OGH 9Ob50/25f

OGH9Ob50/25f27.5.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Korn, Dr. Stiefsohn und Mag. Böhmin der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder 1. E*, geboren * 2012, 2. N*, geboren * 2014 und 3. T*, geboren * 2018, alle wohnhaft bei der Mutter Dr. J*, diese vertreten durch Matt & Smodics Anwälte OG in Bregenz, wegen Kontaktrecht, über den (richtig:) außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Dr. R*, vertreten durch Battlogg Rechtsanwalts GmbH in Schruns, gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 27. Februar 2025, GZ 3 R 63/25z‑414, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0090OB00050.25F.0527.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

 

Begründung:

[1] Zwischen den Eltern der drei minderjährigen Kinder besteht seit Auflösung deren Lebensgemeinschaft im Jahre 2020 ein ausgeprägter Obsorge- und Kontaktrechtsstreit mit zahlreichen wechselseitigen Anträgen. Beiden Eltern kommt die Obsorge zu. Die Kinder leben im Haushalt der Mutter. Dem Vater wurde ein Kontaktrecht eingeräumt.

[2] Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilden unter anderem Anträge der Mutter auf Einschränkung des Kontaktrechts des Vaters sowie Anträge des Vaters auf gerichtliche Durchsetzung eines bereits vorliegenden Kontaktrechtstitels.

[3] Mit Vergleich vom 3. 12. 2020 vereinbarten die Eltern, dass die Obsorge beider Elternteile aufrecht bestehen bleibe und die Kinder hauptsächlich im Haushalt der Mutter betreut werden. Weiters vereinbarten sie ein Kontaktrecht zwischen dem Vater und den Kindern an den ungeraden Wochen von Freitag Mittag bis Sonntag 16:00 Uhr, wobei der Vater seinen Sohn T* um 12:00 Uhr bei der Mutter abholt, während die Kinder N* und E* selbständig nach der Schule zum Vater gehen. Am Ende des Kontaktrechts wird der Vater die Kinder um 16:00 Uhr wieder zur Mutter bringen. Weiters ist der Vater berechtigt und verpflichtet, die Kinder in den geraden Kalenderwochen jeweils von Dienstag bis Donnerstag 8:00 Uhr zu sich zu nehmen. Am Dienstag werden die Kinder N* und E* jeweils selbstständig nach der Schule zum Vater gehen, während T* vom Vater um 16:00 Uhr vom Kindergarten abgeholt wird. Am Donnerstag bringt der Vater seinen Sohn T* wieder in den Kindergarten, während die älteren beiden Söhne selbstständig in die Schule gehen.

[4] Mit Vergleich vom 8. 8. 2023 (Spruchpunkt 1.c) wurde dem Vater ab 30. 9. 2023 ein vorläufiges unbegleitetes Kontaktrecht zu seinen Söhnen E* und N* in der Dauer von jeweils 3 Stunden am Samstag, konkret von 9:00 Uhr bis 12:00 Uhr, und zwar in den ungeraden Kalenderwochen eingeräumt. Der Vater ist in diesem Zusammenhang berechtigt und verpflichtet, seine Söhne vor dem Haus der Mutter abzuholen und in Empfang zu nehmen und nach dem Ende der Kontaktzeit wieder dorthin zurückzubringen.

[5] Das Erstgericht wies den Antrag der Mutter auf vorläufige Aussetzung des Kontaktrechts zwischen dem Vater und T* ab (Spruchpunkt 1.). Weiters änderte es die Vergleiche vom 3. 12. 2020 und 8. 8. 2023 dahin ab, dass ein vorläufiges Kontaktrecht zwischen dem Vater und den Kindern in den ungeraden Kalenderwochen am Samstag von 9:00 Uhr bis 12:00 Uhr festgelegt wurde, wobei die Mutter die Kinder zu den Besuchszeiten jeweils ins Besuchscafé zu bringen und danach dort wieder abzuholen und der Vater die Kinder jeweils im Besuchscafé abzuholen und sie dorthin wieder zurückzubringen habe (Spruchpunkt 2.). Weiters sprach es aus, dass es dem Vater obliege, sich eigenständig mit dem Besuchscafé in Kontakt zu setzen, und der Mutter unverzüglich die mit dem Besuchscafé vereinbarten Termine zur Kenntnis zu bringen (Spruchpunkt 3.).

