OGH 12Os43/25b

OGH12Os43/25b11.6.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juni 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, Dr. Setz‑Hummel LL.M., Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Artner in der Strafsache gegen * A* wegen des Verbrechens der Erpressung nach §§ 12 dritter Fall, 144 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 11. Februar 2025, GZ 39 Hv 115/23s‑159, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00043.25B.0611.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Linz zu.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * A* – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – des Verbrechens der Erpressung nach §§ 12 dritter Fall, 144 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 1. Juni 2023 in W* zur strafbaren Handlung des * M*,

der mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz einen anderen durch gefährliche Drohung zu einer Handlung genötigt hat, die diesen am Vermögen schädigte, indem er am 1. Juni 2023 * C* durch die sinngemäße Äußerung, dass er ihn abstechen oder zusammenschlagen werde, wenn er nicht die „am Handy vorbereitete“ Überweisung tätige, zur Überweisung von 1.500 Euro auf das Konto des A* veranlasste,

dadurch beigetragen, dass er sein Konto zur Verfügung stellte und im Zuge der Tatbegehung seine Kontodaten bekanntgab (US 2 f), das Geld behob und an den unmittelbaren Täter weitergab.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen auf Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.

[4] Ein nach dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO geltend gemachter Begründungsmangel muss den Ausspruch von für die rechtliche Beurteilung der Tat entscheidenden Tatsachen betreffen; das sind solche, die für das Erkenntnis in der Schuldfrage maßgebend sind und entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluss üben (RIS‑Justiz RS0106268). Das gilt auch für die Tatsachenrüge (RIS‑Justiz RS0106268 [T7]).

[5] Kein Gegenstand der Mängelrüge ist die sachverhaltsmäßige Bejahung einzelner als erheblich beurteilter Umstände, soweit diese keine notwendige Bedingung für die Feststellung einer entscheidenden Tatsache darstellen (RIS‑Justiz RS0116737, RS0099507 [T1]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 410).

[6] Sowohl die Mängelrüge (nominell Z 5 dritter, vierter und fünfter Fall) als auch die Tatsachenrüge (Z 5a) wenden sich ausschließlich gegen die Urteilsannahme, wonach der Angeklagte während der Tatausführung des unmittelbaren Täters am Tatort anwesend gewesen ist (US 2).

[7] Diese Konstatierung stellt jedoch für die entscheidende Tatsache der Beitragshandlung in Form des Zurverfügungstellens des Kontos, der Behebung und der Aushändigung des Geldes durch den Angeklagten an den unmittelbaren Täter weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht eine notwendige Bedingung dar, stützte das Erstgericht die Annahmen zur Beitragstäterschaft doch neben der Anwesenheit des Angeklagten am Tatort zusätzlich auf die darauffolgende „Bereitstellung seiner Kontodaten sowie die allgemeine Lebenserfahrung“. Damit hat aber das Schöffengericht den bekämpften Ausspruch aus einer Mehrzahl von Prämissen abgeleitet.

[8] Solcherart geht die Nichtigkeitsbeschwerde bereits im Ansatz fehl.

Im Übrigen sei ihr erwidert:

[9] Der behauptete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) besteht nicht, wenn Feststellungen (hier die Anwesenheit des Angeklagten am Tatort) in einem – vermeintlichen – Widerspruch zu einzelnen Verfahrensergebnissen (hier den Angaben des Zeugen C* und des unmittelbaren Täters M*) oder deren Interpretation durch den Beschwerdeführer stehen (RIS‑Justiz RS0119089 [T7]).

[10] Entgegen der weiteren Beschwerde (Z 5 vierter Fall) hat das Opfer die Anwesenheit des Angeklagten in einer seiner Aussagen sehr wohl bestätigt (ON 110.4 f, US 4). Indem die Rüge dies übergeht und behauptet, es läge kein einziges solches Beweismittel vor, verfehlt sie mangels Orientierung an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe die prozessordnungsgemäße Darstellung (RIS‑Justiz RS0119370).

[11] Mit der Behauptung, die Deponate des oben genannten Zeugen und des unmittelbaren Täters würden gegen die Anwesenheit des Angeklagten am Tatort sprechen, wird kein Fehlzitat (iSd Z 5 fünfter Fall) geltend gemacht, sondern nur aus den Beweisergebnissen ein anderer Schluss gezogen (RIS‑Justiz RS0099431 [T15, T17]).

[12] Der Verweis der Tatsachenrüge auf das zu Z 5 Vorgebrachte entspricht nicht der Strafprozessordnung (RIS‑Justiz RS0115902). Indem sich die Rüge ferner gegen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite wendet, weckt sie mit dem Hinweis auf die Angaben des unmittelbaren Täters sowie des Opfers keine Bedenken gegen den Ausspruch über entscheidende Tatsachen (RIS‑Justiz RS0119583, RS0118780, RS0117446 [T1]; zum Gegenstand einer Zeugenaussage siehe im Übrigen RIS‑Justiz RS0097545).

[13] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

[14] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[15] Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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