OGH 9Ob22/25p

OGH9Ob22/25p27.5.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Hargassner, die Hofrätin Mag. Korn und die Hofräte Dr. Stiefsohn und Mag. Böhm in der Rechtssache der gefährdeten Partei Mag. B*, vertreten durch die Forsthuber & Partner Rechtsanwälte (OG) in Baden, gegen die Gegnerin der gefährdeten Partei N* GmbH, *, vertreten durch die Skribe Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über die Revisionsrekurse der gefährdeten Partei und der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 10. Dezember 2024, GZ 17 R 173/24y‑18, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 7. November 2024, GZ 3 C 578/24g‑8, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0090OB00022.25P.0527.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

1. Der Antrag der gefährdeten Partei auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei werden zurückgewiesen.

Die gefährdete Partei ist schuldig, der Gegnerin der gefährdeten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.000,75 EUR (darin 166,79 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

2. Dem Revisionsrekurs der Gegnerin der gefährdeten Partei wird teilweise Folge gegeben.

Die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung wird bestätigt. Sie wird jedoch unwirksam, wenn die gefährdete Partei nicht binnen 14 Tagen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Sicherheitsleistung von 10.000 EUR beim Erstgericht erlegt.

Die Gegnerin der gefährdeten Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Die gefährdete Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Die gefährdete Partei (idF: Antragstellerin) ist (Strom-)Netzkundin der Gegnerin der gefährdeten Partei (idF: Antragsgegnerin), die Netzbetreiberin am Wohnort der Antragstellerin ist. Zwischen den Parteien besteht ein aufrechter Netzzugangsvertrag. Der Stromverbrauch der Antragstellerin wird mit einem mechanischen Messgerät gezählt, das im Eigentum der Antragsgegnerin steht. Die Antragsgegnerin beabsichtigt, den Ende 2024 „eichfälligen“ Zähler gegen ein intelligentes Messgerät („Smart Meter“) auszutauschen und dieses auf Wunsch der Antragstellerin entsprechend § 1 Abs 6 Intelligente Messgeräte-Einführungsverordnung (IME‑VO) zu konfigurieren („Opt‑Out‑Konfiguration“). Die Antragstellerin lehnt den Austausch unter Verweis auf die Gefahr von „Elektrosmog“ und datenschutzrechtliche Bedenken ab.

[2] Mit einem als „erste qualifizierte Mahnung vor Vertragsauflösung“ bezeichneten Schreiben vom 27. 9. 2024 gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin unter Hinweis auf die „Eichfälligkeit“ des Zählers sowie auf die vertraglichen Regelungen und gesetzlichen Vorgaben (einschließlich der Möglichkeit der „Opt‑Out‑Konfiguration“ des intelligenten Messgeräts) einen Termin für den Zählertausch bekannt. Für den Fall der Nichtbefolgung wies sie darauf hin, zur Unterbrechung der Stromlieferung und Auflösung des Netzzugangsvertrags berechtigt zu sein.

[3] Mit Schreiben vom 7. 10. 2024 erklärte die Antragstellerin ihre Bereitschaft zur Nacheichung ihres Zählers oder zum Einbau eines anderen geeichten mechanischen Zählers, der auch von ihr bereitgestellt werden könne.

[4] Mit Schreiben vom 11. 10. 2024 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass eine Nacheichung der mechanischen Zähler allgemein nicht vorgesehen sei und sie zum Austausch veralteter Zähler gegen digitale Messgeräte verpflichtet sei.

[5] Dem Netzzugangsvertrag zwischen den Parteien liegen die Allgemeinen Bedingungen für den Zugang zum Verteilernetz der Antragsgegnerin (AB‑VN) zugrunde. Diese lauten auszugsweise:

VIII. Betrieb und Instandhaltung […]

2. N* und der Netzkunde haben die zu ihren jeweiligen Betriebsanlagen gehörenden elektrischen, baulichen oder sonstigen Teile entsprechend den geltenden technischen Regeln zu betreiben und instand zu halten. […]

9. Zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der N* ist diese[r] bzw. den legitimierten Beauftragten der N* der Zutritt zu den Anlagen des Netzkunden und zu den eigenen Anlagen zu gestatten. N* übt dieses Recht unter möglichster Berücksichtigung der Interessen des Netzkunden aus. Das Recht von N* gemäß Punkt XXVI. beinhaltet den Eingriff in den Besitz und das Eigentum des Netzkunden im erforderlichen Ausmaß. […]

XI. Messung und Messeinrichtungen

1. N* hat allen Netzkunden eine zuverlässige, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Erfassung der Verbrauchswerte durch die dem Netzkunden zugeordneten Messgeräte zu gewährleisten. N* führt die Erfassung der vom Netzkunden eingespeisten oder entnommenen Energie (Arbeit und allenfalls beanspruchte Leistung) durch.

2. Die erforderlichen Mess-, Steuer- und Datenübertragungseinrichtungen (im Folgenden: Messeinrichtungen) werden von N* nach den technischen Erfordernissen und unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Netzkunden hinsichtlich Art, Zahl, Ort und Größe festgelegt, eingebaut, überwacht, entfernt und erneuert, soweit nichts anderes vereinbart oder in der Systemnutzungsentgelt-Verordnung vorgesehen oder in den geltenden technischen Regeln festgelegt wurde.

