European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0110OS00049.25B.0603.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
In der Strafsache AZ 40 Hv 80/24z des Landesgerichts Salzburg verletzt das Urteil dieses Gerichts als Schöffengericht vom 20. August 2024 (ON 139) § 270 Abs 2 Z 5 StPO iVm §§ 37 und 35 Abs 1 SMG.
Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch wegen mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (III), demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.
Gründe:
[1] Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 20. August 2024 (ON 139) wurde * S*des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (I) sowie jeweils mehrerer Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (II) und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (III) schuldig erkannt, hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und – gestützt auf die dem Schuldspruch zu I zugrunde liegenden Taten als Anlasstaten – nach § 21 Abs 2 StGB in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum untergebracht.
[2] Danach hat er – soweit hier von Relevanz – in B* und andernorts
III) bis zum 25. Dezember 2023 wiederholt vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich THCA, Delta-9-THC und Cocain, ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen.
[3] Eine Begründung für den Ausschluss eines diversionellen Vorgehens in diesem Umfang findet sich im Urteil nicht.
Rechtliche Beurteilung
[4] Dieses Urteil steht – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt – mit dem Gesetz nicht im Einklang:
[5] Gemäß § 37 SMG hat nach Einbringen der Anklage das Gericht die §§ 35 und 36 SMG sinngemäß anzuwenden und das Verfahren unter den für die Staatsanwaltschaft geltenden Voraussetzungen mit Beschluss einzustellen.
[6] Dem Urteilssachverhalt zufolge beging * S*die vom Schuldspruch III umfassten Straftaten ausschließlich zu seinem persönlichen Gebrauch (US 5 f), weshalb das Erstgericht zutreffend das Vorliegen der Privilegierungsvoraussetzung nach § 27 Abs 2 SMG bejahte (US 10). Diese entspricht dem in § 35 Abs 1 SMG genannten Diversionskriterium (vgl RIS-Justiz RS0131952). Wird durch die Tat § 27 Abs 1 und 2 SMG verwirklicht, ist daher Diversion nach § 35 Abs 1 (iVm § 37) SMG – bei Vorliegen auch der weiteren Voraussetzungen und Bedingungen (§ 35 Abs 3 bis 7 SMG) – stets geboten. Lehnt das Gericht dies dennoch ab, so hat es gemäß dem Gebot des § 270 Abs 2 Z 5 StPO die insoweit als erwiesen oder nicht erwiesen angenommenen, entscheidungswesentlichen Tatsachen in den Entscheidungsgründen des Urteils in gedrängter Darstellung anzuführen (Danek/Mann, WK-StPO § 270 Rz 30 und 31), also Feststellungen zu treffen, aus denen sich die Nichtanwendung der genannten Diversionsbestimmungen ableiten lässt (RIS-Justiz RS0119091 [T7 und T9]).
[7] Dass der Angeklagte – wie hier – weiterer, mit dem Suchtmittelgesetz in keinem Zusammenhang stehender Verbrechen oder Vergehen schuldig erkannt wurde, steht einer vorläufigen Verfahrenseinstellung nach §§ 37 iVm 35 Abs 1 SMG nicht entgegen (RIS‑Justiz RS0113621; Schroll/Kert, WK-StPO § 203 Rz 33/1).
[8] Das Fehlen von Konstatierungen im dargestellten Sinn macht die Nichtanwendung von Diversion unschlüssig (vgl RIS-Justiz RS0122332), weshalb das angefochtene Urteil im Schuldspruch wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (III) § 270 Abs 2 Z 5 StPO iVm §§ 37 und 35 Abs 1 SMG verletzt.
[9] Da die aufgezeigte Gesetzesverletzung geeignet ist, zum Nachteil des Verurteilten zu wirken, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).
[10] Einer Aufhebung der Anordnung der Unterbringung nach § 21 Abs 2 StGB bedurfte es nicht, weil diese nicht auf der dem Schuldspruch III zugrundeliegenden Taten als Anlasstaten beruht (vgl 11 Os 24/25a).
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