OGH 5Ob112/24t

OGH5Ob112/24t30.4.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. Weixelbraun‑Mohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Mag. G* H*, vertreten durch Dr. Herbert Gartner, Mag. Nikolaus Humpel, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Univ.‑Prof. Dr. M* C*, vertreten durch die Lattenmayer Luks & Enzinger Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. H* M*, 3. sämtliche weitere Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ * KG *, wegen § 52 Abs 1 Z 2 iVm § 16 Abs 2 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erstantragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 23. April 2024, GZ 39 R 230/23x‑70, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 27. Juni 2023, GZ 7 MSch 12/21g‑62, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Sachbeschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0050OB00112.24T.0430.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Wohnungseigentumsrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:

„Der Antrag, die Antragsgegner zu verpflichten, auf der Liegenschaft EZ * KG * die Errichtung eines Balkons gemäß Einreichplan Beilage ./A samt Glaswand der Kategorie E‑30 gemäß Kostenvoranschlag Beilage ./K an der dem Aufzugsschacht zugewandten Seite des Balkons zu dulden, wird abgewiesen.

Der Antragsteller ist schuldig, der Erstantragsgegnerin binnen 14 Tagen die mit 3.092,76 EUR (darin 513,04 EUR USt und 14,40 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, sowie die mit 593,56 EUR (darin 69,93 EUR USt und 174 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.“

Der Antragsteller ist schuldig, der Erstantragsgegnerin binnen 14 Tagen die mit 763,70 EUR (darin 83,78 EUR USt und 261 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ * KG * mit dem Haus *.

[2] Dieses Haus und die fünf benachbarten Gebäude umschließen einen langgestreckten Innenhof, der an der Schmalseite 5,5 m, an der breiteren Stelle 8 m breit und an der längsten Stelle 50 m lang ist. In diesem Innenhof gibt es zwei Außenaufzüge, die als Stahl‑Glas‑Konstruktion ausgeführt sind. Im 1. und 3. Stock des Hauses mit den Wohnungseigentumsobjekten der Streitteile befindet sich rechts neben dem einem Außenaufzug jeweils ein Balkon. Diese beiden Balkone wurden 2013/14 mit Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer errichtet. Auf beiden Balkonen wurde auf der jeweils linken Seite (zum Aufzugsschacht hin) eine aus Brandschutzgründen vorgeschriebene Glaswand E‑30 (Milchglas) mit einer Höhe von 2 m aufgestellt.

[3] In diesem Innenhof gibt es auf der gegenüberliegenden Fassadenseite noch einen weiteren Balkon, ansonsten sind im Innenhof des gesamten Häuserkomplexes keine weiteren Balkone vorhanden. Auch in der näheren Wohnumgebung gibt es in den (großteils sehr weitläufigen) Innenhöfen nur sehr vereinzelt Balkone.

[4] Der Antragsteller beabsichtigt, an sein Wohnungseigentumsobjekt im 2. Stock des Hauses einen zu den im 1. und 3. Stock vorhandenen Balkonen baugleichen (4 m x 1,5 m großen) Balkon anzubauen. Gegenstand des Verfahrens ist sein auf § 16 Abs 2 WEG gestützter Antrag, die Antragsgegner zur Duldung der Errichtung dieses Balkons zu verpflichten. Im Revisionsrekursverfahren ist daher letztlich nur die Frage der Verkehrsüblichkeit dieser Maßnahme von Bedeutung. Die weiteren Ausführungen beschränken sich daher auf das für diesen Streitpunkt Wesentliche.

[5] Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht den Antrag ab. Die Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 2 WEG lägen nicht vor. Von der vom Antragsteller behaupteten Verkehrsüblichkeit könne nach den Feststellungen keine Rede sein.

[6] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers Folge und hob den Sachbeschluss des Erstgerichts auf. Die Verkehrsüblichkeit sei zu bejahen, das Erstgericht habe daher die negativen Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 1 WEG zu prüfen.

[7] Im zweiten Rechtsgang verpflichtete das Erstgericht (nur) die Erstantragsgegnerin und den Zweitantragsgegner zur Duldung der Errichtung eines Balkons gemäß einem (bestimmt bezeichneten) Einreichplan unter Berücksichtigung einer Glaswand gemäß einem (bestimmt bezeichneten) Kostenvoranschlag an der dem Aufzugsschacht zugewandten Seite des Balkons. Das Rekursgericht habe die Verkehrsüblichkeit des Balkons bejaht. An diese Rechtsansicht sei das Erstgericht gebunden.