3. Die Verpflichtung zum Einbau von intelligenten Messgeräten ('Smart Meter') ist N* gemäß § 83 Abs 1 ElWOG 2010 in Zusammenhang mit der Intelligente Messgeräte-Einführungsverordnung (IME-VO) vorgeschrieben. Die Entscheidung, ob konventionelle Messeinrichtungen oder intelligente Messeinrichtungen ('Smart Meter') eingesetzt werden, obliegt N* unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen (insbesondere § 83 Abs 1 ElWOG 2010 und IME-VO). Insbesondere legt N* fest, ob und gegebenenfalls wann und in welchem Gebiet intelligente Messgeräte eingesetzt werden. N* hat den Netzkunden schriftlich und zeitnah über den Einbau eines intelligenten Messgerätes und die damit verbundenen Rahmenbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz sowie Bereitstellung und Übermittlung der Informationen gemäß §§ 81a bis 84a ElWOG 2010 zu informieren. […] N* hat den Wunsch eines Netzkunden, kein intelligentes Messgerät zu erhalten, zu berücksichtigen. […]

5. Will der Netzkunde Messeinrichtungen selbst beistellen, hat er diesen Wunsch N* zeitgerecht mitzuteilen. Diese hat daraufhin dem Netzkunden die hierfür geltenden Spezifikationen bekannt zu geben. N* gibt dabei die Zählertechnologie vor. […]

7. Der Netzkunde stellt in seinem Bereich den erforderlichen Platz für die Messeinrichtungen auf eigene Kosten zur Verfügung und verpflichtet sich, diese nach den Anweisungen von N* zu verwahren. N* ist berechtigt, den Messplatz unentgeltlich zu nutzen und notwendige Umbauarbeiten vorzunehmen, die für einen allfälligen Tausch / Modernisierung der Messeinrichtung erforderlich sind. N* übt dieses Recht unter möglichster Berücksichtigung der Interessen des Netzkunden aus. […]

8. Die Messeinrichtungen werden entsprechend den im Maß- und Eichgesetz bzw. den in den Eichvorschriften festgelegten Zeitabständen geeicht. Der für die Nacheichung oder aus sonstigen technischen Gründen erforderliche Wechsel der betroffenen Messeinrichtungen wird nach Terminabstimmung und auf Wunsch im Beisein des Netzkunden oder dessen Vertreters durchgeführt. N* wird sich bemühen, auf Terminwünsche des Netzkunden einzugehen, wobei Termine oder Zeitfenster von 2 Stunden vereinbart werden können. Kann der Termin oder das Zeitfenster von 2 Stunden nicht eingehalten werden, ist mit dem Netzkunden ehestmöglich ein Ersatztermin zu vereinbaren. […]

XXVI. Aussetzung der Vertragsabwicklung

1. Jeder Vertragspartner darf seine Verpflichtungen aus dem Netzzugangsvertrag einschließlich der Allgemeinen Verteilernetzbedingungen dann aussetzen und insbesondere die Netzdienstleistungen unterbrechen, wenn der andere Vertragspartner die Bestimmungen des Vertrages verletzt und nicht bloß eine geringfügige und alsbald behebbare Zuwiderhandlung vorliegt. […]

2. Als Zuwiderhandlungen, die eine sofortige Aussetzung der Vertragsabwicklung rechtfertigen, gelten:

[…]

3. Alle übrigen Zuwiderhandlungen wie z.B. Nichterfüllung fälliger Zahlungsverpflichtungen (Zahlungsverzug, Verweigerung einer Vorauszahlung oder Sicherheitsleistung) berechtigen N* nur dann zur physischen Trennung der Netzverbindung (Abschaltung), wenn dem eine zweimalige Mahnung inklusive jeweilig mindestens zweiwöchiger Nachfristsetzung vorangegangen ist. Die zweite Mahnung hat auch eine Information über die Folge einer Abschaltung des Netzzuganges nach Verstreichen der zweiwöchigen Nachfrist sowie über die damit einhergehenden voraussichtlichen Kosten einer allfälligen Abschaltung zu enthalten. Bei jeder Mahnung hat N* auf die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Beratungsstelle des bestehenden Energielieferanten, soweit diese gemäß § 82 Abs 7 ElWOG einzurichten ist, hinzuweisen. Die letzte Mahnung hat mit eingeschriebenem Brief zu erfolgen (qualifiziertes Mahnverfahren). […]

XXVII. Vertragsauflösung aus wichtigem Grund

1. Das Recht beider Vertragspartner zur Auflösung des Netzzugangsvertrages aus wichtigem Grund bleibt unberührt.

2. Ein wichtiger Grund liegt für N* insbesondere dann vor, wenn: […]

b) der Netzkunde – trotz eines durchgeführten Mahnverfahrens nach Punkt XXVI. Ziffer 3 – die Verletzung wesentlicher anderer Pflichten aus diesem Vertrag nicht beendet; […]

 

[6] Die Antragstellerin beantragte beim Bezirksgericht Baden die Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, der Antragsgegnerin bis zur rechtskräftigen Beendigung eines beim Bezirksgericht Baden anhängigen Verfahrens über eine Klage der Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin auf Duldung des Austausches des „eichfälligen“ mechanischen Zählers gegen einen „Smart Meter“ zu verbieten,

