European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0050OB00057.25F.0430.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Antragsteller ist der Vater des Antragsgegners und für ihn geldunterhaltspflichtig. Zuletzt wurde er mit Beschluss des Erstgerichts vom 9. 12. 2020, 373 Pu 29/20‑123 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 326 EUR verpflichtet.
[2] Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur mehr der Antrag des Vaters auf Herabsetzung seiner Geldunterhaltspflicht für die Monate Juli bis September 2024, den er damit begründete, der Antragsgegner habe im Mai 2024 die Matura abgelegt und könne seit Juli 2024 einer Beschäftigung nachgehen.
[3] Das Erstgericht enthob – insoweit rechtskräftig – den Antragsteller mit Wirkung ab 1. 10. 2024 von seiner Verpflichtung zur Leistung des Geldunterhalts für seinen Sohn, wies aber sein Mehrbegehren auf Herabsetzung der monatlichen Unterhaltspflicht für den Zeitraum 1. 7. 2024 bis 30. 9. 2024 ab.
[4] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Den Revisionsrekurs ließ es mit der Begründung zu, dass die Frage, ob ein bloß kurzfristiges Ferialeinkommen bei der Unterhaltsbemessung als Eigeneinkommen zu berücksichtigen ist, zwar grundsätzlich nicht von erheblicher Bedeutung sei. Hier sei aber zu berücksichtigen, dass das Ferialeinkommen in einem Zeitraum zwischen dem absehbaren Ende der Schulzeit und dem Beginn des Grundwehrdienstes angefallen und noch nicht abzusehen sei, ob der Antragsgegner nach absolviertem Präsenzdienst eine weitergehende Ausbildung ergreifen werde. Für Ferienzeiten zwischen einzelnen Schul‑ bzw oder Studienjahren sei unstrittig, dass solche Einkünfte auf längeren Zeitraum (regelmäßig ein Jahr) aufgeteilt werden; ob dies hier gleichermaßen gelte, sei fraglich.
[5] Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers, in dem er die Abänderung im Sinn einer Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht für die Monate Juli bis September 2024 auf monatlich 173 EUR begehrt und hilfsweise einen Aufhebunganstrag stellt.
[6] Der Antragsgegner hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
[7] Der Revisionsrekurs ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) – Ausspruchs des Rekursgerichts nicht zulässig und kann auch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigen. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).
[8] 1. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung (RS0117200) ist ein kurzfristiges Ferialeinkommen eines Unterhaltsberechtigten bei der Unterhaltsbemessung grundsätzlich nicht als Eigeneinkommen zu berücksichtigen. Solche Beträge werden in einer intakten Familie regelmäßig dem Kind überlassen; so etwa für die Dauer zweier Monate während des Studiums (7 Ob 139/12k; 8 Ob 34/20p). Dies wird damit begründet, dass bei der Festsetzung von Geldunterhalt stets auch darauf Bedacht zu nehmen ist, wie ein „bonus pater familias“ handeln würde, ob also dem Unterhaltsberechtigten unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ein Ferialeinkommen als frei erlangtes Taschengeld belassen würde (10 Ob 3/24z).
[9] 2. Grundsätzlich kann die Frage, ob ein kurzfristiges Ferialeinkommen noch als geringfügig – im Sinn eines üblicherweise dem Kind überlassenes Taschengelds – zu qualifizieren ist, nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (RS0117200 [T5]; 10 Ob 3/24z). Eine auch im Einzelfall korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Rekursgerichts zeigt der Revisionsrekurs nicht auf; die vom Rekursgericht als erheblich genannte Rechtsfrage stellt sich aufgrund des festgestellten Sachverhalts nicht.
[10] 3. Von der im Revisionsrekurs erwähnten „Ausbildungspause“, die offenbar auch das Rekursgericht seiner Zulassungsbegründung zugrunde legte, kann hier keine Rede sein, weil der Antragsgegner seine Ausbildung nach den Feststellungen des Erstgerichts schon deshalb noch nicht abgeschlossen hat, weil er zwar im Mai 2024 die schriftliche Matura absolvierte, ihm aber noch ein Fach für die mündliche Matura und die Facharbeit fehlt und ein Termin für die Nachmatura noch nicht vorlag. Selbst wenn der Antragsgegner in den Monaten Juli und August als Ferialpraktikant arbeitete, dabei monatlich 1.377,51 EUR an Einkommen erzielte und nun mit Wirkung vom 1. 10. 2024 zur Leistung des Grundwehrdienstes für die Dauer von sechs Monaten einberufen wurde, ändert dies nichts daran, dass er sich noch in Ausbildung befindet, weil er die Matura noch nicht (vollständig) absolvierte. Von der „Aufnahme einer Berufstätigkeit des Antragsgegners nach Abschluss seiner Ausbildung“ ist daher nicht auszugehen.
[11] 4. Dass das vom Antragsgegner erzielte Einkommen in den Sommermonaten unter Zugrundelegung der Verhältnisse in einer intakten Familie nicht als geringfügig und damit als üblicherweise dem Kind überlassenes Taschengeldes zu qualifizieren wäre, behauptet der Revisionsrekurswerber nicht. Im Übrigen haben die Vorinstanzen selbst für den Fall eines allenfalls nicht mehr kurzfristigen und geringfügigen Einkommens diese Ferialeinkünfte im Sinn der zweitinstanzlichen Rechtsprechung auf den Zeitraum eines Jahres umgelegt und darauf abgestellt, ob sie umgerechnet auf einen Jahresdurchschnitt zusammen mit dem Unterhaltsbetrag den Durchschnittsbedarf übersteigen. Dies haben sie verneint, was der Revisionsrekurswerber nur mit dem Argument in Zweifel zieht, es handle sich nicht um ein „Ferialeinkommen im klassischen Sinn“. Dass der Antragsgegner dieses Einkommen tatsächlich nur kurzfristig in einer Ausbildungspause erzielt hat, lässt er – wie bereits erwähnt – dabei außer Acht.
[12] 5. Auch mit dem Argument, es sei unklar, ob Ferialeinkommen als kurzfristige Einkommen bei der Unterhaltsbemessung auch dann nicht zu berücksichtigen seien, wenn zwischen Verpflichteten und Berechtigten kein Verhältnis wie in einer intakten Familie bestehe und der Unterhaltspflichtige keine Informationen zur Fragen der Ausbildung und zum weiteren beruflichen Werdegang erhalte, zeigt der Antragsteller keine erhebliche Rechtsfrage auf. Die in dem Zusammenhang geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel liegen nicht vor.
[13] 6. Es entspricht der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung, dass bei der Festsetzung von Geldunterhalt darauf abzustellen ist, wie ein „bonus pater familias“ handeln würde, sodass es unter Zugrundelegung der Verhältnisse einer intakten Familie darauf ankommt, ob dem Unterhaltsberechtigten ein geringes Ferialeinkommen als Taschengeld belassen werden würde (RS0101996 [T4]). Entscheidungen in Unterhaltssachen sind generell an den Verhältnissen in einer fiktiven „intakten Familie“ zu orientieren (RS0047580 [T12]). Die Verwendung des Begriffs „fiktiv“ in der höchstgerichtliche Rechtsprechung zeigt, dass es für die Frage der Belastung eines Geldunterhaltspflichtigen gerade nicht auf die tatsächlichen Familienverhältnisse ankommt, sondern, auch wenn eine „intakte Familie“ nicht vorliegt, eine solche als Maßstab heranzuziehen ist. Auch dies ist daher in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung geklärt.
[14] 7. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)