European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0040OB00017.25S.0407.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Bei der Entscheidung über die Obsorge für ein Kind ist dessen Wohl maßgebend und das Kindesinteresse dem Willen der Eltern übergeordnet (vgl RS0048632, RS0130247). Diese Beurteilung kann nur nach den Umständen des Einzelfalls erfolgen und wirft im Allgemeinen keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf (vgl RS0115719, RS0007101).
[2] 2. Die beiden mündigen Minderjährigen, die bei der derzeit alleine obsorgeberechtigten Mutter leben, lehnen jeglichen Kontakt zum Vater strikt ab. Ein von ihm behaupteter telefonischer „Hilferuf“ fand nach den Feststellungen nicht statt. Ob die Mutter die Minderjährigen durch Manipulation vom Vater entfremdete, war ebensowenig feststellbar wie der Grund für die bei beiden diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung (die sie aber nicht daran hindert, ihre Wünsche und Bedürfnisse klar zu artikulieren). Nach den Verfahrensergebnissen wäre das Kindeswohl durch die vom Vater beantragte Übertragung der Obsorge auf ihn, hilfsweise auf den Jugendwohlfahrtsträger, „akut und massiv“ gefährdet, während die Beibehaltung der derzeitigen Situation diesem entspricht.
[3] 3. Der Revisionsrekurs des Vaters ist, soweit er nicht von den Feststellungen und rechtlichen Erwägungen der Vorinstanzen ausgeht, sondern erneut mit einer Kindeswohlgefährdung bei einem Verbleib der Minderjährigen bei der Mutter argumentiert, nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043603, RS0043605). Auch im Außerstreitverfahren ist der Oberste Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz, sodass insbesondere die Bekämpfung der (Negativ-)Feststellungen zu einer Manipulation der Minderjährigen mit Revisionsrekurs nicht möglich ist (vgl RS0108449 [insb T2, T3]). Wenn zu einem bestimmten Thema Tatsachenfeststellungen getroffen wurden, mögen sie auch von den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers abweichen, können zudem keine rechtlichen Feststellungsmängel geltend gemacht werden (vgl RS0053317 [T1]).
[4] Die Ursachen für den Umstand, dass die beantragte Änderung der Obsorge nicht durch das Kindeswohl geboten ist, sondern diesem vielmehr widersprechen würde, sind für die zukunftsorientierte Entscheidung über die Obsorge im Anlassfall zudem nicht von entscheidender Bedeutung. Im – selbst unverschuldeten – Konfliktfall ist dem Kindesrecht gegenüber dem Elternrecht der Vorzug zu geben, zumal eine anständige, von gegenseitiger Achtung und Zuneigung getragene Begegnung mit einem mündigen Minderjährigen gegen dessen Willen nicht erzwungen werden kann (vgl RS0047754 [T1, T12, T16] zum Kontaktrecht; 4 Ob 62/24g zu einer subjektiv verfestigten Ablehnung der vormaligen Pflegefamilie).
[5] Die behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens wurde geprüft und liegt nicht vor (§ 71 Abs 3 Satz 3 AußStrG).
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