European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0150OS00034.25A.0604.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des * M* in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.
[2] Danach hat er sich in S* unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, wegen der er im Zeitpunkt der Taten zurechnungsunfähig war (§ 11 StGB), nämlich einer paranoiden Schizophrenie, unbare Zahlungsmittel, über die er nicht oder nicht alleine verfügen durfte, mit dem Vorsatz verschafft, dass er oder ein Dritter durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde, und zwar
1./ zwischen 12. und 15. Juni 2024 die Bankomatkarte des * T* und
2./ am 13. oder 14. Juli 2024 die Bankomatkarte der * H*,
somit Taten begangen, die als Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht sind.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 „Z 9 iVm Z 10“ StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, der – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – keine Berechtigung zukommt.
[4] Entgegen dem Vorbringen der Sanktionsrüge (nominell „Z 9 iVm Z 10“, der Sache nach Z 11 erster Fall [vgl Haslwanter in WK2 StGB Vor §§ 21–25 Rz 9]) ist der Schöffensenat zu Recht davon ausgegangen, dass das Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB als Anlasstat für eine Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB in Frage kommt.
[5] Der Gesetzgeber des BudgetbegleitG 2011 (BGBl I 2010/110) wollte mit der Neuschaffung des § 21 Abs 3 StGB „reine Vermögensdelinquenz“ als Grund für eine Unterbringung ausschließen. Diese Einschränkung, welche durch das Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022 (BGBl I 2022/223) übernommen wurde, bezieht sich nur auf die Tatbestände des sechsten Abschnitts des Besonderen Teils des StGB (Haslwanter in WK2 StGB § 21 Rz 4; Lengauer/Nimmervoll, SbgK § 21 Rz 10) und somit nicht auf das im dreizehnten Abschnitt (Strafbare Handlungen gegen die Sicherheit des Verkehrs mit Geld, Wertpapieren, Wertzeichen und unbaren Zahlungsmitteln) enthaltene Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB.
[6] Außerdem schützt § 241e StGB nicht bloß das Rechtsgut fremdes Vermögen, sondern auch die Sicherheit des Rechts‑ und Zahlungsverkehrs mit unbaren Zahlungsmitteln (RIS‑Justiz RS0119780, RS0120979; Schroll in WK2 StGB § 241e Rz 2 f; Plöckinger, Die neuen Tatbestände zum Schutz unbarer Zahlungsmittel und deren Verhältnis zu den Urkunden‑ und Vermögensdelikten, ÖJZ 2005, 256 ff; zu einer speziellen Bestandschutzkomponente des § 241e StGB vgl Oshidari, SbgK § 241e Rz 6 f).
[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenenwar daher als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO zurückzuweisen.
[8] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO). Dieses wird zu prüfen haben, ob (auch) nach der Art der Anlasstaten zu befürchten steht, der Betroffene werde eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen.
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