European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0150OS00038.25I.0604.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * W* des Verbrechens der nationalsozialistischen Wiederbetätigung nach § 3g Abs 1 VerbotsG schuldig erkannt.
[2] Danach hat er sich am 14. August 2024 in G* auf einer öffentlichen Straße auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er zumindest in Anwesenheit des * K* die nationalsozialistische Parole „Sieg Heil“ schrie und dabei den Hitlergruß darbot sowie in Richtung einer muslimischen Frau ebenfalls „Sieg Heil“ rief, wobei er es zumindest ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass dieses Verhalten geeignet ist, eine der spezifischen Zielsetzungen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), nämlich Antijudaismus, Rassismus, Totalitarismus, extremen Deutschnationalismus, Militarismus und die Glorifizierung der Person Adolf Hitler als „Führer“ – im Inland oder mit Auswirkungen auf die Republik Österreich – zu neuem Leben zu erwecken oder zu propagieren und solcherart zu aktualisieren.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 und 8 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
[4] Eine allfällige Zurechnungsunfähigkeit des Täters ist im geschworenengerichtlichen Verfahren nur dann zum Gegenstand einer Zusatzfrage zu machen, wenn Verfahrensergebnisse Anlass zu Zweifeln an der Schuldfähigkeit des Angeklagten geben, wenn also im Beweisverfahren für das Vorliegen eines in § 11 StGB beschriebenen, die Dispositionsfähigkeit oder Diskretionsfähigkeit des Angeklagten ausschließenden Ausnahmezustands konkrete Anhaltspunkte hervorgekommen sind (RIS‑Justiz RS0100527).
[5] Mit dem Vorbringen, die Verantwortung des Angeklagten wäre konfus gewesen, er hätte den gegenständlichen Vorfall „äußerst vage“ geschildert, einerseits angegeben, keine Drogen zu konsumieren, dann wiederum ausgesagt, gelegentlich LSD zu nehmen, er könne sich „eigentlich nicht an den Vorfall erinnern“ (ON 35 S 4 ff), bezeichnet die Fragenrüge (Z 6) kein in der Hauptverhandlung vorgekommenes Sachverhaltssubstrat, das die Stellung einer Zusatzfrage nach dem Vorliegen von Zurechnungsunfähigkeit nach § 11 StGB erforderlich machen würde.
[6] Die prozessförmige Ausführung einer Instruktionsrüge (Z 8) verlangt den Vergleich des gesamten Inhalts der tatsächlich erteilten Rechtsbelehrung mit deren gemäß § 321 Abs 2 StPO erforderlichem Inhalt und die darauf gegründete deutliche und bestimmte Bezeichnung der Unrichtigkeit der den Geschworenen erteilten rechtlichen Information (RIS‑Justiz RS0119549).
[7] Diesen Anforderungen wird die Beschwerde mit der Behauptung nicht gerecht, die Rechtsbelehrung erkläre den Begriff der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn lediglich unvollständig und gehe auf den diesbezüglichen Vorsatz nicht ein. Sie orientiert sich nämlich nicht am Inhalt der den Geschworenen gegebenen Belehrung (ON 37, 16 ff, insbesondere 18 iVm 6 f).
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 344, 285i StPO).
[9] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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