[8] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Errichtung des Balkons sei im konkreten Einzelfall – der Einzelfallcharakter sei hier zu betonen – verkehrsüblich. Ausgangspunkt der Beurteilung der maßgeblichen Umgebung müsse das konkrete Haus sein. Hier wiesen die Wohnungen genau darüber und darunter bereits baugleiche Balkone auf. Erweitere man den Beurteilungsradius auf die nähere Umgebung, so weise das im gleichen Bebauungsblock gelegene, gegenüberliegende Haus ebenfalls einen Balkon auf. Damit sei aber die Verkehrsüblichkeit der nachträglichen Errichtung baugleicher Balkone in der nächsten und näheren Umgebung durchaus gegeben. Ein „mathematisches“ Abstellen auf die Zahl möglicher Balkone im Verhältnis zur Zahl der tatsächlich vorhandenen [hier nach den Behauptungen der Antragsgegner bezogen auf den Innenhof 3 von 30] hieße, die Anforderungen an die Verkehrsüblichkeit zu überspitzen.

[9] Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 10.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.

[10] Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Erstantragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Aktenwidrigkeit. Sie beantragt, diese abzuändern und den Antrag abzuweisen. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

[11] DerAntragsteller beantragt in der ihm freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise diesem keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[12] Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil dem Rekursgericht eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Er ist auch berechtigt.

[13] 1. Nach § 16 Abs 2 WEG ist der Wohnungseigentümer zu Änderungen (einschließlich Widmungsänderungen) an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten berechtigt. Die Änderungen bedürfen der Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer, sofern die Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer möglich ist. Unter den folgenden Voraussetzungen darf diese Zustimmung nicht verweigert und kann eine nicht erteilte Zustimmung gerichtlich ersetzt werden: Die Änderung darf nach § 16 Abs 2 Z 1 WEG weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben. Werden für die Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen, muss diese gemäß § 16 Abs 2 Z 2 WEG überdies entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen.

[14] 2. Die Behauptungs‑ und Beweislast für das Vorliegen der zusätzlichen Voraussetzungen der Verkehrsüblichkeit oder des wichtigen Interesses iSd § 16 Abs 2 Z 2 WEG trägt der änderungswillige Wohnungseigentümer (5 Ob 26/20i).

[15] Der Antragsteller behauptete hier (nur) die Verkehrsüblichkeit der Maßnahme. Die Verkehrsüblichkeit sei unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des betreffenden Hauses und seines Umfelds zu ermitteln. Die Wohnungen direkt unter und direkt über seinem Objekt wiesen einen Balkon auf; auf der gegenüberliegenden Gebäudefront der Nachbarliegenschaft befinde sich ebenfalls ein Balkon. Auch im Umfeld des Hauses befänden sich Balkone. Im „Westteil“ des Innenhofs sei daher die Errichtung eines Balkons zwischen den zwei vorhandenen Balkonen als „üblich“ für das betreffende Haus (und das direkte Umfeld) anzusehen.

[16] 3. Zur Verkehrsüblichkeit iSd § 16 Abs 2 Z 2 WEG liegt umfangreiche Judikatur des Obersten Gerichtshofs vor.

[17] Was verkehrsüblich ist, bestimmt sich zunächst nach der allgemeinen Lebenserfahrung und im Weiteren danach, ob die konkrete Änderung unter Berücksichtigung der bestimmten Beschaffenheit des betreffenden Hauses und seines Umfelds als üblich anzusehen ist. Bei Beurteilung der Verkehrsüblichkeit einer Änderung kommt es also nicht auf eine allgemeine, generalisierende Betrachtung einer vom Standort abstrahierten Baupraxis an, sondern darauf, ob die konkret beabsichtigte Änderung in ihrer geplanten Ausgestaltung unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Hauses, des Umfelds, des Ausmaßes des Eingriffs in die Bausubstanz sowie des Ausmaßes der Inanspruchnahme oder Umgestaltung allgemeiner Teile verkehrsüblich ist (5 Ob 100/24b; 5 Ob 211/21x; 5 Ob 44/20m; 5 Ob 169/18s; RS0126244 [T2, T3, T7]).

