European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0050OB00140.24K.0603.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Sozialrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
[1] Bei der im Kopf der Entscheidung bezeichneten Liegenschaft ist zu B‑LNR 2i das Eigentumsrecht für T* N* vorgemerkt (TZ 2026/2021). Die Bewilligung der Vormerkung erfolgte antragsgemäß, eine Frist für eine Rechtfertigung wurde nicht angeordnet. In der bewilligten Eintragung ist – dem damaligen Grundbuchgesuch entsprechend – vermerkt, dass die Unbedenklichkeitsbescheinigung fehlt.
[2] Mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 22. 2. 2024, AZ 71 S 30/24w, wurde über das Vermögen der vorgemerkten Eigentümerin das Konkursverfahren eröffnet und Dr. Johannes Hirtzberger zum Masseverwalter bestellt (Bekanntmachung des Edikts am 22. 2. 2024).
[3] Die Antragstellerin war bis zur Vormerkung des Eigentumsrechts der Schuldnerin im Grundbuch als Eigentümerin der Liegenschaft eingetragen. Mit ihrem Grundbuchgesuch vom 27. 2. 2024 stellte sie den Antrag auf Einverleibung der Löschung des vorgemerkten Eigentums der Schuldnerin. Die Antragstellerin begründete dies damit, dass die von der vorgemerkten Eigentümerin gegen sie erhobene Klage auf Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts rechtskräftig abgewiesen worden sei, weil die vorgemerkte Eigentümerin mangels vollständiger Entrichtung des Kaufpreises keinen Anspruch auf Einverleibung des Eigentumsrechts habe und die Antragstellerin von dem – der Vormerkung zugrunde liegenden – Kaufvertrag wirksam zurückgetreten sei. Daher fehle ein tauglicher Titel für den Eigentumserwerb, sodass die Vormerkung und – von Amts wegen – auch alle gegen die vorgemerkte Eigentümerin erfolgten Eintragungen zu löschen seien. Die Antragstellerin legte dazu nicht nur die in dem Verfahren über das Einverleibungsbegehren der vorgemerkten Eigentümerin ergangenen Entscheidungen samt Rechtskraftbestätigung vor, sondern auch einen Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht, womit das in einem weiteren Verfahren ergangene Urteil des Bezirksgerichts Zell am See, das die vorgemerkte Eigentümerin zur Räumung der Liegenschaft verpflichtete, ohne Rechtskraftvorbehalt aufgehoben worden war. Der Begründung dieses Aufhebungsbeschlusses ist zu entnehmen, dass das rechtskräftige Urteil über das Einverleibungsbegehren dahin Bindungswirkung entfalte, dass der Rücktritt der Antragstellerin vom Kaufvertrag rechtswirksam sei.
[4] Das Erstgericht bewilligte – antragsgemäß – die Einverleibung der Löschung des zu B‑LNR 2i vorgemerkten Eigentums für T* N* und – von Amts wegen (§ 49 Abs 3 GBG) – die Löschung des zu C‑LNR 22 zu Lasten der vorgemerkten Eigentümerin eingetragenen Pfandrechts.
[5] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Masseverwalters im Konkursverfahren der vorgemerkten Eigentümerin Folge und wies den Antrag auf Einverleibung der Löschung des vorgemerkten Eigentums ab. Die von Amts wegen angeordnete Löschung des Pfandrechts hob es ersatzlos auf. Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig.
[6] Die Rechtsmittellegitimation des Masseverwalters sei gegeben, weil dieser Einwände gegen die Löschung der Vormerkung des Eigentums der Schuldnerin erhebe, die ohne Konkurseröffnung dieser zugestanden wären.
[7] Die Grundbuchsperre gemäß § 13 IO stehe dem Antrag auf Eintragung der Löschung der Vormerkung des Eigentumsrechts der Schuldnerin nicht entgegen. Der Vollzug von Einverleibungen und Vormerkungen sei ungeachtet des § 13 IO dann möglich, wenn sich deren Rang nach einem Tag vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens richte. Anknüpfungspunkt für die Zulässigkeit von Eintragungen seien dabei die Handlungen des Schuldners, die einer grundbücherlichen Eintragung zugrunde gelegt werden sollen. Der Rang der erfolgten Vormerkung des Eigentumsrechts liege hier vor der Insolvenzeröffnung und die beantragte Einverleibung der Löschung dieser Vormerkung stütze die Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidungen, die vor Insolvenzeröffnung datierten.
