OGH 9ObA42/25d

OGH9ObA42/25d17.7.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Hargassner und die Hofrätin Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Lena Steiger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Maria Buhr (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. H*, vertreten durch Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei K*, vertreten durch Dr. Roland Gerlach ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen laufender Pensionszahlung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 26. Mai 2025, GZ 7 Ra 32/25i‑37, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:009OBA00042.25D.0717.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Entgegen den Ausführungen in der Revision hat sich das Berufungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung nachvollziehbar mit den Argumenten des Klägers auseinandergesetzt. Ein Begründungsmangel liegt daher nicht vor.

[2] 2. Die Revision rügt als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, dass das Berufungsgericht sich nicht mit der Rüge der Unterlassung der Einvernahme des Zeugen Dr. H* auseinandergesetzt habe.

[3] Dabei übergeht sie, dass das Berufungsgericht darauf verwiesen hat, dass die nicht einvernommenen Zeugen nicht zu dem in der Berufung genannten Beweisthema beantragt wurden, dies betrifft letztlich auch den Zeugen Dr. H*. Im Übrigen geht die Revision selbst davon aus, dass der Sachverhalt, der sich aus der Aussage des Zeugen ergeben sollte, ohnehin festgestellt wurde.

[4] 3. Bei der Auslegung von Verträgen iSd § 914 ABGB ist ausgehend vom Wortlaut der Vereinbarung die Absicht der Parteien zu erforschen. Lässt sich ein vom objektiven Erklärungswert abweichender Wille der Parteien nicht feststellen (RS0017915 [T28]; RS0017834), ist der Vertrag unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs (vgl RS0017902) und der Übung des redlichen Verkehrs (vgl RS0017781) so auszulegen, wie er für einen redlichen und verständigen Empfänger zu verstehen war (vgl RS0113932).

[5] 4. Der objektive Erklärungswert verliert seine Bedeutung, wenn sich die Parteien in der Sache einig sind. Es gilt dann ihr übereinstimmender Wille, gleichgültig, ob die Ausdrucksmittel diesen Willen nach objektiven Kriterien zutreffend wiedergeben. Der vom objektiven Erklärungswert abweichende Wille, den der andere Teil erkannt hat, geht vor. Das muss umso mehr gelten, wenn bei beiden Parteien Übereinstimmung über einen vom schriftlichen Text abweichenden Inhalt einer Vereinbarung besteht (RS0014005 [T1]). Haben daher beide Teile dasselbe gewollt, mag es auch vielleicht unvollkommen oder mehrdeutig ausgedrückt worden sein, so gilt das Gewollte ohne Rücksicht auf die Erklärungen als Vertragsinhalt (RS0017839).

[6] 5. Die von den Parteien im Zuge einer Verhandlung über den Abschluss eines Vertrags gegenseitig abgegebenen Erklärungen sowie ihre diesen Erklärungen etwa nicht entsprechende, jedoch übereinstimmende Absicht sind Gegenstand einer Tatsachenfeststellung. Dagegen ist es eine Frage der rechtlichen Beurteilung der Sache, welche Rechtswirkungen hiedurch erzielt wurden (RS0017882 [T1, T2]).

[7] 6. Steht die Vertragsauslegung durch die Vorinstanzen mit den Grundsätzen von Lehre und Rechtsprechung im Einklang, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, kommt doch der Beurteilung, ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, keine darüber hinausgehende Bedeutung zu (RS0042776). Das ist auch hier nicht der Fall.

[8] 7. Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass dem Kläger im Zug des Abschlusses seines Arbeitsvertrags keine Pensionskassenzusage gemacht wurde, sondern eine Einbeziehung in den Pensionskassenvertrag nur in Aussicht gestellt wurde. Diese Rechtsauffassung gründet sich auf den objektiven Erklärungswert des Arbeitsvertrags („Weiters ist ein Firmenpensionsplan vorgesehen“) und der festgestellten Äußerung des Personalleiters, es gebe einen Pensionsplan für Bereichsleiter, in den der Kläger einbezogen werden könnte.

[9] Wenn der Kläger in der Revision meint, dass im konkreten Fall dessen ungeachtet abweichend vom objektiven Wortlaut ein natürlicher Konsens über eine verbindliche Zusage einer Einbeziehung in den Pensionsplan bestanden habe, ergibt sich eine solche übereinstimmende Parteienabsicht aus den Feststellungen gerade nicht.

[10] Den Beweis für eine vom objektiven Erklärungswert abweichenden natürlichen Konsens der Parteien hätte aber der sich darauf berufende Kläger, nicht die Beklagte zu erbringen gehabt.

[11] 8. Da die Vorinstanzen vertretbar davon ausgegangen sind, dass kein undeutlicher Wortlaut vorliegt, kommt eine Auslegung iSd § 915 ABGB nicht in Betracht.

[12] 9. Insgesamt gelingt es dem Kläger nicht, das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte