OGH 13Os37/25b

OGH13Os37/25b4.6.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Juni 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Artner in der Strafsache gegen * B* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 4. Februar 2025, GZ 17 Hv 116/24z‑144, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0130OS00037.25B.0604.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wirdzurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in G* und andernorts mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von den Tatbestand des schweren Betrugs verwirklichenden Taten (vgl dazu Jerabek/Ropper in WK² StGB § 70 Rz 5) mehrere Monate hindurch (US 13) ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, wobei er binnen Jahresfrist bereits zwei solche Taten begangen hatte und schon einmal wegen einer solchen Tat verurteilt worden war (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB), andere durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese im 300.000 Euro übersteigenden Betrag von insgesamt 833.806,79 Euro am Vermögen schädigten, und zwar

I) vom Jänner 2014 bis zum Dezember 2019 * S* durch die Vorspiegelung, er sei fähig und willens, ihm 352 Bitcoins (BTC) und andere Kryptowährungen (CTX‑Coins) zu verkaufen und diese für ihn gewinnbringend anzulegen und zu verwalten, zum Überlassen seines PKW und zur Zahlung von 113.273 Euro,

II) vom Herbst 2020 bis zum Juli 2023 * M* durch die Vorspiegelung, er sei fähig und willens, ihm insgesamt 17,777777 BTC zu verkaufen und diese sowie auch andere Vermögenswerte für ihn gewinnbringend anzulegen, zu vermehren und zu verwalten, zur Überweisung von 16.150 Euro, zur Übergabe von 10.600 Euro und zur Übertragung von Kryptowährungen im Gesamtwert von 346.080 Euro,

III) durch die Vorspiegelung, er werde die Vermögenswerte gewinnbringend in Kryptowährungen investieren, veranlagen und die Investments binnen vier Jahren mit zumindest 15‑prozentiger „Verzinsung“ pro Jahr in der jeweiligen Kryptowährung und nach Verlangen jederzeit zurückzahlen,

1) Mag. * C* vom 26. Mai 2021 bis zum 5. Jänner 2022 zur Überlassung von Kryptowährungen im Gegenwert von 100.561,57 Euro und

2) Mag. * C* dazu bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB), für ihn weitere Anleger anzuwerben, die ihm in weiterer Folge Vermögenswerte übertrugen, und zwar

a) Mag. * R* am 18. Februar 2022 Bitcoins im Gegenwert von 14.875,48 Euro,

b) * Sc* am 21. Februar 2022 Bitcoins im Gegenwert von 49.822,10 Euro,

c) * K* am 9. März 2022 Kryptowährungen im Gegenwert von 610,67 Euro,

d) * G* am 21. März 2022 Bitcoins im Gegenwert von 19.838,20 Euro,

e) Mag. * T* am 21. März 2022 Bitcoins im Gegenwert von 1.844,48 Euro,

f) * O* am 29. März 2022 und am 8. April 2022 Bitcoins im Gegenwert von 140.150,72 Euro und

g) * H* am 4. April 2022 Bitcoins im Gegenwert von 20.000,56 Euro.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Antrag des Angeklagten auf „Beiziehung eines gerichtlich beeideten technischen Sachverständigen aus dem Gebiet der Krypto‑Währungsforensik, in eventu forensische Bewertung von kryptographischen Verfahren“ um unter Beweis zu stellen, dass die durch den Angeklagten „korrekterweise veranlagten Krypto‑Währungen nach wie vor vorhanden sind und dem Gegenwert der Forderungen, die auch heute in Euro anerkannt wurden, bei weitem übersteigen“ (ON 143 S 35 f), zu Recht abgewiesen (ON 143 S 37).

[5] Der angestrebte Nachweis spricht, weil den Angeklagten gegenständlich auch der Vorwurf der Vortäuschung der Rückzahlungswilligkeit trifft, keinen für die Feststellung entscheidender Tatsachen erheblichen Umstand (dazu RIS‑Justiz RS0116877 und RS0117264) an.

[6] Der Hinweis im Rechtsmittel auf das Vorbringen im Einspruch gegen die Anklageschrift ist unbeachtlich. Nur Beweisanträge, die während der Hauptverhandlung gestellt wurden, können Grundlage einer Verfahrensrüge sein. Anträge, die in Schriftsätzen außerhalb der Hauptverhandlung eingebracht wurden, erfüllen diese Voraussetzung nur, wenn sie vom Antragsteller in der Hauptverhandlung wiederholt wurden (RIS‑Justiz RS0099099), was hier – aktenkonform – nicht behauptet wird.

[7] Die Kritik an der Begründung der Abweisung des Einspruchs gegen die Angeklageschrift lässt keinen Konnex zu den Kriterien der Nichtigkeitsgründe erkennen.

[8] Die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO sind voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet (RIS‑Justiz RS0115902).

[9] Das undifferenziert unter „§ 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO“ erstattete Vorbringen wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Soweit die darin vorgetragenen Einwände mit hinreichender Deutlichkeit einem Nichtigkeitsgrund zuordenbar sind (vgl RIS‑Justiz RS0116879 [T3]), sei erwidert:

[10] Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (11 Os 122/00, SSt 63/112; RIS‑Justiz RS0099431). Ein derartiges Fehlzitat zeigt die Beschwerde unter Behauptung von Aktenwidrigkeit nicht auf.

[11] Eine Tatsachenrüge (Z 5a) ist, soweit es ihr nicht (als Aufklärungsrüge) um den Verfahrensaspekt unterlassener Beweisaufnahme geht, nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie anhand konkreten Verweises auf in derHauptverhandlung vorgekommenes Beweismaterial (§ 258 Abs 1 StPO) bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswürdigung darlegt, welches von ihr angesprochene Verfahrensergebnis (Beweismittel) aus welchem Grund erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit welcher Feststellungen über entscheidende Tatsachen wecken soll (RIS‑Justiz RS0117446 [insbesondere T18]).

[12] Indem die Beschwerde (vom Gericht ohnedies erwogene) Beweisergebnisse eigenständig würdigt und daraus dem Beschwerdeführer günstigere Schlussfolgerungen einfordert als die vom Schöffengericht gezogenen, bekämpft sie bloß die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

[13] Die Behauptung, das Erstgericht habe die Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht begründet (der Sache nach erkennbar Z 5 vierter Fall), übergeht die dazu getroffenen Urteilsaussagen (US 19) und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0119370).

[14] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[15] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[16] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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