[8] Die Liegenschaftseigentümerin begehre unter Bezugnahme auf die von ihr zur Begründung ihres Antrags vorgelegten Urkunden die Löschung der Vormerkung des Eigentumsrechts für die Schuldnerin, weil diese zufolge des wirksamen Rücktritts der Antragstellerin vom Kaufvertrag keinen Anspruch auf Einverleibung des Eigentumsrechts habe und daher ein tauglicher Titel zum Eigentumserwerb fehle.
[9] Allerdings seien die bei der Bewilligung der Vormerkung bereits geprüften Eintragungsvoraussetzungen nicht neuerlich zu beurteilen; das Grundbuchgericht sei vielmehr insoweit an seine frühere Entscheidung gebunden. Wenn ausdrücklich nur die Vormerkung des Eigentumsrechts, nicht aber dessen Einverleibung begehrt werde und das Grundbuchgericht diesem Antrag stattgegeben und damit seinen Beschluss auch nicht ausdrücklich begründet habe, sei der Prüfungsgegenstand auf die für die Bewilligung der Vormerkung notwendigen allgemeinen Erfordernisse (§§ 26, 27 GBG) beschränkt. Von der Rechtskraft der Entscheidung über eine solche Vormerkung seien also (nur) jene Voraussetzungen erfasst, die das Gesetz für die Vormerkung verlange. Wenn es sich um den Erwerb eines dinglichen Rechts handle, müssten für die Vormerkung Urkunden vorliegen, die unter anderem einen gültigen Rechtsgrund (Titel) enthielten. Das Vorliegen eines solchen Titels zum Erwerb des Eigentums sei daher von der rechtskräftig bewilligten Vormerkung umfasst. Soweit die Antragstellerin ihr Begehren darauf stütze, dass der Titel für die Einverleibung zufolge des rechtswirksamen Rücktritts vom Kaufvertrag ex tunc weggefallen sei, sei sie daher auf die Löschungsklage zu verweisen.
[10] Die – von der Antragstellerin ohnedies nicht geltend gemachte – Löschung einer Vormerkung bei Unterbleiben der Rechtfertigung nach § 45 GBG sei nur dann anzuwenden, wenn die Rechtfertigung im Prozessweg erfolgen hätte müssen. Bei den übrigen Rechtfertigungsarten gebe es keine Fristen. Bei Fehlen der Unbedenklichkeitsbescheinigung könne der Vormerkungsgegner die Löschung der Vormerkung nicht beantragen. Weil jedoch noch nicht geklärt sei, ob die Vormerkung des Eigentums in der vorliegenden Konstellation durch eine Löschung auf Antrag unmittelbar oder analog § 45 f GBG beseitigt werden könne, sei der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen.
[11] Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin. Sie beantragt, den Beschluss des Rekursgerichts abzuändern und die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.
Rechtliche Beurteilung
[12] Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zur Klarstellung zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
[13] 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats ist der Insolvenzverwalter berechtigt und legitimiert, gegen eine der Grundbuchsperre des § 13 IO widersprechende grundbücherliche Eintragung vorzugehen, andere Rechtswirkungen und Rechtsfolgen, die spezifisch durch die Insolvenzeröffnung ausgelöst werden, geltend zu machen und solche Einwände zu erheben, die auch dem Schuldner als Buchberechtigten – ohne Insolvenzeröffnung – selbst noch zugestanden hätten (RS0121703 [T4]).
[14] Das Rekursgericht hat den Rekurs des Insolvenzverwalters daher zutreffend als zulässig erachtet und inhaltlich behandelt.
