European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0130OS00042.25P.0604.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Schlepperei/FPG
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werdenzurückgewiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * W* des Verbrechens der Schlepperei nach „§ 12 dritter Fall StGB“, § 114 Abs 1, Abs 3 Z 1, 2 und 3, Abs 4 erster Fall FPG schuldig erkannt.
[2] Nach der Urteilsverkündung gab der durch einen Wahlverteidiger vertretene Angeklagte keine Erklärung ab (ON 167.3 S 21).
[3] Am 13. Dezember 2024 langte beim Erstgericht ein vom Verteidiger verfasster Schriftsatz ein, in welchem dieser im Namen des Angeklagten bekannt gab, „Er meldet Rechtsmittel gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 10.12.2024 zu 316 Hv 105/24g an“.
Rechtliche Beurteilung
[4] Gemäß § 284 Abs 1 erster Satz StPO und § 294 Abs 1 erster Satz StPO sind die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung binnen drei Tagen nach (in Anwesenheit des Angeklagten erfolgter) Verkündung des Urteils beim Landesgericht anzumelden, das das Urteil gefällt hat.
[5] Wenngleich es bei der Anmeldung eines Rechtsmittels weder auf den Wortlaut noch auf die Einhaltung einer bestimmten Form ankommt (RIS‑Justiz RS0099951 und RS0101785, siehe aber § 84 Abs 2 StPO), muss deutlich und bestimmt erklärt werden, ein (bezeichnetes) Urteil wegen des Vorliegens von Nichtigkeitsgründen anzufechten oder hinsichtlich dieses Urteils Berufung zu erheben (zur Nichtigkeitsbeschwerde RIS-Justiz RS0100007 [insbesondere T2] und RS0100000 sowie Ratz, WK‑StPO § 284 Rz 7, zur Berufung 13 Os 2/08f, 15 Os 168/18x, 15 Os 125/20a und 14 Os 153/21p sowie Ratz, WK‑StPO § 294 Rz 2).
[6] Diesem Erfordernis wird die allgemeine Erklärung, „Rechtsmittel“ anzumelden, nicht gerecht. Vielmehr ist diese als Absichtsäußerung zu werten, innerhalb der dafür gesetzlich vorgesehenen Frist eine dem Bestimmtheitserfordernis entsprechende Rechtsmittelerklärung abgeben zu wollen (RIS-Justiz RS0099993 [T1]).
[7] Da der Angeklagte erstmals in der am 28. März 2025 eingebrachten Rechtsmittelausführung (ON 171), somit nach Ablauf der Fristen des § 284 Abs 1 erster Satz StPO und des § 294 Abs 1 erster Satz StPO, erklärt hat, das Urteil wegen „vorliegender Nichtigkeitsgründe sowie der Aussprüche über Schuld und Strafe“ anzufechten, waren die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285d Abs 1 Z 1 StPO iVm § 285a Z 1 StPO (vgl RIS-Justiz RS0100010 [T1]) und die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe gemäß § 296 Abs 2 StPO iVm § 294 Abs 4 StPO (vgl RIS-Justiz RS0100243) bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[8] Die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld war schon deshalb zurückzuweisen, weil eine solche gegen ein kollegialgerichtliches Urteil in den Verfahrensgesetzen nicht vorgesehen ist (§ 283 Abs 1 StPO, RIS-Justiz RS0098904).
[9] Hinsichtlich des nachträglich eingebrachten Schriftsatzes des Wahlverteidigers (ON 172) sei klargestellt, dass das Gesetz nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde zulässt (RIS-Justiz RS0100172 und RS0100152) und auch als Berufungsausführung nur eine einzige Schrift beachtlich ist (Ratz, WK-StPO § 294 Rz 5).
[10] Hinzugefügt sei, dass das Erstgericht das festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers (US 3 f) zu Unrecht nicht als (nach § 114 Abs 1 FPG) tatbestandsmäßige Ausführungshandlung (§ 12 erster Fall StGB) ansah, die im Fördern der Ein- oder Durchreise eines Fremden (und nicht zwingend in dessen Befördern) besteht (vgl zu diesem Tatbestandsmerkmal Tipold in WK2 FPG § 114 Rz 10). Schon aufgrund der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen (RIS-Justiz RS0117604 und RS0090765) besteht aber zu einer amtswegigen Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO kein Anlass (RIS-Justiz RS0117604 [T3]).
[11] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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