OGH 10Ob26/25h

OGH10Ob26/25h3.6.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Stefula, Dr. Annerl und Dr. Vollmaier sowie die Hofrätin Dr. Wallner‑Friedl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. *, und 2. *, beide *, vertreten durch Mag. Klaus Ferdinand Lughofer, LL.M., Mag. Ariane Jazosch, Mag. Thomas Moser, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei *, vertreten durch Dr. Anton Ehm, Dr. Simone Metz, LL.M., Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 61.000 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Februar 2025, GZ 3 R 165/24t‑16, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0100OB00026.25H.0603.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Die außerordentliche Revision der Kläger zeigt mit Blick auf bereits vorliegende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu vergleichbaren Fällen der Fremdwährungsfinanzierung keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

[2] 1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass für das Vorliegen einer echten Fremdwährungsschuld nicht maßgebend ist, in welcher Währung der Kredit ausbezahlt wird, sondern nur, ob die fremde Währung die Grundlage für die Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers bildet (6 Ob 76/22b Rz 6; 7 Ob 58/22p Rz 3 ua; RS0061067 [T4]). Wird dem Kreditnehmer in einem solchen Fall – wie auch in der vorliegenden Konstellation – die Wahl eingeräumt, sich den (Fremdwährungs‑)Kredit in Euro auszahlen zu lassen, liegt zudem ein Angebot der Bank vor, zusätzlich zum Kreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen. Lässt sich der Kreditnehmer den Kredit in Euro auszahlen, tritt also zum Kreditvertrag ein Geldwechselvertrag hinzu, was einer typischen, nicht juristisch geschulten Person auch erkennbar ist (eingehend 8 Ob 37/20d ErwGr III.2 f.; RS0134062 [T5]; zuletzt etwa 5 Ob 14/24f Rz 10; 4 Ob 4/23a Rz 15).

[3] Der Umstand, dass im Kreditvertrag die Kreditsumme nicht ausdrücklich in ausländischer Währung (CHF) ziffernmäßig bezeichnet ist, sondern an den Gegenwert von 122.000 EUR gebunden wird, führt nach gesicherter Rechtsprechung nicht jedenfalls zur Unbestimmtheit des Vertrags. Die – zunächst allenfalls fragliche – Bestimmbarkeit der nur in Euro ausgedrückten Kreditsumme kann nämlich aufgrund eines späteren Verhaltens zu bejahen sein, das iSv § 863 ABGB eindeutige Schlüsse auf den (letztlich bestimmten) Bindungswillen (in Richtung eines Kreditvertrags mit dem nunmehr bekannten Kreditbetrag in CHF) zulässt (vgl 1 Ob 173/21d Rz 11; RS0014711 [T1]).

[4] Um dem Bestimmtheitserfordernis des § 869 ABGB zu entsprechen, reicht es vor diesem Hintergrund nach gefestigter Rechtsprechung (vgl 4 Ob 4/23a Rz 24 mwN) aus, wenn der Kreditbetrag vertraglich an den „Gegenwert“ eines ziffernmäßig bezeichneten (maximalen) Eurobetrags gebunden wird, ein dem Kreditnehmer anlässlich der Zuzählung zur Verfügung gestellter Kontoauszug den Kreditbetrag in der Fremdwährung konkretisiert und der Kreditnehmer über den ihm zugezählten Betrag disponiert, ohne den ausgewiesenen Fremdwährungsbetrag zu beanstanden. Dieses Verhalten des Kreditnehmers lässt nur den Schluss zu, dass er mit einem Kredit in der Höhe jenes Fremdwährungsbetrags einverstanden ist, mit dem das Fremdwährungskonto belastet wurde (6 Ob 51/21z Rz 26; 1 Ob 9/22p Rz 11; 7 Ob 223/22b Rz 8 uva).

[5] Eben davon ist nach den – der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten und von den Klägern nicht in Zweifel gezogenen – Sachverhaltsannahmen der Vorinstanzen auch im vorliegenden Fall auszugehen. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach der in Rede stehende Kreditvertrag dem Bestimmtheitserfordernis des § 869 ABGB genügt, findet damit in den dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen Deckung.

[6] Die Revisionsausführungen geben keinen Anlass, von diesen Grundsätzen abzugehen: Inwieweit eine Bedachtnahme auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Rückforderbarkeit von Verlusten aus verbotenem Glücksspiel (vgl 6 Ob 229/21a ua) zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung der Frage der Wirksamkeit des Kreditvertrags führen soll, legen die Kläger nicht nachvollziehbar dar.

[7] 2.1. Auch noch im Revisionsverfahren halten die Kläger weiters ihren Rechtsstandpunkt aufrecht, unwirksam sei, wenn schon nicht der Kreditvertrag als solcher, jedenfalls die intransparente Vertragsklausel, wonach die Rückführung des Kredits „in der jeweiligen ausgenützten Währung“ erfolge. Diese Wendung lasse den Kreditnehmer – entsprechend den in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 1 Ob 93/21i Rz 17 angestellten Erwägungen – über den Inhalt seiner Rückzahlungsverpflichtung im Unklaren, zumal der Begriff des „Ausnützens“ auch im übrigen Vertragstext nicht verständlich erklärt werde.