[15] 2.1. Nach § 13 IO besteht während des Insolvenzverfahrens grundsätzlich gegenüber jedermann eine Grundbuchsperre (RS0034769); sie beginnt mit der Insolvenzeröffnung, also mit dem Beginn des Tages, der der öffentlichen Bekanntmachung des Inhalts des Edikts folgt (§ 2 Abs 1 IO; RS0121707). Eine grundbücherliche Eintragung, die nach der Insolvenzeröffnung erfolgen soll, setzt demnach voraus, dass sich der Rang spätestens mit dem Tag der Bekanntmachung des Inhalts des Edikts bestimmt (5 Ob 64/24h; vgl RS0034769 [T4]; RS0121707 [T1]).
[16] Der Anmerkung der Insolvenzeröffnung kommt dabei nur deklarative Wirkung zu; ein Antrag, für den nicht im Sinn des § 13 IO ein vor dem Tag der Insolvenzeröffnung liegender Rang in Anspruch genommen werden kann, ist daher unabhängig davon abzuweisen, ob die Insolvenzeröffnung im Grundbuch angemerkt ist, oder nicht (5 Ob 64/24h).
[17] 2.2. Die Vormerkung des Eigentumsrechts bewirkt ein durch die Rechtfertigung bedingtes Eigentumsrecht, wobei die Rechtfertigung der Vormerkung ex tunc wirkt. § 49 Abs 1 GBG ermöglicht auch alle Arten von Eintragungen gegen den vorgemerkten Eigentümer (5 Ob 169/16p; RS0115745; RS0060756 [T3]; RS0060837 [T1]). Der vorgemerkte Eigentümer kann sein Recht auch weiter veräußern (Verweijen in Kodek,Grundbuchsrecht2 § 35 GBG Rz 32). Der Gesetzgeber hat also das Entstehen von zwei Eintragungsketten vorgesehen, wobei mit der Rechtfertigung oder Löschung der Vormerkung von Amts wegen alle Eintragungen zu löschen sind, die der neuen bücherlichen Rechtslage widerstreiten (§ 49 Abs 2 und 3 GBG; 5 Ob 169/16p mwN).
[18] Im Fall der Insolvenz des vorgemerkten Eigentümers gilt die Grundbuchsperre – entsprechend dem Zweck des § 13 IO, die Schmälerung der Insolvenzmasse betreffend die dazu gehörenden Liegenschaften und bücherlichen Rechte zu verhindern (Höllwerth in Koller/Lovrek/Spitzer IO2 § 13 IO Rz 1 Rassi in Konecny, Insolvenzgesetze § 13 IO Rz 1) – für alle Eintragungen gegen diesen.
[19] 2.3. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens können Einverleibungen und Vormerkungen (lediglich dann) bewilligt und vollzogen werden, wenn sich der Rang der Eintragung nach einem vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegenden Tag richtet. Der Rang der begehrten Eintragung ist dabei nach den allgemeinen grundbuchsrechtlichen Regeln zu beurteilen. Entscheidend ist damit der Zeitpunkt des Einlangens des Antrags beim Grundbuchgericht (§ 29 Abs 1 GBG; RS0011465).
[20] Warum die hier begehrte Einverleibung der Löschung der Vormerkung des Eigentumsrechts als eine im Rang vor dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung über das Vermögen der vorgemerkten Eigentümerin vorzunehmende Eintragung anzusehen sein sollte, lässt sich aus dem Vorbringen der Antragstellerin und den vorgelegten Urkunden – entgegen der Auffassung des Rekursgerichts – nicht ableiten. Der Rang der zu löschenden Vormerkung des Eigentumsrechts und das jeweils vor der Insolvenzeröffnung gelegene Datum der gerichtlichen Entscheidungen über die Zustimmungs‑ bzw Räumungspflicht der vorgemerkten Eigentümerin bestimmt nicht den Rang der begehrten Einverleibung der Löschung.
[21] 2.4. Der Bewilligung des Antrags steht daher schon die Grundbuchsperre gemäß § 13 IO entgegen.
[22] 3. Ein weiteres Eintragungshindernis ergibt sich – wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat – aus der Rechtskraft der Bewilligung der Vormerkung (zur Notwendigkeit der Prüfung allfälliger weiterer Abweisungsgründe vgl § 95 Abs 3 GBG; RS0029353; RS0042767; RS0060649 [T7]).