[6] Das Rekursgericht gab dem gegen die Spruchpunkte 2. und 3. gerichteten Rekurs des Vaters nicht Folge. Die Festlegung des Kontaktrechts des Vaters läge im Interesse des Wohls der Kinder (§ 107 Abs 2 AußStrG; § 187 Abs 2 ABGB) und diene in der hier gegebenen Ausgangssituation einer kindeswohlwahrenden Wiederanbahnung regelmäßiger Kontakte. Die angeordnete fachkundige Übergabebegleitung gemäß § 111 AußStrG sei angesichts der vorliegenden hochkonflikthaften Situation zwischen den Eltern erforderlich, um das Kontaktrecht des Vaters auch zu gewährleisten.

Rechtliche Beurteilung

[7] Das – ungeachtet seiner unrichtigen Bezeichnung (RS0036258) – als außerordentlicher Revisionsrekurs zu behandelnde Rechtsmitteldes Vaters zeigt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG auf.

[8] 1. Ein Verstoß gegen die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach Kindeswohlgefährdungen von den Pflegschaftsgerichten umgehend rasch und endgültig abzustellen sind, liegt nicht vor. Die in der Zulassungsbegründung des außerordentlichen Revisionsrekurses umfangreich relevierten Fragen der Entziehung oder Einschränkung der Obsorge gemäß § 181 ABGB sind nicht Gegenstand der angefochtenen Rekursentscheidung.

[9] 2. Nach ständiger Rechtsprechung ist die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, inwieweit einem Elternteil unter Bedachtnahme auf Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände das Kontaktrecht eingeräumt werden soll, grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls abhängig; es kann ihr deshalb keine Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zuerkannt werden, wenn nicht leitende Grundsätze der Rechtsprechung verletzt werden (RS0097114). Dies ist hier nicht der Fall.

[10] 3. Die Vorinstanzen haben ihre Entscheidung ausführlich und nachvollziehbar unter Berücksichtigung der Leitlinien der – im angefochtenen Beschluss ausführlich dargelegten und im Revisionsrekurs auch nicht in Zweifel gezogenen – höchstgerichtlichen Rechtsprechung begründet. Nach den Feststellungen ist im Hinblick auf den nur sehr spärlichen Kontakt zwischen dem Vater und den Kindern in den letzten Jahren, den dabei aufgetretenen Schwierigkeiten und die massiven Auswirkungen des Konflikts zwischen den Eltern auf ihre Kinder eine Wiederannäherung und ein Wiederaufbau der Beziehung zum Vater in kleinen Schritten erforderlich. Auf dieser Grundlage ist die festgesetzte vorläufige Regelung mit nur einem kurzen Kontaktrecht im Umfang von drei Stunden alle zwei Wochen nicht korrekturbedürftig. Vor dem Hintergrund der festgestellten Schwierigkeiten bei der Abholung der Kinder von der Mutter ist es im konkreten Einzelfall (vgl 6 Ob 198/23w Rz 11 mwN) auch nicht zu beanstanden, dass die Übergabe im Besuchscafé stattzufinden hat.

[11] 4. Die Revisionsrekursanträge auf Verhängung von Beugestrafen, Festlegung des Hauptaufenthalts der Kinder im Haushalt des Vaters und Anordnung einer Fremdunterbringung entziehen sich einer meritorischen Behandlung durch das Revisionsrekursgericht, weil diese Anträge nicht Gegenstand der angefochtenen Rekursentscheidung sind.

[12] Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG ist der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 71 Abs 3 Satz 4 AußStrG).

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