[8] Dem ist das Berufungsgericht bereits im bekämpften Urteil unter Verweis auf die höchstgerichtliche Entscheidung 8 Ob 81/22b Rz 23 f (= RS0122169 [T29]) entgegengetreten: Stehe im Individualprozess – wie hier – fest, dass sich der Kreditnehmer unmissverständlich dafür entschieden habe, den Kredit in CHF aufzunehmen, liege eben ein (echter) Fremdwährungskredit vor, bei dem die Kreditrückzahlung schon entsprechend seiner Definition in dieser Währung zu leisten sei. Die Klausel sei vor dem Hintergrund der individuellen Vereinbarung weder unklar noch unverständlich.

[9] Mit dieser Rechtsauffassung des Berufungsgerichts setzen sich die Kläger inhaltlich nicht auseinander. Ihre diesbezüglichen Rechtsmittelausführungen in dritter Instanz erschöpfen sich in der weitgehend wörtlichen Wiedergabe des Berufungsvortrags, sodass die Revision in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (RS0043603 [T9, T15]), was die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht stützen kann.

[10] 2.2. Entsprechendes gilt für die in der Revision erhobene Kritik an der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen, wonach auch die beiden von den Klägern als intransparent beanstandeten vorformulierten Vertragsbestimmungenzur Geltung der „Generellen Kredit- und Besicherungsbedingungen“ sowie der „Allgemeinen Geschäftsbedingungen der * AG“ zulässig vereinbart worden seien. Der Revisionsvortrag beschränkt sich insoweit neuerlich auf die wortwörtliche Wiederholung des Berufungsvorbringens, die bekämpfte Rechtsansicht lasse die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 1 Ob 88/14v und 6 Ob 17/16t außer Acht, in denen jeweils beinahe idente Verweisklauseln in Kreditverträgen als intransparent qualifiziert worden seien.

[11] Das Berufungsgericht hat dazu – erkennbar mit Blick darauf, dass die Auslegung der Vertragsbestimmungen im vorliegenden Individualprozess (anders als in den relevierten Verbandsverfahren) nicht „im kundenfeindlichsten Sinn“, sondern nach §§ 914 f ABGB unter Bedachtnahme auf den objektiven Erklärungswert vorzunehmen ist (vgl RS0016590 [T32]; RS0008901 [T7, T15, T87]; zuletzt wieder 4 Ob 7/24v Rz 23 mwN) – erwogen, der Verweis auf die Geschäftsbedingungen beziehe sich unzweifelhaft auf die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses anwendbare Fassung. Zudem sei der Aushang in den Geschäftsräumlichkeiten des Kreditinstituts in § 35 Abs 1 Z 2 BWG vorgesehen und schon deshalb unproblematisch.

[12] Auf diese Argumentation gehen die Kläger nicht einmal ansatzweise ein. Sie verabsäumen es damit aber darzulegen, aus welchen Gründen ihnen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts unrichtig erscheint. Dem Obersten Gerichtshof ist es folglich verwehrt, die materiell-rechtliche Beurteilung zu überprüfen (RS0043654; RS0043605; RS0043603; RS0043312; ua 10 ObS 118/22h Rz 10).

[13] 2.3. Mangels gesetzmäßigem Eingehen auf die tragende Begründung des Berufungsgerichts kommt es nicht mehr darauf an, ob dessen Hilfsbegründung,wonach der Kreditvertrag selbst bei Entfall der Klauseln fortbestünde, in Ansehung des auf Feststellung der Unwirksamkeit (bloß) der Klauseln gerichteten Eventualbegehrens der Kläger zu verfangen vermag (RS0043603 [T16]).

[14] 3. Die im Rechtsmittel zur Klausel-RL 93/13/EWG aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen stellen sich schon wegen der verneinten Unwirksamkeit der angegriffenen Klauseln, aber auch deshalb nicht, weil sich die Kläger im Revisionsverfahren nur noch auf die Intransparenz, nicht aber auf die Missbräuchlichkeit der Vertragsbestimmungen stützen. Unionsrechtlich ist zudem weiters maßgebend, dass die Klausel‑RL 93/13/EWG in ihrem Anhang nach Z 2 lit c iVm Z 1 lit j und lit l Verträge zum Kauf oder Verkauf von Fremdwährungen von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt (zuletzt 3 Ob 79/24z Rz 13; 6 Ob 24/24h Rz 11; 4 Ob 151/24w Rz 7 und 4 Ob 4/23a Rz 70). Der von den Klägern in diesem Zusammenhang angeregten Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens ist daher nicht näherzutreten.

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