OGH 2Ob40/25h

OGH2Ob40/25h29.4.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag  Fitz als weitere Richterin und weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*, vertreten durch Mag. Oliver Simoncic, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei U*, vertreten durch CMS Reich‑Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 90.967 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Jänner 2025, GZ 2 R 165/24k‑17, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0020OB00040.25H.0429.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Eine für den Verfahrensausgang relevante Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[2] 2. Bei der Auslegung einer Willenserklärung nach §§ 914 f ABGB ist zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen, dabei aber nicht stehen zu bleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden, zu erforschen. Letztlich ist die Willenserklärung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht, wobei die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen sind (RS0017915). Der Vertrag ist daher unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs (RS0017817 [T3]; RS0017902) aufgrund der Erklärungen in dem Sinn, den sie nach der Sachlage notwendigerweise für den Partner haben mussten (RS0113932), und damit so auszulegen, wie er bei objektiver Beurteilung der Sachlage für einen redlichen und verständigen Vertragspartner zu verstehen war (RS0113932). Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936).

[3] 3. Die Vertragsauslegung durch das Berufungsgericht, wonach sich die Parteien einvernehmlich auf eine vorzeitige Beendigung des Kreditvertrags geeinigt haben, wobei lediglich die Frage der Verpflichtung der Klägerin zur Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung keiner Einigung zugeführt wurde, sodass ein solcher Anspruch nicht aus einer vertraglichen Regelung anlässlich der Beendigung des Kreditvertrags abgeleitet werden kann, ist im Ergebnis nicht korrekturbedürftig.

[4] 3.1. Die Parteien haben nach den Feststellungen – nach eingehender Korrespondenz zu dem Thema – keine Einigung über die Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung erzielt. Die Klägerin hat daraufhin erklärt, die Vorfälligkeitsentschädigung jedenfalls nur unter Vorbehalt der Rückforderung zu leisten und diese in der Folge bezahlt. Wird eine Nichtschuld unter Vorbehalt bezahlt, so kann das Geleistete zurückgefordert werden (RS0033576). Das Berufungsgericht hat die diesbezügliche Erklärung des Rechtsvertreters der Klägerin ohne Korrekturbedarf als einen solchen Vorbehalt ausgelegt, der auch nicht durch andere – die Frage der Vorfälligkeitsentschädigung gar nicht betreffende – Erklärungen der Klägerin selbst widerrufen worden ist.

[5] 3.2. Die Beklagte hat danach sämtliche für die Vertragsbeendigung notwendigen Schritte gesetzt und der Klägerin die für die Beendigung des Kreditvertrags erforderlichen Urkunden ausgehändigt. Das gesamte Verhalten beider Streitteile lässt sich damit – aus Sicht des jeweils anderen Vertragspartners – aber nur so verstehen, dass die Verpflichtung zur Leistung der Vorfälligkeitsentschädigung von den Vertragsparteien nicht als ein unverzichtbarer Bestandteil der Einigung auf eine vorzeitige Beendigung des Kreditverhältnisses angesehen wurde.

[6] 4. Die Auslegung der Bestimmung der Z 25 in den AGB der Beklagten, wonach bei Beendigung der gesamten Geschäftsverbindung daraus geschuldete Beträge sofort fällig werden, dahin, dass damit die Fälligkeit von bereits geschuldeten Beträgen geregelt und nicht eine bestimmte Leistung – konkret eine Vorfälligkeitsentschädigung – vereinbart wird, ist keine aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts.

[7] 5. Auch die Ansicht des Berufungsgerichts, dass aufgrund der einvernehmlichen Auflösung des Kreditvertrags durch die Streitteile kein Raum für einen Schadenersatzanspruch der Beklagten aus dem damit beendeten Vertrag verbleibt, ist nicht korrekturbedürftig. Im Ablauf dieser einvernehmlichen Auflösung des Vertragsverhältnisses ist auch kein arglistiges Handeln der Klägerin zu erblicken.

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