1. ihre vertraglichen Verpflichtungen zur Gewährung des Netzzugangs durch Androhung oder Umsetzung der Stromabschaltung zu „unterlassen“, soweit damit die Zustimmung der Antragstellerin zum Einbau eines Messgeräts einer der Antragstellerin – mangels näherer Beschreibung durch die Antragsgegnerin – unbekannten Art, Typ und Beschaffenheit oder eines intelligenten Messgeräts zur Stromaufzeichnung („Smart Meter“) bewirkt werden solle;

2. den „Strombezugsvertrag“ mit der Antragstellerin (allein) aus dem Grund zu beenden, dass sich die Antragstellerin weigere, ein Messgerät einer der Antragstellerin – mangels näherer Beschreibung durch die Antragsgegnerin – unbekannten Art, Typ und Beschaffenheit oder eines intelligenten Messgeräts zur Stromaufzeichnung („Smart Meter“) einbauen zu lassen.

[7] Die Antragstellerin meint, aufgrund des aufrechten Netzzugangsvertrags einen Anspruch auf Netzzugang zu haben und nicht verpflichtet zu sein, den Austausch des „eichfälligen“ mechanischen Zählers gegen ein intelligentes Messgerät zu dulden. Die Antragsgegnerin könne den derzeitigen Zustand jederzeit dadurch beenden, dass sie den „eichfälligen“ mechanischen Zähler nacheichen lasse, ihn gegen einen anderen geeichten mechanischen Zähler der gleichen Art austausche oder dem Einbau eines ihr von der Antragstellerin zur Verfügung gestellten anderen geeichten mechanischen Zählers zustimme.

[8] Die Antragsgegnerin beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags und entgegnet, aufgrund der Weigerung der Antragstellerin, ihr den Austausch des „eichfälligen“ Zählers zu ermöglichen, zur (Androhung der) Aussetzung ihrer vertraglichen Pflicht auf Gewährung des Netzzugangs und zur (Androhung der) Vertragsauflösung aus wichtigem Grund berechtigt zu sein. Sie dürfe nur geeichte Strommessgeräte verwenden, andernfalls mache sie sich strafbar. Eine Nacheichung oder Installation von Messgeräten, die keine „Smart Meter“ seien, wäre eine Zuwiderhandlung gegen § 83 Abs 1 ElWOG 2010 iVm der IME‑VO und gemäß § 99 Abs 2 Z 14 ElWOG 2010 mit einer Geldstrafe von bis zu 75.000 EUR bedroht. Einen „Strombezugsvertrag“ zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin gebe es nicht.

[9] Das Bezirksgericht Baden sprach aus, dass es örtlich unzuständig sei, und überwies die Rechtssache an das Erstgericht (§ 44 Abs 1 JN). Das Landesgericht Wiener Neustadt als Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin gegen den Überweisungsbeschluss nicht Folge und sprach – gestützt auf § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO – aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist. Der Überweisungsbeschluss ist damit rechtskräftig.

[10] Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Antragstellerin verstoße gegen die in Punkt VIII Z 9 und Punkt XI Z 7 AB‑VN vorgesehene Mitwirkungsobliegenheit. Das sei eine „übrige Zuwiderhandlung“ gemäß Punkt XXVI Z 3 AB-VN und eine Verletzung einer „wesentlichen anderen Pflicht“ gemäß Punkt XXVII Z 2 lit b AB‑VN. Die Weigerung der Antragstellerin, der Antragsgegnerin eine rechtskonforme Abrechnung zu ermöglichen, mache es ihr unmöglich, ihre eigentliche Vertragsleistung des Netzanschlusses und der Netznutzung zu erbringen. Die Antragsgegnerin sei daher nach Punkt XXVI Z 3 und Punkt XXVII Z 2 lit b AB‑VN zur (Androhung der) Stromabschaltung und Vertragsauflösung berechtigt. Dass sie das dafür vorgesehene (qualifizierte) Mahnverfahren nicht eingehalten habe, sei weder behauptet noch bescheinigt worden.

[11] Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung (teilweise) ab. Es erließ eine einstweilige Verfügung mit dem – gegenüber dem Sicherungsantrag umformulierten – Inhalt, dass der Antragsgegnerin bis zur Beendigung eines binnen vier Wochen einzuleitenden Streitschlichtungsverfahrens gemäß § 22 Abs 2 ElWOG 2010, falls aber gegen den Bescheid der Regulierungsbehörde rechtzeitig eine Klage eingebracht werden sollte, bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens über diese Klage, verboten werde, mit der Trennung vom Netz oder Stromabschaltung zu drohen oder den Netzzugang zu beenden, soweit damit die Zustimmung der Antragstellerin zum Einbau eines intelligenten Messgeräts zur Stromaufzeichnung („Smart Meter“) oder eines Messgeräts einer der Antragstellerin – mangels näherer Beschreibung durch die Antragsgegnerin – unbekannten Art, Type und Beschaffenheit bewirkt werden soll. Der Oberste Gerichtshof habe zu 3 Ob 191/24w betreffend vergleichbare AB‑VN festgehalten, dass die Weigerung des Netzbenutzers, dem Netzbetreiber für einen geplanten Zählertausch Zutritt zu einem Objekt zu gewähren, es nicht rechtfertige, anstelle der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe faktisch zur Selbsthilfe im Wege der (Androhung der) Stromabschaltung zu greifen. Dies gelte auch für den vorliegenden Fall. Dagegen bestätigte das Rekursgericht die Abweisung des auf den „Strombezugsvertrag“ bezogenen Sicherungsmehrbegehrens, weil die Parteien keinen Strombezugsvertrag geschlossen hätten.

