OGH 5Ob63/25p

OGH5Ob63/25p30.4.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. Weixelbraun‑Mohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. L*, geboren * 2010, 2. Lo*, geboren * 2014, 3. Lu*, geboren * 2016, und 4. Le*, geboren * 2019, Mutter E*, wegen Obsorge und Kontaktrechts, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters, B*, vertreten durch die Mag. Wolfgang Auner Rechtsanwalts‑Kommandit-Partnerschaft KG in Leoben, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 4. März 2025, GZ 23 R 76/25m‑99, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0050OB00063.25P.0430.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Familienrecht (ohne Unterhalt)

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen haben – soweit Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens – dem Vater die Obsorge für die drei jüngeren Töchter gemäß § 107 Abs 2 AußStrG vorläufig entzogen und diese der Mutter zur Gänze übertragen. Außerdem legten sie ein 14‑tägiges begleitetes Kontaktrecht des Vaters fest.

Rechtliche Beurteilung

[2] Der gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionrekurs des Vaters ist nicht zulässig.

[3] 1. Die Erlassung einer vorläufigen Maßnahme im Sinn des § 107 Abs 2 AußStrG hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, der keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zuerkannt werden kann, es sei denn, dass bei dieser Entscheidung das Wohl des Kindes nicht ausreichend bedacht worden wäre (RS0097114 [T18]; RS0007101 [T18]; vgl RS0115719 [T13]). Dies ist hier nicht der Fall.

[4] 2.1. Das Rekursgericht hat die vorläufige Übertragung der Obsorge auf die Mutter alleine insbesondere deswegen bestätigt, weil nach dem bisherigen Verfahrensstand davon ausgegangen werden muss, dass das nach einer Anzeige der Töchter gegen die Mutter eingeleitete und zwischenzeitig eingestellte Strafverfahren (in dem geprüft wurde, ob sie die Kinder geschlagen und/oder bedroht hat) letztlich auf ein manipulatives Einwirken des – bereits wegen fortgesetzter Gewaltausübung sowohl gegen die Mutter als auch gegen die beiden älteren Töchter – strafgerichtlich verurteilten Vaters zurückzuführen ist. Weder gab es entsprechende Beobachtungen durch Mitarbeiterinnen im Frauenhaus, noch Meldungen des mehrere Jahre mit den Kindern arbeitenden Kinderbeistands. Die vorläufige Übertragung der Obsorge allein auf die Mutter samt einer räumlichen Trennung der drei jüngeren Kinder vom Vater sowie von der – vom Erstgericht als gegenüber ihren Geschwistern dominant eingeschätzten – ältesten Schwester soll mögliche Einflussnahmen auf die Aussagen der Kinder verhindern. Dass die gleichzeitig angeordneten 14‑tägigen Kontakte zum Vater vorläufig nur begleitet stattfinden sollen, ist – entgegen dessen Meinung – schon deshalb „nachvollziehbar“, weil derzeit der Verdacht besteht, er würde die Meinung seiner Kinder über die Mutter massiv beeinflussen.

[5] 2.2. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat das Gericht eine vorläufige Entscheidung nach § 107 Abs 2 AußStrG schon dann zu treffen, wenn zwar für die endgültige Regelung noch weitergehende Erhebungen (etwa die Einholung eines Sachverständigengutachtens) notwendig sind, aber eine rasche Regelung der Obsorge oder der persönlichen Kontakte für die Dauer des Verfahrens Klarheit schafft und dadurch das Kindeswohl fördert (RS0129538 [T9]). Dass, wie der Vater – übereinstimmend mit dem klaren Hinweis des Rekursgerichts – geltend macht, weitere Erhebungsschritte des Erstgerichts zur abschließenden Klärung der wechselseitigen Verdächtigungen der Eltern fehlen, steht der vorläufigen Regelung damit nicht entgegen. Mit seinen Ausführungen kann er daher weder eine (zur Wahrung des Kindeswohls: dazu RS0050037 [T18]) aufzugreifende Mangelhaftigkeit des Verfahrens in erster Instanz noch eine erhebliche Rechtsfrage aufzeigen.

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