European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0010OB00056.25D.0425.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Grundbuchsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Beide Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.
Die Antragstellerin ist schuldig, den Antragsgegnern ihre mit 333,01 EUR (darin 55,50 EUR USt) und der Republik Österreich (Bund) deren mit 252,52 EUR bestimmte Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
U*, BSc, ist schuldig, den Antragsgegnern deren mit 333,01 EUR (darin 55,50 EUR USt) und der Republik Österreich (Bund) deren mit 252,52 EUR bestimmte Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Zugunsten eines ursprünglich im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundstücks wurde rechtskräftig (vgl 1 Ob 40/23y) ein Notweg über Grundstücke der Antragsgegner sowie der Republik Österreich eingeräumt und eine Entschädigung der Eigentümer der belasteten Grundstücke festgesetzt.
[2] In der Folge bewilligte das Erstgericht aufgrund dieser Entscheidung die grundbücherliche Einverleibung der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens sowie von Pfandrechten zugunsten der Entschädigungsforderungen der Antragsgegner und der Republik Österreich auf den davon betroffenen Grundstücken.
[3] Nach dieser Entscheidung erwarb U*, BSc, das Eigentum am notleidenden Grundstück.
[4] Das von der Antragstellerin angerufene Rekursgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR nicht übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
[5] Die nach Entscheidung des Erstgerichts erfolgte Übertragung des Eigentums am notleidenden Grundstück sei nicht zu berücksichtigen, weil die Einverleibung des Notwegs vom bücherlichen Rang unabhängig und dessen Einräumung für Rechtsnachfolger der im Beschluss genannten Personen verbindlich sei.
[6] Ein (wiederholter) Antrag der Antragstellerin auf Ablehnung der Erstrichterin sei in erster Instanz zurückgewiesen worden. Dass über den dagegen erhobenen Rekurs (im Ablehnungsverfahren) nicht formell mit Beschluss entschieden worden sei, begründe keine Mangelhaftigkeit der erstinstanzlichen (Sach‑)Entscheidung, weil ständig wiederholte und daher rechtsmissbräuchliche Ablehnungen nicht zum Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung gemacht werden müssten. Vielmehr reiche es aus, das Unterbleiben einer Beschlussfassung über eine solche (rechtsmissbräuchliche) Ablehnung in einem Aktenvermerk festzuhalten. Von dieser Möglichkeit habe der Rekurssenat im Ablehnungsverfahren zulässigerweise Gebrauch gemacht.
[7] Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage eines Eigentümerwechsels während des Rekursverfahrens (im Verfahren über die Verbücherung des Notwegs sowie der Pfandrechte für die Entschädigungsforderungen) keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.
[8] Dagegen erhoben sowohl die Antragstellerin als auch der nunmehrige Eigentümer des notleidenden Grundstücks einen Revisionsrekurs.
[9] Beide Revisionsrekurse sind – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts – mangels Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
[10] Aufgrund ihres inhaltlichen Zusammenhangs werden beide Rechtsmittel gemeinsam behandelt.
1. Zum behaupteten Verfahrensmangel:
[11] 1.1. Nach ständiger Rechtsprechung begründet nur die Teilnahme eines erfolgreich abgelehnten Richters an der Entscheidung deren Mangelhaftigkeit im Sinn des § 58 Abs 4 Z 1 AußStrG (RS0007462 [T2 zum AußStrG]). Solange keine Entscheidung über eine Ablehnung erfolgt ist, liegt dieser Aufhebungsgrund nicht vor (RS0042046 [T1; T4 zum AußStrG]). Nur eine berechtigte Ablehnung könnte also eine davon betroffene Entscheidung nichtig – oder im Außerstreitverfahren aufhebbar – machen (RS0046044). Im vorliegenden Fall legte der Rekurssenat im Verfahren über die Ablehnung der Erstrichterin unter Hinweis auf die zu RS0125478 ergangene Rechtsprechung (vgl auch RS0046015) dar, dass die gänzlich unbegründete (neuerliche) Ablehnung der Erstrichterin durch die Antragstellerin nur zum Zweck der Verfahrensverzögerung und somit rechtsmissbräuchlich erfolgt sei. Die Revisionsrekurswerber, die dieser inhaltlichen Beurteilung nicht entgegentreten, können somit auf keine erfolgreiche Ablehnung der Erstrichterin verweisen. Der (gemäß § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG auch in dritter Instanz wahrnehmbare) Verfahrensmangel des § 58 Abs 4 Z 1 AußStrG liegt daher nicht vor (1 Ob 94/15b).
[12] 1.2. Dies ist auch dem Argument (nur) des nunmehrigen Eigentümers des notleidenden Grundstücks entgegenzuhalten, der davon ausgeht, dass auch der Vorsitzende des Rekurssenats befangen sei, weil die Antragstellerin gegen diesen eine Strafanzeige erstattet habe.
[13] 2. Auch mit ihrer Rechtsrüge zeigen die Revisionsrekurse keine erhebliche Rechtsfrage auf:
[14] 2.1. Gemäß § 18 NWG ist die durch den (im Verfahren über die Einräumung des Notwegs und die Zuerkennung einer Entschädigung ergangenen) Beschluss des Gerichts geschaffene Rechtslage auch für die Rechtsnachfolger der darin genannten Parteien verbindlich. Nach § 19 NWG steht der grundbücherlichen Eintragung eines Notwegs sowie eines Pfandrechts für die vom Gericht bestimmte Entschädigung ein mittlerweile eingetretener Wechsel im Eigentum der betroffenen Liegenschaft nicht entgegen. Dies muss auch für den hier zu beurteilenden Fall gelten, dass ein solcher Wechsel in der Eigentümerstellung nach der erstinstanzlichen Entscheidung über die grundbücherliche Eintragung des Notwegs sowie der Pfandrechte für die Entschädigungsforderungen und vor Entscheidung des Rekursgerichts über ein dagegen erhobenes Rechtsmittel erfolgte.
[15] 2.2. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass die – nach Entscheidung erster Instanz über die Verbücherung des Notwegs und der für die Entschädigungsforderung bestehenden Pfandrechte – erfolgte Übertragung des Eigentums am notleidenden Grundstück unbeachtlich sei und einer meritorischen Entscheidung über den Rekurs nicht entgegenstehe, entspricht dieser klaren Rechtslage (vgl RS0042656).
[16] 2.3. Mit ihrer unsubstanziierten Behauptung, dass „nicht […] davon ausgegangen werden könne, dass sich die Wirkung der Ergebnisse dieses Verfahrens auch auf den Rechtsnachfolger erstrecke“ zeigen die Revisionsrekurswerber schon mangels Auseinandersetzung mit der (gegenteiligen) Gesetzeslage keine erhebliche Rechtsfrage auf. Soweit sie auf dem Standpunkt stehen, dass eine „beschlussmäßige Einbeziehung“ des Rechtsnachfolgers im Eigentum am notleidenden Grundstück in das Verfahren „unabdingbar“ sei, ist ihnen entgegenzuhalten, dass dessen nunmehriger Eigentümer dem Verfahren ohnehin als materielle Partei im Sinn des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG beigezogen wurde (vgl 1 Ob 90/24b).
[17] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 25 Abs 1 NWG (vgl 7 Ob 319/99h). Da der Republik Österreich (Bund) als Eigentümerin ihres durch den Notweg belasteten Grundstücks in dritter Instanz jeweils nur die beiden Revisionsrekurswerbern gegenüberstanden, steht ihr für dieBeantwortungen von deren Rechtsmitteln nach § 15 Abs 1 RATG jeweils kein Streitgenossenzuschlag zu.
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