OGH 15Os24/25f

OGH15Os24/25f30.4.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. April 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Sadoghi und Mag. Riffel in Gegenwart des Schriftführers Madari LL.M. (WU), BSc (WU) in der Strafsache gegen * K* und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB iVm § 161 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten K* sowie über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten * C* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. November 2024, GZ 96 Hv 30/24w‑111.3, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0150OS00024.25F.0430.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Wirtschaftsstrafsachen

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen wegen Strafe und wegen der privatrechtlichen Ansprüche werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten * K* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * K* des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB iVm § 161 Abs 1 StGB (A./), des Vergehens der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 StGB iVm § 161 Abs 1 StGB (B./), des Vergehens des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1 StGB (C./) und des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 2 StGB (D./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in W* mit * C* im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) als Geschäftsführer der L* GmbH

A./ das Vermögen der GmbH verringert und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger vereitelt oder geschmälert, wobei sie durch die Tat einen 300.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführten, indem sie zu unternehmensfremden Zwecken

1./ im April und im Mai 2022 vom Geschäftskonto bei der O* AG Überweisungen in Höhe von 398.002,20 Euro an die R* GmbH durchführten;

2./ Barzahlungen in Höhe von insgesamt 153.045,64 Euro an die R* GmbH durchführten;

3./ von Ende 2021 bis April 2022 finanzielle Mittel des Unternehmens durch Barentnahmen und Überweisungen in der Höhe von insgesamt 206.580,20 Euro abführten;

B./ nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einen ihrer Gläubiger begünstigt und dadurch die anderen Gläubiger oder wenigstens einen von ihnen benachteiligt, indem sie für ein im April 2022 geliefertes Leasingfahrzeug am 21. April 2022 39.166,51 Euro an die Leasinggesellschaft zahlten;

C./ von Mai 2021 bis März 2022 als Dienstgeber Beiträge von Dienstnehmern zur Sozialversicherung in der Höhe von 80.746,80 Euro dem berechtigten Versicherungsträger, nämlich der Ö*, vorenthalten;

D./ im März 2022 Verfügungsberechtigte der A* GmbH mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vortäuschung zahlungsfähige und -willige Auftraggeber zu sein, zu Handlungen, nämlich der Erbringung weiterer Dachdecker-, Spengler- und Zimmererarbeiten zu verleiten versucht, welche diese Gesellschaft in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigen sollten.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit b StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

[4] Betreffend die Punkte A./, B./ und D./ des Schuldspruchs behauptet die Mängelrüge (Z 5 erster Fall) Undeutlichkeit der Feststellungen zur inneren Tatseite und nimmt Bezug auf den Einsturz einer Baustelle Ende September 2021, wobei die Versicherung den Schaden nicht abdeckte und die Zahlung von 300.000 Euro verweigerte (US 5 f).

[5] Undeutlich ist ein Urteil, wenn den Feststellungen unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe nicht unzweifelhaft zu entnehmen ist, welche entscheidenden Tatsachen das Gericht als erwiesen angenommen hat und aus welchen Gründen dies geschehen ist (RIS‑Justiz RS0089983 [T3]). Davon ausgehend zeigt der Rechtsmittelwerber mit seiner Argumentation, das Urteil lasse offen, wann konkret ihm klar war, dass die Versicherung die genannte Summe nicht leisten würde, die Erwartung, den Betrag zu erhalten, eliminiere jedenfalls einen Täuschungs‑ und Schädigungsvorsatz, weil er von Liquidität und Zahlungsfähigkeit der GmbH ausgehen konnte, Nichtigkeit nach Z 5 erster Fall nicht auf. Vielmehr übt die Beschwerde unzulässige Beweiswürdigungskritik nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (vgl im Übrigen US 6, wonach der Einsturz und die Verweigerung der Versicherungsleistung keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit hatten, und US 17, wonach dem Angeklagten bewusst war, dass er nicht sicher mit der Versicherungsleistung rechnen durfte).