[12] Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands „jeweils“ 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige. Der Revisionsrekurs sei „im Umfang der erlassenen einstweiligen Verfügung“ zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur – in vielen gleich gelagerten Verfahren relevanten – Frage fehle, ob die Weigerung des Netzbenutzers, dem Netzbetreiber Zutritt zum Objekt zu gewähren, selbst dann keine Vertragsauflösung rechtfertige, wenn der Zähler „eichfällig“ sei. „Im Umfang der Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses“ sei der Revisionsrekurs dagegen mangels einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

[13] Gegen den Ausspruch betreffend die Rechtfertigung der einstweiligen Verfügung und die Abweisung des Sicherungsmehrbegehrens richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und dem erkennbaren Ziel, die einstweilige Verfügung und den Ausspruch betreffend die Rechtfertigung der einstweiligen Verfügung abzuändern. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

[14] Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen und hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.

[15] Gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit einem auf Abweisung auch dieses Sicherungsbegehrens gerichteten Abänderungsantrag und hilfsweise mit einem Aufhebungsantrag.

[16] Die Antragstellerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[17] Der Revisionsrekurs der Antragstellerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf und ist daher unzulässig. Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist dagegen zulässig und teilweise berechtigt.

I. Zum Revisionrekurs der Antragstellerin:

[18] 1. Der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Revisionsrekursverhandlung war zurückzuweisen, weil eine solche im Gesetz nicht vorgesehen ist (RS0044000; § 526 Abs 1 ZPO). Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, inwieweit eine Verhandlung einer Klärung der hier strittigen Rechtsfragen dienlich hätte sein können.

[19] 2. Vorausgeschickt sei, dass das Rekursgericht den Revisionsrekurs nur mit einer den antragsstattgebenden Teil betreffenden Begründung zugelassen hat. Formal bekämpft die Antragstellerin den antragsabweisenden Teil zwar ebenfalls, inhaltliche Ausführungen dazu fehlen allerdings. Jedenfalls wäre es aber Sache der Antragstellerin gewesen, erhebliche Rechtsfragen iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, die das Rekursgericht (zu ihren Lasten) unrichtig gelöst hat. Dies gelingt ihr nicht, was kurz (§ 510 Abs 3 ZPO iVm §§ 78 EO, 528a ZPO) zu begründen ist:

[20] 3. Der Unzuständigkeits- und Überweisungsbeschluss des von der Antragstellerin im Provisorialverfahren zunächst angerufenen Bezirksgerichts Baden ist rechtskräftig. Die im Revisionsrekurs (erneut) aufgeworfene Zuständigkeitsfrage stellt sich daher nicht mehr.

[21] 4. Die Ausführungen „zum Sicherungsbegehren bei abgelaufener Eichung“ wenden sich nicht gegen die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts (inhaltlich laufen sie auf eine Argumentation einer – von der Antragstellerin ohnedies eingebrachten – Rechtsmittelbeantwortung hinaus); sie bedürfen keiner näheren Erörterung.

[22] 5. Der behauptete Verstoß gegen § 405 ZPO liegt nicht vor, zumal das Gericht gemäß § 391 Abs 1 Satz 1 EO die Zeit, für welche es die einstweilige Verfügung bewilligt, von Amts wegen zu bestimmen hat, ohne dabei an die Anträge der Parteien gebunden zu sein; es hat deshalb die Fristbestimmung erforderlichenfalls auch ohne Antrag der gefährdeten Partei beizusetzen (RS0005363). Der ausführlich begründeten Auffassung des Rekursgerichts, das Hauptverfahren sei nicht das zwischen den Parteien beim Bezirksgericht Baden anhängige Verfahren zur Duldung des Zählertausches, sondern ein erst einzuleitendes bzw nach den Behauptungen der Antragstellerin bereits eingeleitetes Streitschlichtungsverfahren über ihren Anspruch auf Unterlassung der Beendigung des Netznutzungsvertrags vor der Regulierungsbehörde nach § 22 ElWOG 2010 (unter Verweis auf 3 Ob 191/24w), sodass die einstweilige Verfügung für die Dauer dieses Schlichtungsverfahrens bzw eines allenfalls daran anschließenden gerichtlichen Verfahrens zu befristen sei, tritt die Antragstellerin im Übrigen nicht substanziiert entgegen.

[23] 6. Gegen die Abweisung des Verbots, den Strombezugsvertrag zu beenden, führt die Antragstellerin nur ins Treffen, sie habe erkennbar den „Netzzugangsvertrag“ zwischen den Streitteilen gemeint. Sie bekämpft dies daher nur formal, nicht aber inhaltlich (und auch formal nicht konsequent, stellt sie doch in ihren Revisionsrekursanträgen weiterhin ausdrücklich auf den „Strombezugsvertrag“ ab). Im Übrigen hat das Rekursgericht der Antragsgegnerin ohnehin verboten, den Netzzugang zu beenden, sodass die Argumentation der Antragstellerin weder nachvollziehbar ist noch eine erhebliche Rechtsfrage anspricht.

[24] 7. Soweit sich die Antragstellerin gegen die Kostenentscheidung wendet, übersieht sie, dass das Gericht zweiter Instanz in allen mit Kostenansprüchen zusammenhängenden Fragen endgültig entscheidet (RS0044233). § 528 Abs 2 Z 3 ZPO schließt die Überprüfung der Entscheidung über die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens durch den Obersten Gerichtshof aus (RS0044228; vgl auch RS0053407).

[25] 8. Der Revisionsrekurs der Antragstellerin war daher zurückzuweisen.

[26] 9. Die Antragsgegnerin hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Gemäß §§ 41, 50 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 4 EO hat sie daher Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung.

II. Zum Revisionsrekurs der Antragsgegnerin:

[27] 1. Das Rekursgericht hat die Zulässigkeit des (streitigen) Rechtswegs in der Begründung des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich bejaht. Der Revisionsrekurs tritt dem nicht entgegen. Damit liegt eine bindende Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs iSd § 42 Abs 3 JN vor (vgl RS0114196 [T9a]).

[28] 2. § 381 Z 2 EO ermöglicht die Erlassung einstweiliger Verfügungen zur Sicherung anderer Ansprüche als Geldansprüche, wenn solche Verfügungen zur Verhütung drohender Gewalt oder zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheinen.

[29] 3. Die Antragstellerin beantragt die Sicherung des Anspruchs auf Gewährung des Netzzugangs auf der Grundlage des mit der Antragsgegnerin geschlossenen (und unstrittig aufrecht bestehenden) Netzzugangsvertrags. Die Antragsgegnerin hält dem entgegen, dass sie aufgrund der Weigerung der Antragstellerin, den „eichfälligen“ mechanischen Zähler durch ein intelligentes Messgerät (allenfalls in der „Opt‑Out‑Konfiguration“) ersetzen zu lassen, zur (Androhung der) Trennung der Netzverbindung und zur Auflösung des Vertrags berechtigt sei.

[30] 4. Zu klären ist, ob die Antragsgegnerin ein den Netzzugangsvertrag verletzendes Verhalten der Antragstellerin bescheinigt hat, das „nicht bloß eine geringfügige und alsbald behebbare Zuwiderhandlung“ (Punkt XXVI Z 1 und 3 AB‑VN) darstellt oder als „Verletzung wesentlicher anderer Pflichten aus diesem Vertrag“ (Punkt XXVII Z 2 lit b AB‑VN) zu werten ist. Im ersten Fall ermöglichen die AB‑VN der Antragsgegnerin die Aussetzung ihrer Pflicht auf Gewährung des Netzzugangs (Punkt XXVI Z 1 und 3 AB‑VN), im zweiten Fall die Auflösung des Netzzugangsvertrags aus wichtigem Grund (Punkt XXVII Z 2 lit b AB‑VN). Als Beispiel einer Vertragsverletzung, die den Netzbetreiber – nach zwei qualifizierten Mahnungen, deren Vorliegen die Antragstellerin hier nicht bestreitet – zur physischen Trennung der Netzverbindung (Abschaltung) berechtigt, führt der Vertrag die „Nichterfüllung fälliger Zahlungsverpflichtungen (Zahlungsverzug, Verweigerung einer Vorauszahlung oder Sicherheitsleistung)“ an (Punkt XXVI Z 3 AB‑VN).

[31] 5. Der Oberste Gerichtshof hat zu 3 Ob 191/24w, 7 Ob 167/24w und 9 Ob 95/24x (betreffend vergleichbare AB‑VN einer anderen Netzbetreiberin) dargelegt, dass die Weigerung des Netzbenutzers, der Netzbetreiberin Zugang zu seinem Objekt zu gewähren, damit sie einen (grundsätzlich funktionsfähigen) Stromzähler austauschen kann, qualitativ nicht den Fällen des Zahlungsverzugs und der Verweigerung einer Vorauszahlung oder Sicherheitsleistung gleichzuhalten sei. Die Weigerung des Netzbenutzers rechtfertige es daher nicht, dass die Netzbetreiberin, statt gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, ihr Recht auf Austausch des Zählers faktisch im Wege der Selbsthilfe – durch Androhung der Stromabschaltung – durchzusetzen versuche.

[32] Diese rechtliche Beurteilung, die das Rekursgericht für den vorliegenden Fall übernommen hat, betraf Fälle, in denen die Netzbetreiberin mechanische Zähler mit gültiger Eichung austauschen wollte (3 Ob 191/24w: Eichung bis Dezember 2026; 7 Ob 167/24w: Eichung bis Dezember 2028; 9 Ob 95/24x: Eichung bis Dezember 2031).

[33] 6. Die Antragsgegnerin weist zutreffend darauf hin, dass der vorliegende Fall insofern anders gelagert ist, als der im Objekt der Antragstellerin verwendete Zähler – anders als die Zähler in den Vorentscheidungen – „eichfällig“ ist. Die Antragstellerin bestreitet weder, dass der Zähler nach dem Maß- und Eichgesetz (MEG) eichpflichtig ist, noch, dass die Antragsgegnerin die Eichpflicht zu erfüllen hat, noch, dass die Gültigkeit der Eichung des Zählers (Nacheichfrist) abgelaufen ist. Aufgrund dieses Sachverhaltselements bedarf die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts aufgrund folgender Erwägungen einer Klarstellung:

[34] 6.1. Die Netzbenutzer haben dem Netzbetreiber ein Systemnutzungsentgelt zu entrichten. Dieses setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen, die (dem Grunde nach) gesetzlich vorgegeben sind (§§ 51 ff ElWOG 2010) und (der Höhe nach) durch Verordnung der Regulierungsbehörde bestimmt werden (§ 51 Abs 2 ElWOG 2010 in Verbindung mit der Verordnung der Regulierungskommission der E‑Control, mit der die Entgelte für die Systemnutzung bestimmt werden [Systemnutzungsentgelte‑Verordnung 2018 – SNE‑V 2018]). Die Höhe des Systemnutzungsentgelts hängt (auch) vom Verbrauch ab, den der Elektrizitätszähler ermittelt.

[35] 6.2. Gemäß § 7 Abs 1 Maß- und Eichgesetz (MEG) sind Messgeräte, deren Richtigkeit durch ein rechtlich geschütztes Interesse gefordert wird, nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschnittes A des MEG eichpflichtig. Wer ein eichpflichtiges Messgerät verwendet oder bereit hält, ist gemäß § 7 Abs 2 MEG dafür verantwortlich, dass es geeicht ist. Gemäß § 8 Abs 1 Z 4 lit a MEG unterliegen Elektrizitätszähler ohne und mit abrechnungsrelevanten Zusatzeinrichtungen oder Tarifeinrichtungen, die im amtlichen oder rechtsgeschäftlichen Verkehr verwendet oder bereitgehalten werden, der Eichpflicht. Gemäß § 14 MEG sind eichpflichtige Messgeräte innerhalb bestimmter Fristen zur Nacheichung vorzulegen. Für Elektrizitätszähler sieht § 15 Z 7 lit b und c sowie Z 10 MEG, abhängig von der konkreten Ausgestaltung, Nacheichfristen von zehn oder zwanzig Jahren vor. § 18 Z 2 lit b MEG ermächtigt die Bundesministerin oder den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, durch Verordnung die gemäß § 15 MEG bestehende Nacheichfrist hinsichtlich bestimmter Messgeräte um jeweils höchstens fünf Jahre zu verlängern, wenn durch Prüfungen von Teilmengen der in einem bestimmten Jahr geeichten Messgeräte nach festzulegenden allgemein anerkannten statistischen Verfahren zu erwarten ist, dass die Richtigkeit und Zuverlässigkeit dieser Messgeräte für diesen Zeitraum gewährleistet ist. § 1 der aufgrund dieser Ermächtigung ergangenen Verordnung der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort über die Verlängerung der Nacheichfrist für Elektrizitätszähler und elektrische Tarifgeräte regelt eine solche Verlängerung der Nacheichfrist um jeweils fünf Jahre für die in § 15 Z 7 lit b und c sowie Z 10 MEG angeführten Elektrizitätszähler, wenn deren Richtigkeit vor Ablauf der Gültigkeit der Eichung durch eine Stichprobenprüfung nachgewiesen worden ist.

[36] 6.3. Der Zweck der Eichpflicht ist die Sicherstellung der Richtigkeit und Zuverlässigkeit der eichpflichtigen Messgeräte für die Dauer der Nacheichfrist (vgl § 18 Z 2, § 38 Abs 4, 6 MEG und § 1 der VO über die Verlängerung der Nacheichfrist für Elektrizitätszähler und elektrische Tarifgeräte). Ein Elektrizitätszähler, dessen Nacheichfrist abgelaufen ist, erfüllt diesen gesetzlichen Zweck nicht; er gewährleistet keine richtige Messung des Stromverbrauchs. Damit ist auch die richtige Abrechnung des vom Netzbenutzer auf der Grundlage des ElWOG, der SNE‑V 2018 und des Netzzugangsvertrags geschuldeten Systemnutzungsentgelts gefährdet. Die Netzbetreiberin läuft in dieser Konstellation Gefahr, durch eine falsche Stromverbrauchsmessung und -abrechnung nicht das in Gesetz und Verordnung vorgesehene Systemnutzungsentgelt zu erhalten. Umgekehrt läuft auch der Netzbenutzer Gefahr, zu viel Entgelt zu zahlen.

[37] 6.4. Vor diesem Hintergrund könnte ein in der dauerhaften Weigerung, der Antragsgegnerin Zutritt zum Objekt zu gewähren, um einen „eichfälligen“ Zähler auszutauschen, gelegener Verstoß der Antragstellerin gegen Punkt VIII Z 9 und Punkt XI Z 7 AB‑VN nicht als eine bloß „geringfügige und alsbald behebbare Zuwiderhandlung“ (Punkt XXVI Z 1 AB‑VN) zu werten sein, sondern als „Verletzung wesentlicher anderer Pflichten“ aus dem Netzzugangsvertrag (Punkt XXVII Z 2 lit b AB‑VN), weil dann ein der „Nichterfüllung fälliger Zahlungsverpflichtungen“ (Punkt XXVI Z 3 AB‑VN) vergleichbarer Fall vorläge, wenn der Netzbenutzer eine ordnungsgemäße Verbrauchsmessung und Abrechnung verhindert.