[18] Die Verkehrsüblichkeit einer Änderung ist demnach vor allem auch nach der Beschaffenheit des betreffenden Hauses und seines konkreten Umfelds zu beurteilen. In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird unter dem dafür maßgeblichen Umfeld in der Regel die „Gegend“ oder die „nächste“ oder „unmittelbare“ Umgebung verstanden (5 Ob 169/18s mwN). Im Einzelfall hat der Fachsenat es daher auch nicht beanstandet, dass die Vorinstanzen bei der Beurteilung der Verkehrsüblichkeit auf die nähere Umgebung im Sinn der „unmittelbaren Nachbarschaft“ abstellten (5 Ob 211/21x). Von einer Verkehrsüblichkeit ist dabei (nur) dann auszugehen, wenn in der so verstandenen Umgebung zumindest bei einem großen Teil der vergleichbaren Objekte vergleichbare Maßnahmen durchgeführt wurden (vgl 5 Ob 44/20m; 5 Ob 240/16d).

[19] 4. Die Frage der Verkehrsüblichkeit ist eine solche des Einzelfalls (RS0119528 [T8]). Maßgeblich sind daher stets die konkreten Umstände, die in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind. Dabei ist den Vorinstanzen ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt. Diesen Ermessensspielraum hat das Rekursgericht hier in korrekturbedürftiger Weise überschritten.

[20] Das Rekursgericht sah die zwei Balkone im betreffenden Haus selbst und einen Balkon in einem weiteren Haus des Gebäudekomplexesals ausreichend an, um die Verkehrsüblichkeit zu bejahen. Selbst bezogen auf die unmittelbare Nachbarschaft des Hauses, also den von insgesamt sechs Wohnhäusern gebildeten Gebäudekomplex, wurden damit aber nicht einmal annähernd bei einem „großen Teil“ der vergleichbaren Objekte vergleichbare Maßnahmen durchgeführt. Vielmehr sind in diesem Wohnblock – wie in der weiteren Umgebung auch – nur vereinzelt (nachträglich errichtete) Balkone vorhanden.

[21] Im Ergebnis hat das Rekursgericht daher bei der Beurteilung der Beschaffenheit des konkreten Umfelds allein auf das betreffende Haus und ein selektiv gewähltes Nachbarhaus abgestellt, weil nur bei dieser Betrachtungsweise überhaupt von einer gewissen Häufigkeit von Balkonen die Rede sein kann. Es greift allerdings zu kurz, die baulichen Gegebenheiten in einem konkreten Haus zum Maßstab der Verkehrsüblichkeit beabsichtigter Veränderungen zu erheben. Das gilt schon allgemein (5 Ob 236/11h [Lage verschiedener Eingangstüren]) und ganz besonders hier, weil das betroffene Haus und das Nachbarhaus in einen Wohnblock eingegliedert sind und mit vier weiteren Häusern einen Innenhof umschließen. Besondere Umstände, die es geboten erscheinen lassen, nur den „Westteil“ des Innenhofs zum Maßstab der Verkehrsüblichkeit zu machen, zeigt weder das Rekursgericht auf, noch machte der Antragsteller solche im Verfahren vor dem Erstgericht geltend.

[22] Die Beurteilung des Rekursgerichts findet auch in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur nachträglichen Errichtung eines Balkons keine Stütze. In mehr oder weniger vergleichbaren Fällen wurde die Verkehrsüblichkeit überwiegend verneint.

[23] Zu 5 Ob 97/12v bejahte der Oberste Gerichtshof zwar die Verkehrsüblichkeit einer nachträglichen Balkonerrichtung, er verwies dabei aber ausdrücklich darauf, dass nach den festgestellten Umständen des Einzelfalls nicht nur die neben der Wohnung der Antragstellerin liegende Wohnung über einen Balkon verfügte (Terrasse), sondern Balkone in der vergleichbaren Größe und Ausrichtung zur Gartenfläche hin in der ländlichen Wohnumgebung des Hauses üblich waren. Zu 5 Ob 212/15k billigte der Oberste Gerichtshof die Beurteilung des Rekursgerichts, dass ein „Balkonturmanbau“ unter den gegebenen Umständen – am Gebäude bestand zwar bereits ein Balkonanbau, von dem allerdings nicht bekannt war, ob der errichtende Wohnungseigentümer dafür die Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer oder die gerichtliche Genehmigung erlangt hatte – nicht als verkehrsüblich anzusehen sei. Zu 5 Ob 240/16d verneinte das Rekursgericht angesichts der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen zu den Gegebenheiten im Haus und der Wohnumgebung die Verkehrsüblichkeit der Errichtung eines Balkons unter anderem auch wegen dessen geplanter Dimension. Diese Beurteilung sah der Fachsenat als vertretbar an. Nach den Feststellungen war zwar im selben Gebäude bereits ein Balkon vorhanden und bei einem der Gebäude in näherer Umgebung kürzlich ein Balkon errichtet worden. Eine Übung des Verkehrs in dem Sinn, dass zumindest bei einem großen Teil der vergleichbaren Objekte in der Umgebung vergleichbare Maßnahmen durchgeführt wurden und/oder diese mit vergleichbaren Balkonen ausgestattet gewesen seien, sei daraus aber nicht abzuleiten. Nach 5 Ob 44/20m begegnet es keinen Bedenken, dass das Rekursgericht ausgehend davon, dass im Hof des „gründerzeitlichen Bebauungsblocks“ zwar Wirtschaftsbalkone an einem Nachbarhaus aus der Errichtungszeit der Gebäude sichtbar sind, ein großer Teil der vergleichbaren Wohnhäuser in der Umgebung aber keine solchen Balkone aufweist, die Verkehrsüblichkeit verneinte.