[23] Beschlüsse des Grundbuchgerichts erwachsen in formelle und materielle Rechtskraft (RS0041483 [T3]). Daraus folgt, dass die bei Bewilligung der Vormerkung bereits geprüften Eintragungsvoraussetzungen nicht neuerlich darzulegen sind. Das Grundbuchgericht ist insoweit an seine frühere Entscheidung gebunden (5 Ob 77/21s mwN).
[24] Die Schuldnerin hatte ausdrücklich nur die Vormerkung ihres Eigentumsrechts, nicht aber dessen Einverleibung begehrt. Das Erstgericht hat diesem Antrag stattgegeben, die Vormerkung also nicht als Minus bewilligt und seinen Beschluss auch nicht begründet. Da das Grundbuchgericht nicht mehr oder etwas anderes bewilligen darf, als die Partei angesucht hat, auch wenn sie nach den beigebrachten Urkunden zu einem ausgedehnteren oder anderen Begehren berechtigt wäre (§ 96 Abs 1 GBG), war der Prüfungsgegenstand aufgrund des ausdrücklich auf Bewilligung der Vormerkung gerichteten Antrags auf die für diese Eintragung notwendigen Erfordernisse beschränkt (5 Ob 77/21s). Ungeachtet des in der bewilligten Eintragung enthaltenen Verweises „UB fehlt“ konnte das Erstgericht daher nur über die allgemeinen Erfordernisse (§§ 26, 27 GBG) für eine grundbücherliche Eintragung, nicht aber über die besonderen Erfordernisse eines unbedingten Rechtserwerbs absprechen. Von der Rechtskraft dieser Entscheidung des Erstgerichts sind daher (nur) jene Voraussetzungen erfasst, die das Gesetz für die Vormerkung verlangt. Der Umstand, dass das Erstgericht die Vormerkung des Eigentumsrechts für die Antragstellerin allenfalls nicht bewilligen hätte dürfen und dem darauf gerichteten Begehren dennoch stattgegeben haben mag, kann infolge der Rechtskraft von dessen Entscheidung auf Vormerkung nicht mehr aufgegriffen werden (5 Ob 77/21s [Gesuch auf Rechtfertigung]).
[25] Die Rechtskraft dieser Entscheidung erfasst auch das Vorliegen des gemäß § 26 Abs 2 GBG für den Erwerb eines dinglichen Rechts erforderlichen Titels; eine – allfällige – ursprüngliche Nichtigkeit oder dessen nachträglicher Wegfall kann daher nicht mehr aufgegriffen werden. Einem solchen Verstoß gegen die materielle Rechtslage kann vielmehr (nur) mit einer Löschungsklage begegnet werden (RS0124445). Die Klage auf Löschung einer ungültigen Eintragung wird gewährt, wenn die Einverleibung aus dem Grund der ursprünglichen Nichtigkeit oder durch nachträglichen Wegfall des Rechtstitels, auf dem sie beruht, vom bücherlich Berechtigten angefochten wird (3 Ob 113/19t; RS0107070).
[26] 4. Die vom Rekursgericht in seine Erwägungen einbezogene Bestimmung des § 45 GBG normiert das Recht des Vormerkungsgegners, bei Unterbleiben der Rechtfertigung um Löschung der Vormerkung anzusuchen. Sie ist nur dann anzuwenden, wenn die Rechtfertigung im Prozessweg zu erfolgen hatte, nicht aber im Fall des § 41 lit a und b GBG oder etwa bei dem bloßem Fehlen der Unbedenklichkeitsbescheinigung (Verweijen in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 45 GBG Rz 1 mwN).
[27] Die Voraussetzungen für die Löschung der Vormerkung nach § 45 GBG sind hier evidentermaßen nicht erfüllt. Eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf Fälle des nachträglichen Wegfalls des der Vormerkung zugrunde liegenden Rechtstitels kommt nicht in Betracht. Eine echte Gesetzeslücke im Sinn einer planwidrigen Unvollständigkeit (RS0008757) in Bezug auf einen analogiefähigen Sachverhalt ist nicht zu erkennen.
[28] 5. Dem Revisionsrekurs kommt daher insgesamt keine Berechtigung zu.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)