[6] Dass das angefochtene Urteil betreffend A./ des Schuldspruchs keine Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite enthält, trifft – entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) – nicht zu (vgl US 20). Den diesbezüglich leugnenden Angaben des Nichtigkeitswerbers folgte das Schöffengericht nicht (US 17). Dem von der Nichtigkeitsbeschwerde erhobenen Vorwurf der Unvollständigkeit der Urteilsbegründung (Z 5 zweiter Fall) zuwider, war das Gericht dabei – dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe folgend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) – nicht gehalten, sich mit allen Details der Verantwortung des Angeklagten auseinanderzusetzen (RIS‑Justiz RS0098377 [T25]).

[7] Entgegen dem weiteren Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 erster Fall) betreffend A./3./ des Schuldspruchs sind die Feststellungen zu Barentnahmen und Überweisungen in Höhe von 206.580,20 Euro für unternehmensfremde Zwecke nicht undeutlich wegen der Passagen, die Überweisungen gingen „teils“ an Scheinunternehmen, aber auch an „(vermeintliche)“ Lieferanten (US 7 f).

[8] Der Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zu A./3./ des Schuldspruchs nimmt nicht Maß am angefochtenen Urteil (US 18 f). Dass die Zahlungen, die an Lieferanten geleistet wurden, unternehmensbezogen waren, wird vom Nichtigkeitswerber lediglich behauptet.

[9] Auch zu B./ des Schuldspruchs folgten die Tatrichter der Einlassung des Angeklagten betreffend die subjektive Tatseite nicht (US 17). Entgegen der Mängelrüge (nominell Z 5 vierter Fall, inhaltlich Z 5 zweiter Fall), war dessen Verantwortung, durch die Zahlung an die Bank hätte er eine Reduzierung des Schadens erreichen wollen, nicht gesondert zu erörtern (neuerlich RIS‑Justiz RS0098377 [T25]).

[10] Mit dem Vorbringen zu B./ des Schuldspruchs (Z 5 vierter Fall), das Erstgericht hätte betreffend die Benachteiligung der anderen Gläubiger keine Begründung angeführt, „nur weil ein Insolvenzverfahren eingeleitet wurde“, heiße „das nicht automatisch, dass die Gläubiger nicht ihre gesamte Forderung erhielten“ (vgl jedoch US 24), kritisiert der Nichtigkeitswerber die dem Schöffengericht vorbehaltene Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

[11] Die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit b, inhaltlich Z 9 lit a) behauptet zu B./ des Schuldspruchs, es fehlten Feststellungen zu einer Benachteiligung von Gläubigern. Damit nimmt sie jedoch prozessordnungswidrig (vgl RIS‑Justiz RS0099810) nicht Maß am angefochtenen Urteil (US 5, 11, 24 f).

[12] Die Mängelrüge (Z 5 erster und vierter Fall) zu C./ des Schuldspruchs bringt vor, die Feststellungen zum Vorenthalten der Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung wären „massiv undeutlich“ und es fehle auch „jegliche Begründung“ dazu. Damit orientiert sie sich neuerlich prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (US 11 f, 21; RIS‑Justiz RS0119370).

[13] Angesichts der erstgerichtlichen Konstatierung zu C./ des Schuldspruchs, wonach von der L* GmbH die Löhne ausbezahlt und die Beiträge der Dienstnehmer zur Sozialversicherung einbehalten wurden, wobei auch eine „entsprechende Liquiditätsdeckung“ vorhanden war (US 12), lässt die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit b, inhaltlich Z 9 lit a) offen, welche weiteren Feststellungen für eine Subsumtion unter § 153c Abs 1 StGB erforderlich sein sollten (vgl Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 153c Rz 19).

[14] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Das gilt auch für die vom Angeklagten K* angemeldete Berufung wegen Schuld (ON 112). Die Entscheidung über die übrigen Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[15] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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