OGH 6Nc4/25b

OGH6Nc4/25b14.5.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Faber als weitere Richter in der beim Bezirksgericht für Handelssachen Wien zu AZ 5 C 66/25d anhängigen Rechtssache der klagenden Partei MMag. A*, vertreten durch Mag. Hannes Mautz, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, wider die beklagte Partei V* GmbH, *, vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder & Partner (OG), Rechtsanwälte in Wien, wegen 3.956,67 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0060NC00004.25B.0514.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird anstelle des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien das Bezirksgericht Graz-Ost bestimmt.

Ein Kostenersatz findet im vorliegenden Zwischenstreit nicht statt.

 

Begründung:

[1] Der Kläger begehrt wegen erfolgloser Mängelbehebungs- und Reparaturversuche an seiner Gastherme Schadenersatz. Nach Einspruch der Beklagten beantragte er (noch vor Abhaltung einer vorbereitenden Tagsatzung) die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Graz-Ost nach § 31 JN als zweckmäßig. Die an seinem Wohnsitz von einem Sachverständigen zu begutachtende Gastherme befinde sich im Sprengel des Bezirksgerichts Graz-Ost. Ein Ortsaugenschein sei schon in der Klage beantragt worden. Für ihn, seine als Zeugin beantragte Ehefrau und die weiteren zwei Zeugen (per Adresse in G* bzw Gr*) sei die Anreise einfacher. Es käme daher im Sinne des § 31 JN bei Delegierung zu einer Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszugangs.

[2] Die Beklagte sprach sich in ihrem vorbereitenden Schriftsatz gegen eine Delegierung aus. Die Entfernung zwischen W* und G* sei bei „ausgezeichneten Verkehrsverbindungen“ „sehr überschaubar“. Eine Delegierung solle die Ausnahme bleiben. Sie habe daran „jedenfalls kein Interesse“. Zudem legte sie – wiewohl sie gleichzeitig bestritt, dass von ihr durchgeführte Reparaturen „frustriert oder sinnlos“ gewesen seien, und zur Therme auf von ihren Technikern geortete schwerwiegende Fehler eines nicht in ihre Zuständigkeit fallenden Fachhandwerkers verwies – dar, es sei fraglich, ob eine Besichtigung der Anlage vor Ort überhaupt notwendig sein werde.

[3] Das Bezirksgericht für Handelssachen Wien sah eine Delegierung wegen des Wohnsitzes der bisher beantragten Zeugen und des durchzuführenden Ortsaugenscheins bzw der Befundaufnahme durch den Sachverständigen als zweckmäßig an.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der Delegierungsantrag ist berechtigt.

[5] 1. Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Führung des Verfahrens und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung, Vereinfachung und/oder Kostenersparnis des Verfahrens beitragen kann. Dabei muss sich die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig im bejahenden Sinn beantworten lassen.

[6] Ob eine Delegierung zweckmäßig ist, ist anhand einer – auf Basis der absehbaren Beweisaufnahme erstellten – Prognose über den zukünftigen Verfahrensverlauf einzuschätzen. Zweckmäßigkeitsgründe sind etwa der Wohnort (Sitz) der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen sowie die Befundaufnahme des Sachverständigen vor Ort (RS0046540 [zur Befundaufnahme T37]; RS0053169 [T12]).

[7] 2. Nach dem bisherigen (konkreten und in Kenntnis des Delegierungsantrags erstatteten) Beweisanbot ist die Zweckmäßigkeit der Delegierung im vorliegenden Fall eindeutig zu bejahen. Für sämtliche bisher für die Parteien- oder Zeugeneinvernahme konkret namhaft gemachten Personen werden kürzere Anreisewege und Fahrtkosten bewirkt. Es kann ein Sachverständiger aus dem örtlichen Nahebereich der zu begutachtenden Therme beigezogen werden, dessen Fahrtkosten anlässlich Befundaufnahme und Erörterung in geringerer Höhe zu erwarten sind.

[8] 3. Die sich mit der Delegierung befassenden Schriftsätze enthielten (beiderseits und zweckmäßigerweise) auch Vorbringen zur Sache. Sie sind damit im Hauptverfahren verwertbar. Eine gesonderte Honorierung im Zwischenstreit ist damit ausgeschlossen (RS0036025 [T5, T8]).

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