[38] 7. Ein solcher Verstoß ist hier aber nicht zu beurteilen. Die Antragstellerin hält der Antragsgegnerin vielmehr entgegen (und tat dies bereits vor Ablauf der Nacheichfrist), den derzeitigen Zustand jederzeit dadurch beenden zu können, dass sie den „eichfälligen“ mechanischen Zähler nacheichen lasse, ihn gegen einen anderen geeichten mechanischen Zähler der gleichen Art austausche oder dem Einbau eines ihr von der Antragstellerin zur Verfügung gestellten anderen geeichten mechanischen Zählers zustimme. Sie verweigert den Zutritt zum Objekt ausschließlich zur Verhinderung des Austausches des vorhandenen „eichfälligen“ Stromzählers durch eine ganz bestimmte andere Art („Smart Meter“). Wäre ein Austausch des „eichfälligen“ Stromzählers in einer von der Antragstellerin gewünschten Form rechtlich zulässig und faktisch möglich, würde kein der „Nichterfüllung fälliger Zahlungsverpflichtungen“ (Punkt XXVI Z 3 AB‑VN) vergleichbarer Fall vorliegen, wenn und weil eine ordnungsgemäße Verbrauchsmessung und Abrechnung weiterhin möglich wäre.

[39] 7.1. Dass ein Austausch mit einem (geeichten) Zähler in der von der Antragstellerin gewünschten Form (mechanisch) rechtlich nicht zulässig oder faktisch nicht möglich wäre, behauptet die Antragsgegnerin im Revisionsrekurs nicht. Sie legt insbesondere nicht dar, inwiefern sie die Verpflichtung gemäß § 83 Abs 1 ElWOG 2010 iVm § 1 Abs 1 IME‑VO aufgrund des konkreten Einzelfalls nicht erfüllen könne. Anders als von der Antragsgegnerin in erster Instanz vertreten, enthält § 1 IME‑VO keine Verpflichtung zum Einbau eines intelligenten Messgeräts konkret bei der Antragstellerin, sondern (lediglich) eine Zielverpflichtung: Nach § 1 Abs 1 Z 2 IME‑VO hat jeder Netzbetreiber (im Rahmen der technischen Möglichkeiten) bis Ende 2024 mindestens 95 vH der an sein Netz angeschlossenen Zählpunkte als intelligente Messgeräte auszustatten. Angesichts der Behauptung der Antragsgegnerin in erster Instanz, dass (schon) 99,97 % ihrer Strommessgeräte „Smart Meter“ seien, ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Antragsgegnerin dieser Zielverpflichtung nicht bereits nachgekommen wäre (und auch bei Einbau eines mechanischen Stromzählers bei der Antragstellerin weiterhin nachkommen würde). Dem Revisionsrekurs ist auch nicht zu entnehmen, dass bei Berücksichtigung der von der Antragstellerin genannten alternativen Möglichkeiten eine ordnungsgemäße Verbrauchsmessung und Abrechnung nicht mehr möglich wäre.

[40] 7.2. Im Ergebnis trifft die Antragstellerin mit ihrem Verhalten daher (bloß) die Entscheidung, welche Art von Messeinrichtung bei ihr zum Einsatz kommen soll. Da eine solche Entscheidung gemäß Punkt XI Z 3 AB‑VN „unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen“ der Antragsgegnerin obliegt und sie selbst in dem Fall, dass der Netzkunde Messeinrichtungen selbst beistellt, gemäß Punkt XI Z 5 AB‑VN die Zählertechnologie vorgeben kann, könnte in dem Verhalten der Antragstellerin eine Zuwiderhandlung gegen den Netzzugangsvertrag vorliegen, der dieses Wahlrecht grundsätzlich der Antragsgegnerin zuordnet.

[41] Die Frage, ob ein Netzbetreiber den Wunsch eines Endverbrauchers, kein intelligentes Messgerät zu erhalten, aufgrund des Unionsrechts (vgl die diesbezügliche Vorlagefrage an den EuGH zu C‑468/24 ) oder aufgrund der von der Antragstellerin vorgebrachten gesundheitlichen oder datenschutzrechtlichen (vgl die diesbezüglichen Vorlagefragen an den EuGH zu C‑468/24 ) Bedenken zu berücksichtigen hat, muss hier aber nicht geklärt werden. Selbst wenn man mit der Antragsgegnerin davon ausginge, dass diese von der Antragstellerin erhobenen Bedenken gegen den Einbau eines „Smart Meters“ nicht zutreffen und die Antragstellerin den Einbau somit zu dulden hätte, läge nämlich eine Vertragsverletzung vor, der durch die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe begegnet werden könnte und es wäre auch dann nicht ersichtlich, warum der Antragsgegnerin eine Verbrauchsmessung und Abrechnung in einer von der Antragstellerin gewünschten Form nicht zumindest vorübergehend – bis zur Klärung, ob die Antragstellerin die von ihr behauptete Duldungspflicht trifft – zumutbar (oder warum ihr dies weniger zumutbar als der Antragstellerin die Stromabschaltung und Auflösung des Netzzugangsvertrags) sein sollte.

[42] Bei der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Zuwiderhandlung handelt es sich somit um eine „geringfügige und alsbald behebbare Zuwiderhandlung“ (Punkt XXVI Z 1 AB‑VN) und nicht um eine „Verletzung wesentlicher anderer Pflichten“ aus dem Netzzugangsvertrag (Punkt XXVII Z 2 lit b AB‑VN), sodass die Antragsgegnerin weder zur Aussetzung der Vertragsabwicklung noch zur Vertragsauflösung berechtigt ist.

