgültig und unwiderruflich – zukommen (1 Ob 169/98d). In diesem Sinne bedarf auch die schenkungsweise Zession einer Forderung der Form eines Notariatsakts dann nicht, wenn eine wirkliche Übergabe im Sinn des § 427 ABGB stattgefunden hat (RS0011186; zur unentgeltlichen Abtretung von Bestandrechten: RS0070925 = 6 Ob 327/71 = MietSlg 24.098 und RS0032889 = 1 Ob 616/49, 3 Ob 789/54; zur schenkungsweisen Abtretung eines Anspruchs aus einer Lebensversicherungspolizze 6 Ob 181/02i).

[27] Diese Grundsätze gelten auch für die unentgeltliche Abtretung einer Forderung auf den Todesfall (Ertl in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 956 ABGB Rz 31). In diesem Sinn hat auch der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass zur Gültigkeit der schenkungsweisen Abtretung einer Forderung auf den Todesfall die Übergabe der Abtretungsurkunde an den Beschenkten genügt und in diesem Fall die Errichtung eines Notariatsakts nicht erforderlich ist (RS0011165 = 3 Ob 330/48).

[28] 2.8 Auf eine wirkliche Übergabe durch nachträgliche Ausfolgung der Schlüssel kann sich der Kläger nicht berufen, weil ihm die Gewahrsame im Sinn der tatsächlichen (endgültigen) Verfügungsgewalt über die Mietwohnung nie eingeräumt wurde. Die Mieterin übergab die Schlüssel zur Wohnung der Mutter des Klägers und nicht ihm. Der Kläger sollte diese nach dem Willen der Mieterin erst im Fall ihres Ablebens erhalten. Die nur kurzfristige Überlassung der Schlüssel durch seine Mutter zum Zweck, der Hausverwaltung kurz Zutritt zur Wohnung zu verschaffen, genügt zur Verschaffung der endgültigen Verfügungsmacht nicht. Mit der Entscheidung zu 2 Ob 229/23z ist der Anlassfall nicht zu vergleichen, weil dort die später Verstorbene noch selbst das Objekt nach außen hin erkennbar – und zwar endgültig – aus ihrer Gewahrsame in jene der dortigen Klägerin entlassen hatte.

[29] 2.9 Ob die Verwahrung der Urkunde über die Vereinbarung vom 7. Mai 2014 durch den Kläger bereits für eine wirkliche Übergabe im Sinn des § 427 ABGB ausreicht, muss hier nicht abschließend beurteilt werden, weil es dieser Vereinbarung an einer anderen Gültigkeitsvoraussetzung mangelt. Diese enthält nämlich jedenfalls keinen Widerrufsverzicht der Mieterin. Der Widerrufsverzicht des Schenkenden ist für eine Schenkung auf den Todesfall nach § 956 ABGB aF eine materielle Gültigkeitsvoraussetzung.

[30] Da ein solcher Verzicht im vorliegenden Fall fehlt, ist die Vereinbarung als Schenkung auf den Todesfall jedenfalls aus diesem Grund unwirksam (RS0018809 [T3, T4]). Das Fehlen des Widerrufsverzichts ist von Amts wegen wahrzunehmen, auch wenn sich die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren nicht darauf berufen hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten, das auf die gänzliche Unwirksamkeit der „Vereinbarung“ abzielte, auch die Ungültigkeit wegen Fehlens des Widerrufsverzichts beinhaltete (8 Ob 41/07y).

[31] 2.9 Dem Berufungsgericht ist schließlich darin zuzustimmen, dass eine Konversion der Vereinbarung in ein Vermächtnis der Mieterin mangels Erfüllung der Formvoraussetzungen für letztwillige Verfügungen (§§ 578 ff ABGB) nicht in Betracht kommt. Auf ein solches Vermächtnis hat sich der Kläger im gesamten Verfahren auch nicht berufen.

[32] 3. Mangels Wirksamkeit der vom Kläger behaupteten Schenkung auf den Todesfall ist auf deren Verhältnis zur letztwilligen Verfügung der Mieterin aus dem Jahr 2010 nicht mehr einzugehen.

[33] 4. Der Kläger steht noch auf dem Standpunkt, dass es sich bei dem der Mieterin eingeräumten Weitergaberecht um einen „echten Vertrag zu seinen Gunsten“ handle. Schon dadurch sei ihm das Recht auf Vertragsübernahme eingeräumt worden. Einer wirksamen bzw formgültigen Vereinbarung zwischen ihm und der Mieterin habe es daher gar nicht bedurft.

[34] Mit diesen Ausführungen bezieht sich der Kläger offenbar auf ein vertragliches Präsentationsrecht. Nach der Rechtsprechung stellt die Einräumung eines solchen Rechts einen Vorvertrag iSd § 936 ABGB zu Gunsten Dritter dar (8 Ob 504/92; 3 Ob 104/15p; RS0032804). Im Unterschied zu einem (unbeschränkten oder beschränkten) Weitergaberecht verpflichtet sich der Bestandgeber bei der vertraglichen Einräumung eines Präsentationsrechts gegenüber dem Mieter dazu, unter gewissen Bedingungen mit einem vom Bestandnehmer vorgeschlagenen geeigneten Dritten (Nachmieter) einen Vertrag gleichen oder bestimmten anderen Inhalts abzuschließen. In diesem Fall kann der Nachmieter den Vermieter auf Erteilung der Zustimmung zur Abtretung der Mietrechte durch den Vormieter klagen (1 Ob 125/99k; 6 Ob 258/99f).

[35] Auf ein solches Präsentationsrecht hat sich der Kläger in seinem Vorbringen bisher nicht gestützt. Bei einem von ihm behaupteten Weitergaberecht des Bestandnehmers wird aber – wie dargestellt – eine Vertragsübernahme durch rechtsgeschäftliche Abtretung und kein Vertrag zu Gunsten Dritter angenommen (8 Ob 504/92; 1 Ob 125/99k; zustimmend Dullinger in Rummel/Lukas, ABGB4 § 881 Rz 12; Riedler in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 882 ABGB Rz 2; Kolmasch in Schwimann/Neumayr,ABGB-TaKom6 § 881 Rz 3; aA Klausberger in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ §§ 881, 882 ABGB Rz 54).

[36] 4. Zusammenfassend kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass das Bestandverhältnis von der Mieterin auf ihn übergegangen sei. Die Vorinstanzen haben seine Räumungsklage daher im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

[37] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO iVm § 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte