European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0050OB00042.25Z.0430.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Wohnungseigentumsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Streitteile sind Mit‑ und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft.
[2] Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist der – nach Anleitung durch das Erstgericht modifizierte – Antrag des Antragstellers, die Zustimmung der Antragsgegner zu einer von ihm geplanten Umstellung des Heizungssystems von Gaseinzelbefeuerung und Gasdurchlauferhitzer hin zu einer Luft‑Wasser‑Wärmepumpe‑ und Photovoltaik‑Heizungslösung gemäß einer näher bezeichneten Skizze samt Datenblättern und Beschreibung zu ersetzen.
[3] Das Erstgericht wies den Sachantrag als nach wie vor zu unbestimmt ab.
[4] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Ob die geplante Änderung ausreichend konkret dargestellt sei, könne unerörtert bleiben, weil der Antragsteller in seinem Antrag weder eine Verkehrsüblichkeit noch ein wichtiges Interesse an den begehrten Änderungen im Sinn des § 16 Abs 2 Z 2 WEG behaupte.
[5] Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Rekursgericht mit 10.000 EUR übersteigend, den Revisionsrekurs ließ es nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[6] Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[7] 1. Das Vorliegen einer Rechtsfrage erheblicher Bedeutung ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (RS0112769; RS0112921). Eine bei Einbringung des Rechtsmittels allenfalls tatsächlich aufgeworfene Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG verliert daher ihre Erheblichkeit, wenn sie durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zwischenzeitig geklärt wurde (RS0112769 [T12]; RS0112921 [T5]). Das ist hier der Fall.
[8] 2.1. Zu den vom Antragsteller aufgeworfenen Rechtsfragen hat der Fachsenat in der Entscheidung 5 Ob 100/24b (im RIS seit 2. 3. 2025), die einen vergleichbaren Sachverhalt betraf, Stellung genommen und ausgeführt wie folgt:
„2.4. Maßnahmen der bloßen Umgestaltung einer bestehenden Beheizungsanlage (dort ebenfalls Wärmepumpe) sind nach alledem ebenso wenig von der Privilegierung des § 16 Abs 2 Z 2 WEG erfasst wie der Tausch des Heizungssystems. In diesem Sinn hat der Fachsenat bereits ausgesprochen, dass es sich bei der Installation einer Fußbodenheizung anstelle von Radiatoren um keine im Sinn des § 16 Abs 2 Z 2 WEG privilegierte Maßnahme handelt (5 Ob 13/17y). Er verwies dazu auf die Judikatur zur Parallelbestimmung des § 9 Abs 2 Z 1 MRG, wonach der Anschluss eines Kaminofens – zusätzlich zur bestehenden Heizung – nur zur Schaffung eines behaglicheren Raumklimas (5 Ob 232/16p) und die Errichtung einer eigenen Beheizungsanlage und Abkoppelung von der funktionierenden Zentralheizung im Haus nicht § 9 Abs 2 Z 1 MRG zu unterstellen und daher keine pivilegierten Maßnahmen seien. Gleiches gilt nach 5 Ob 33/16p für die Errichtung eines Kachelofens als zusätzliche Wärmequelle.
In den – zu § 16 Abs 2 Z 2 WEG ergangenen – Entscheidungen 5 Ob 113/15a (Niedrigtemperatur – Fußbodenheizung statt Hochtemperatur – Fußbodenheizung) und 5 Ob 15/21y (Installation einer Fußbodenheizung) hat der Fachsenat im Zusammenhang mit der Umgestaltung bestehender Heizungsanlagen jeweils die Verkehrsüblichkeit und/oder das wichtige Interesse des Antragstellers geprüft und somit eine Privilegierung dieser bloßen Änderungsvorhaben implizit verneint.“
[9] Diese Ausführungen gelten auch hier; von der behaupteten Abweichung von höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage der Privilegierung nach § 16 Abs 2 Z 2 zweiter Satz WEG kann daher keine Rede sein.
[10] 2.2. Auch dem Argument des Antragstellers, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob infolge der Energiewende, der Gasknappheit und den empfindlichen Preissteigerungen sowie dem politischen Bestreben zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ein wichtiges Interesse im Sinn des § 16 WEG an einer Umstellung des Heizungssystems von einer Gaseinzelbefeuerung und einem Gasdurchlauferhitzer hin zu einer Luftwasser‑Wärmepumpe‑und Photovoltaik‑Heizungslösung bestehe, sind die Ausführungen zu 5 Ob 100/24b wie folgt entgegenzuhalten:
„3.3. [...] Die Auffassung des Rekursgerichts, aus den Feststellungen des Erstgerichts bzw dem Vorbringen der behauptungs‑ und beweispflichtigen Antragstellerin zu allgemeinen Bestands‑ und Verkaufszahlen für Wärmepumpen und Gesetzesvorhaben zur Dekarbonisierung mit dem Ziel der Klimaneutralität, von denen nicht absehbar ist, ob überhaupt und wenn ja, wie und wann diese umgesetzt werden, lasse sich keine der nach § 16 Abs 2 Z 2 WEG alternativ erforderlichen Voraussetzungen ableiten, ist keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Statistische Erhebungen und Verkaufszahlen sind für die Frage der Verkehrsüblichkeit von bestimmten Einrichtungen nicht aussagekräftig. Auf eine solche generalisierende Betrachtung einer vom konkreten Standort abstrahierten Baupraxis kommt es ja gerade nicht an (5 Ob 33/16p [Kachelöfen], 5 Ob 245/18t [Klimageräte]). Auch allgemeine Erwägungen zur Klimaentwicklung und der Notwendigkeit einer Energiewende vermögen den für eine Bejahung der Verkehrsüblichkeit bzw eines subjektiven wichtigen Interesses im Sinn des § 16 Abs 2 Z 2 WEG erforderlichen Beweis konkreter Tatsachen nicht zu ersetzen (vgl 5 Ob 29/21v; 5 Ob 137/24v [jeweils Klimawandel]).“
[11] Der Antragsteller behauptet weder, dass die Gasheizung keine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts ermöglicht, noch, dass die konkret beabsichtigte Änderung in ihrer geplanten Ausgestaltung unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Hauses, des Umfelds, des Ausmaßes des Eingriffs in die Bausubstanz sowie bei Inanspruchnahme allgemeiner Teile verkehrsüblich wäre. Die abstrakte Argumentation mit dem beabsichtigten „Ausstieg aus fossilen Brennstoffen in ganz Österreich“, ein solches „in Wien politisch verfolgtes Ziel“ und den aktuell „Standard darstellende energieeffiziente Zentralbeheizungssysteme wie die geplante Luft‑Wasser‑Wärmepumpe‑ und Photovoltaik‑Heizungslösung“ reichen nach der Entscheidung 5 Ob 100/24b und der ständigen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Verkehrsüblichkeit und dem wichtigen Interesse im Sinn des § 16 Abs 2 Z 2 WEG (vgl RS0126244 [T2, T3]; RS0083341 [T2, T4, T18]) nicht aus.
[12] 2.3. Der Beurteilung des Rekursgerichts, Wärmepumpen seien im dicht verbauten städtischen Bereich Wiens aktuell nahezu unbekannt, setzt der Antragsteller– abgesehen von seiner Mängelrüge in Bezug auf die vom Rekursgericht erwähnte Lärmentwicklung von Wärmepumpen – inhaltlich nichts entgegen.
[13] 2.4. Nach der Judikatur des Fachsenats (5 Ob 100/24b; 5 Ob 222/19m) sind mehrere bauliche Veränderungen grundsätzlich in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen, sodass die gesonderte Beurteilung einzelner Änderungen nur dann zulässig wäre, wenn diese nicht in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Dies ist dann der Fall, wenn die angestrebten Maßnahmen objektiv von einander trennbar sind und der änderungswillige Wohnungseigentümer, der die Ersetzung der Zustimmung zu den einzelnen trennbaren Änderungen begehrt, eindeutig zum Ausdruck bringt, auch an einer teilweisen Stattgebung interessiert zu sein (RS0083040; 5 Ob 222/19m). Der Antragsteller spricht in seinem Begehren von Anfang an (und noch in seinem Rechtsmittel) von einem kombinierten „Luft/Wasser‑Wärmepumpe‑Photovoltaik‑Heizungslösungsvorhaben“ und lässt nicht erkennen, dass er an einer teilweisen Stattgebung interessiert wäre. Nähere Erörterungen zur Genehmigungsfähigkeit nur des Wärmepumpeneinbaus und/oder der Photovoltaikanlage sind daher entbehrlich.
[14] 3. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor. Die Frage der mangelnden Bestimmtheit des modifizierten Antrags in erster Instanz hat das Rekursgericht aus rechtlichen Gründen unbeantwortet gelassen. Da die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts nicht zu beanstanden ist, kann dies keinen Verfahrensmangel begründen. Dass sich das Rekursgericht inhaltlich mit dem Rekursvorbringen nicht auseinandergesetzt hätte, ist nicht zu erkennen; es hat die vom Antragsteller zu behauptenden und zu beweisenden Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 2 WEG vielmehr schon nach seinem Antragsvorbringen als nicht gegeben erachtet. Die Lärmentwicklung durch die Luft‑Wasserwärmepumpe erwähnte das Rekursgericht zwar zur Begründung seiner Zweifel, dass derartige Wärmepumpen in Wien künftig verkehrsüblich werden könnten; dies ist aber für die rechtliche Beurteilung nicht von Relevanz.
[15] 4. Damit war der Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne dass es einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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