[24] 5. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung liegt somit schon die vom Antragsteller behauptete nach § 16 Abs 2 Z 2 WEG alternativ erforderliche Voraussetzung der Verkehrsüblichkeit nicht vor. Es muss daher nicht mehr geprüft werden, ob die Errichtung auch an einer Beeinträchtigung wesentlicher Interessen der übrigen Wohnungseigentümer (§ 16 Abs 2 Z 1 WEG) scheitert. Damit erübrigt sich auch die Auseinandersetzung mit der Problematik der Einsichtigkeit des zum Wohnungseigentumsobjekt der Erstantragsgegnerin gehörigen Badezimmers und den an diese materiell‑rechtliche Frage anknüpfendenverfahrensrechtlichen Konsequenzen der von der Revisionsrekurswerberin aufgezeigten Diskrepanz zwischen Begehren, Spruch und Begründung der Entscheidung des Erstgerichts.

[25] 6. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher berechtigt. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind in eine Abweisung des Antrags abzuändern.

[26] Aufgrund der Abänderung der Entscheidung sind auch die Kostenentscheidungen neu zu treffen. Diese Kostenentscheidungen und jene für das Revisionsrekursverfahren beruhen auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG. Es entspricht der Billigkeit, der im Revisionsrekursverfahren obsiegenden Erstantragsgegnerin Kostenersatz für das gesamte Verfahren zuzuerkennen.

[27] Bei der Bestimmung der Höhe des Kostenersatzanspruchs der Erstantragsgegnerin für das erstinstanzliche Verfahren war vom Kostenverzeichnis ihrer Vertreterin in mehrfacher Hinsicht abzuweichen. Eine digitale Grundbuchabfrage ist eine vom Einheitssatz abgedeckte Nebenleistung (Obermaier, Kostenhandbuch4 Rz 3.11 FN 2710). Der Fristerstreckungsantrag vom 17. 11. 2022 ist, weil die Fristerstreckung aus in der Sphäre der Erstantragsgegnerin liegenden Umständen notwendig geworden ist, nicht zu honorieren (vgl 4 Ob 2/23g mwN). Die als nebenprozessuale Kosten geltend gemachten Kosten für eine Visualisierung/Modellierung sind nicht ersatzfähig, weil die damit verrechneten Drittleistungen im Hinblick auf die Entscheidungsrelevanz des Beweisgegenstands nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig zu bewerten sind.

[28] Der Antragsteller hat gegen das erstinstanzliche Kostenverzeichnis der Erstantragsgegnerin noch weitere Einwendungen erhoben; diese sind aber nicht berechtigt. Die Tatsache, dass die Erstantragsgegnerin mit den Eingaben vom 10. 9. 2021, 16. 12. 2011 und 22. 12. 2022 jeweils gesondert Urkunden vorgelegt hat, findet im Verfahrensgeschehen seine Rechtfertigung, sodass ihr dies nicht als Verstoß gegen die Verbindungspflicht iSd § 22 RATG anzulasten ist. Widersprüche gegen das Protokoll bzw Protokollberichtigungsanträge sind, wenn sie sinnstörende Fehler betreffen, nach TP 2 zu entlohnen (9 Ob 35/23x mwN).

[29] Entgegen dem Kostenverzeichnis der Erstantragsgegnerin beträgt der ERV‑Zuschlag für den Revisionsrekurs lediglich 2,60 EUR. Eine Rechtsmittelschrift ist kein verfahrenseinleitender Schriftsatz iSd § 23a erster Satz RATG (RS0126594). Die Pauschalgebühr für das Revisionsrekursverfahren beträgt 261 EUR (§ 53 WEG iVm TP 12 lit c Z 6 GGG und TP 12a lit b GGG).

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