OGH 3Ob33/25m

OGH3Ob33/25m16.4.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Brenn als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und die Hofräte Dr. Stefula und Mag. Schober als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*, vertreten durch Dr. Edwin Gantner, Rechtsanwalt in Schruns, gegen die (viert‑)beklagte Partei H*, vertreten durch Mag. Gerd Jelenik, Rechtsanwalt in Vaduz, Liechtenstein, wegen Vertragsaufhebung und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 8. Jänner 2025, GZ 4 R 161/24v‑145, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0030OB00033.25M.0416.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Mit dem am 16. Dezember 2016 unterfertigten Kaufvertrag erwarb der (Viert‑)Beklagte drei Liegenschaften des Klägers.

[2] Die im Zusammenhang mit diesem Kaufvertrag stehenden, gegen die vier weiteren Beklagten gerichteten Klagebegehren, die sich im Wesentlichen auf die Aufhebung mehrerer Rechtsgeschäfte (in Form von Notariatsakten erteilte Aufträge und Spezialvollmachten) richteten, wurden bereits rechtskräftig abgewiesen (vgl 3 Ob 25/23g).

[3] Im verbliebenen Teil des Verfahrens gegen den (Viert‑)Beklagten begehrte der Kläger, die Einverleibung des Eigentumsrechts des (Viert‑)Beklagten an den Liegenschaften – zufolge Aufhebung des Kaufvertrags vom 16. Dezember 2016 – als unwirksam festzustellen und zu löschen; zudem stelle er ein Feststellungsbegehren im Hinblick auf künftige Schäden.

[4] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

[5] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Rechtliche Beurteilung

[6] In der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.

[7] 1.1 Nach ständiger Rechtsprechung können vom Berufungsgericht verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (RS0042963), es sei denn, das Berufungsgericht hätte infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen (RS0043086 [T8]) oder die Mängelrüge mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen (RS0043086 [T7]).

[8] 1.2 Das Berufungsgericht hat sich mit der vom Kläger erhobenen, die Ermittlung des Verkehrswerts der Liegenschaften betreffenden Mängelrüge befasst und darauf hingewiesen, dass die beantragte Ergänzung des Sachverständigengutachtens nicht erforderlich gewesen sei. Dass im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses eine Umwidmung von Grundstücken bereits als wahrscheinlich voraussehbar gewesen wäre, konnte das Erstgericht nicht feststellen; es gab in dieser Hinsicht weder einen Antrag des Klägers noch raumplanerische Konzepte der Gemeinde. Das Berufungsgericht verwies außerdem auf seine Rechtsausführungen in seinem Aufhebungsbeschluss im ersten Rechtsgang, nach denen eine höhere Bewertung wegen einer voraussehbaren Widmungsänderung voraussetzt, dass die Erwartung dieser Umwidmung bereits preisbestimmend war. Hier sei aber mit der Ausarbeitung eines raumplanerischen Entwicklungskonzepts noch nicht einmal begonnen worden.

[9] 1.3 Soweit der Kläger in seinem Rechtsmittel argumentiert, eine Umwidmung der zwischen den als Betriebsgebiet gewidmeten Verkaufsflächen liegenden Teile der Liegenschaft sei „naheliegend und als wahrscheinlich auch voraussehbar“ gewesen, geht er nicht von den Feststellungen aus; die außerordentliche Revision ist daher insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043312 [T14]). Mit dem bloßen Hinweis darauf, dass die beantragte Ergänzung des Gutachtens „für eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung (…) sowie auch für die richtige rechtliche Beurteilung geradezu unerlässlich“ gewesen sei, zeigt der Kläger keine Mangelhaftigkeit des (Berufungs‑)Verfahrens auf.

[10] 2.1 In seiner Rechtsrüge wendet sich der Kläger gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts zum vereinbarten Verzicht der Vertragsparteien auf die vom Kläger im Verfahren geltend gemachte Vertragsanfechtung wegen laesio enormis.

[11] Abgesehen vom Hinweis darauf, dass dieser vertragliche Verzicht im erstinstanzlichen Verfahren nicht näher thematisiert worden sei, begründete das Berufungsgericht seine bestätigende Entscheidung ausdrücklich damit, dass nach den Feststellungen zum Verkehrswert der Liegenschaften eine Verkürzung über die Hälfte nicht vorliege. Dagegen argumentiert der Kläger neuerlich – wiederum feststellungsfremd – mit den seiner Ansicht nach (wegen der bevorstehenden Umwidmung) höher anzusetzenden Werten der dem (Viert‑)Beklagten verkauften Grundstücke. Damit vermag er aber keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

[12] 2.2 Auf die im Zusammenhang mit der Vertragsanfechtung wegen laesio enormis vom Kläger aufgeworfenen Fragen der vom Berufungsgericht bejahten Unternehmereigenschaft von Landwirten ist nicht einzugehen, weil diese für die Entscheidung über das Klagebegehren nicht relevant sind. Ob der Kläger auf die Anfechtung des Kaufvertrags wegen laesio enormis wirksam vertraglich verzichtet hatte (vgl § 351 UGB), bleibt ohne Bedeutung, wenn auf der Basis der festgestellten Werte der Leistungen eine Verkürzung über die Hälfte nicht vorlag und das Anfechtungsbegehren schon aus diesem Grund scheitern musste.

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