[43] 7.3. Die Antragsgegnerin hat daher keinen Sachverhalt bescheinigt, der sie nach den AB‑VN zur (Androhung der) Unterbrechung der Netzdienstleistung gegenüber der Antragstellerin berechtigt, sei es durch Aussetzung der Vertragsabwicklung (Punkt XXVI Z 1 und 3 AB‑VN) oder nach Vertragsauflösung aus wichtigem Grund (Punkt XXVII Z 2 lit b AB‑VN).

[44] 8. Dass im vorliegenden Fall durch die unberechtigte (Androhung der) Abschaltung des Stroms ein unwiederbringlicher Schaden im Sinn des § 381 Z 2 EO zu befürchten ist, wird im Revisionsrekurs – zutreffend (vgl 7 Ob 167/24w, Rz 17; 9 Ob 95/24x, Rz 31) – nicht bezweifelt. Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, dass die Antragstellerin den Einbau eines „Smart Meters“ (mit einer „Opt‑Out‑Konfiguration“) zu dulden (und sie dafür Zugang zum Objekt zu erhalten) habe, ist dies nicht Gegenstand des Provisorialverfahrens, in dem es vielmehr um die Berechtigung der Antragsgegnerin geht, einen solchen Anspruch durch (Drohung mit) Stromabschaltung oder Auflösung des Netzzugangsvertrags durchzusetzen (vgl 3 Ob 191/24w, Rz 22; 7 Ob 167/24w, Rz 13; 9 Ob 95/24x, Rz 26). Da die Zufügung des angedrohten Übels (die Abschaltung des Stroms vor gerichtlicher Klärung des Duldungsanspruchs der Antragsgegnerin) nicht erlaubt ist, ist auch die Drohung mit diesem Übel mit Widerrechtlichkeit behaftet (RS0014873 [T1]).

[45] 9. Das Rekursgericht hat die einstweilige Verfügung (im gegenständlichen Umfang) somit zu Recht erlassen.

[46] 10.1. Der Vollzug einer einstweiligen Verfügung ist jedoch – auch ohne einen in erster Instanz gestellten Antrag erst durch das Rechtsmittelgericht (RS0005496) – nach § 390 Abs 2 EO nach dem Ermessen des Gerichts vom Erlag einer Sicherheit durch den Antragsteller trotz Bescheinigung seines Anspruchs abhängig zu machen, wenn gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung wegen der Größe des Eingriffs in die Interessen des Antragsgegners Bedenken bestehen. Durch die Sicherheitsleistung wird in einem solchen Fall die nötige Interessenabwägung zwischen der Gefährdung des Antragstellers und dem Eingriff in die Rechtssphäre des Antragsgegners vorgenommen und ein entsprechender Ausgleich bewirkt (RS0005711). In die Interessenabwägung ist die Möglichkeit einzubeziehen, dass sich der zu sichernde Unterlassungsanspruch letztlich als unberechtigt erweisen könnte; dies insbesondere dann, wenn ein Einwand des Gegners der gefährdeten Partei mit den Mitteln des Sicherungsverfahrens nicht oder jedenfalls nicht sicher erledigt werden kann (RS0005711 [T7]). Die Kaution dient somit lediglich zur Sicherstellung des dem Gegner durch die etwa sich als unberechtigt erweisende einstweilige Verfügung entstehenden Ersatzanspruchs und der Kosten (RS0005453). Die Bemessung der Sicherheitsleistung liegt im Ermessen des Gerichts; es bedarf dazu keiner besonderen Erhebungen über die mögliche Höhe eines dem Antragsgegner eventuell drohenden Schadens (RS0005584).

[47] 10.2. Die Erlassung der einstweiligen Verfügung bringt einen derartigen beachtlichen Eingriff in die Rechtssphäre der Antragsgegnerin mit sich. Im Fall des Bestehens einer Duldungspflicht der Antragstellerin zum Einbau eines „Smart Meters“ wäre der – von der Antragstellerin dann unrechtmäßig erzwungene – Einbau eines anderen Messgeräts mit höheren Kosten für die Antragsgegnerin verbunden (neuerlicher Wechsel des Messgeräts). Die Antragsgegnerin befürchtet auch bei Einbau eines Messgeräts in der von der Antragstellerin gewünschten Form die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens und die Verhängung einer Geldstrafe. Auch wenn sie diese Befürchtung nicht mit der für die Abweisung des Sicherungsantrags hinreichenden Sicherheit konkretisieren konnte, kann eine Bestrafung im Rahmen eines solchen Verwaltungsstrafverfahrens mit den Mitteln des Sicherungsverfahrens auch nicht sicher ausgeschlossen werden. Die Auferlegung einer Sicherheitsleistung in entsprechender Höhe ist daher gerechtfertigt. Sollte sie sich als unzureichend herausstellen, kann sie jederzeit erhöht werden (RS0005584 [T5]).

[48] 10.3. Da die einstweilige Verfügung bereits durch Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts in Vollzug gesetzt wurde, ist der Auftrag zum Erlag der Sicherheit zu befristen und das Fortbestehen der einstweiligen Verfügung von der Einhaltung der Frist abhängig zu machen (RS0005722 [T1]).

[49] 11. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses der Antragsgegnerin beruht auf §§ 40, 43 Abs 2, 50 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 4 EO (geringfügiges Obsiegen), jene über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung der Antragstellerin auf § 393 Abs 1 EO.

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